Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut
infrage. Ich hab gewusst, dass er das sagt, weil er … der war voll drauf, ja, der hat gar nicht richtig einschätzen können, wer er ist. Ich meine, der zieht sich Gratis-H rein von Leuten, von denen er weiß, dass es Verbrecher sind, wer soll einem sonst den Stoff beschaffen? Dann macht er noch Schulden und spielt wie blöd, als würd er denken, dass er in ’n paar Tagen tot ist, so wie er mit der Kohle um sich wirft. Und dann tut der plötzlich total unbescholten: Ich bin der, der immer nein sagt zu Bauvorhaben, ich bin der, der sich nicht bestechen lässt, ich bin der, dem man vertrauen kann. Ich meine, das ist doch der volle … wie heißt das noch … der volle Selbstbetrug, ja? Ich hab den Typen echt gemocht, ich hab viel Zeit mit ihm verbracht … der hatte echt viel zu sagen, über Befreiungstheologie und Gälisch und Fianna Fáil und so, aber irgendwie war das alles nur Gerede, ja? Seine Frau war so was wie seine Mama, und er war wie ’n total intelligentes Kind, aber eins von denen … weißt du, die sind schon zum Fixen geboren, die verstecken sich sowieso schon vor den Dingen, vor den Leuten, vor der Wahrheit, vor der Welt, vor allem, nur nicht vor ihrem Ego. H ist das Schlimmste, was denen passieren kann, weil es ihnen voll die Decke über den Kopf zieht.
Na egal, wir haben jedenfalls da gewartet. Wir waren die Überzeugungsmannschaft; wenn Peter Dawson es nicht schafft, MacLiam rumzukriegen, sollten wir weitermachen.«
»Was heißt ›wir‹?«
»Ich und Podge.«
»Nur ihr beide?«
Delaney nickte.
»Dann hat Peter Podge angerufen, Podge hat den großen Colm Hyland angerufen, und Colm hat uns zu Peters Yacht draußen in der Bucht gefahren, und wir sind an Bord. Und MacLiam total ahnungslos, weißt du, der hat sich voll gefreut, ’ne Yacht an einem Sommerabend mit seinen ganzen neuen Freunden, die ihn tun lassen, was er will.«
»Und wo war Hyland?«
»Hyland war nicht mit auf dem Boot, aber er ist wohl dageblieben, weil er später noch aufgetaucht ist. Aber ich weiß nicht, wo er war. Jedenfalls schieb ich dann Panik, Mann, weil ich sehe, dass Podge MacLiam für ’nen blöden Spinner hält, also rede ich die ganze Zeit, Councillor hier, Councillor da, Georges Geschäftspläne, der ganze Scheiß, ich plappere wie der letzte Idiot, damit Podge weiß, dass er den Scheißer nicht einfach umlegen kann und damit durchkommt. Wir haben irgend’n Zeug getrunken, so ’n komischen Wein, den Peter auf dem Boot hatte. Und ’ne Zeit lang war alles total okay, Peter lenkt das verdammte Boot, wir machen Tempo, schöner Sommerabend und so. Ich denk mir noch, läuft ja alles super. Gar kein Problem. Dann sehen wir auf einmal das Schwimmbad, weißt schon, dieses alte Freibad zwischen Seafield und Bayview, und da legt MacLiam plötzlich los, dass sie den Bauunternehmern niemals nachgeben werden, dass sie das Freibad für die Öffentlichkeit restaurieren lassen und eines Tages … wir waren alle oben, das war, als würde er ’ne Rede an die Welt halten, war ’ne gute Rede, das muss man ihm lassen … also eines Tages würden wieder Kinder im Seafield-Bad schwimmen, weil das Meer uns schließlich allen gehört, nicht nur denen, die sich leisten können, dafür zu bezahlen. Und er fand sich richtig toll dabei, hat rumgebrüllt, aber ich hab gesehen, wie’s bei Podge losgeht, du weißt schon, wenn er so mit dem Kopf nickt, mit den Füßen wippt und so komisch guckt, alles Alarmzeichen. Also geh ich MacLiam an, bevor Podge was tun kann, und sag, wie wär’s mit ’nem kleinen Schuss, und er so: Klar, okay. Wir gehen also nach unten, unter Deck oder wie das heißt, nur wir zwei, ich hab den kleinen Gaskocher angeworfen und das Zeug warm gemacht, wir wollten uns beide ’nen Schuss setzen. MacLiam hat dann ’ne blaue Plastiktüte gefunden mit lauter alten Fotos, die hat er sich angeschaut. Keine Ahnung, was das für Fotos waren, aber er hat die ganze Zeit geplappert. Und dann kommt Podge runter, wippt rum, schnippt mit den Fingern und so, voll bis zur Halskrause mit Speed und Koks und was weiß ich noch allem. Haste ja selbst erlebt. Und MacLiam, anstatt dass er Angst hat wie jeder normale Mensch, hält sich dran, Podge hier, Podge da, der ist total aufgedreht, weil er sich gleich ’nen Schuss setzen kann. ›Podge, willst du nicht auch was probieren?‹, ›Podge, kannst du morgen in Leopardstown ein paar Scheine für mich setzen?‹, Podge, Podge, Podge, er überschlägt sich fast vor Freundlichkeit, und
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