Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut
Glaub ich zumindest. Gesehen hab ich’s nicht.«
»Und ihr seid zum Fährhaus gefahren?«
»Ja, da war dann George mit ein paar von den Jungs und war echt fuchsteufelswild. Er hat Podge auf die Seite genommen, aber er hat ihn nicht angebrüllt. Man hat keinen Ton gehört, nur die Hand gesehen, den Finger vor Podges Gesicht, weißt du?«
»Kümmert es Podge, was George sagt?«
»Was glaubst du denn? Ich meine, er hätt dich an dem Abend im Schuppen auch kaltmachen können. Und dass er jetzt seinen eigenen Heroindeal im ganzen Südosten machen will … das macht bestimmt Eindruck bei Georges neuen Geschäftsfreunden.«
»Also, was hat Podge vor?«
»Er macht einfach, was er will. Schert sich um nichts. Der will kein Geschäftsmann sein, nur Verbrecher. Das macht ihm Spaß, damit hat sich’s. Und natürlich macht es ihm auch Spaß, anderen Wichsern wehzutun, weil er so krass drauf ist.«
Ich zündete uns noch zwei Zigaretten an. Der Rauch zog nach draußen in den Nebel und in die erste Morgendämmerung. Silbrige Fetzen kräuselten sich um die Blätter der Rosskastanien, die schwer vor Feuchtigkeit waren.
»Gut, George hat Podge also eine Standpauke gehalten. Und dann?«
»George hat den Jungs gesagt, sie sollen Peter Dawson in einen von den weißen Immunicate-Wagen schaffen, damit er ihn zu seinen Eltern bringen kann.«
»Warum zu seinen Eltern? Warum nicht zu ihm nach Hause?«
»Keine Ahnung.«
»Und das war’s dann?«
»Nein, dann ist Hyland reingekommen. Er hatte Peters Yacht zum Fährhaus gefahren. Und MacLiam war weg. Dann hat er mit George geredet, hat gesagt, er sorgt dafür, dass alles sauber gemacht wird, und das war’s.«
»Fällt dir sonst noch was ein, Dessie?«
Dessie zog den Rauch in die Lungen, als könnte das sein Verlangen stillen.
»Die blaue Plastiktüte mit den Fotos, die ich unter Deck gesehen hab, die hatte Hyland jetzt dabei und hat sie George Halligan gegeben. George ist mit Peter Dawson verschwunden. Das war alles. Dann haben Hyland und ich den Rest der Nacht Peters Boot geschrubbt, mit Putzmittel und Bleiche und so. Richtig toller Abschluss für ’nen tollen Tag.«
»Also hat Podge MacLiam ermordet.«
»Zumindest hat er ihn sterben lassen.«
»Er wusste, dass es eine doppelte Dosis Heroin ist, er hat dich weggeschickt und dafür gesorgt, dass MacLiam sich alles spritzt. Das ist Vorsatz. Und du sagst, du hast ihm an den Augen angesehen, dass er es tun wird.«
»Warum hab ich ihn dann nicht aufgehalten?«
»Wie hättest du das machen sollen, ohne selbst dabei draufzugehen? Wenn du aussagst, kriegt Podge lebenslänglich.«
»Hast du nicht gesagt, deine Bullen-Kumpels nehmen ihn heute Nacht hoch? Ich sag jetzt nicht, dass ich’s tue oder nicht. Aber ich sag kein Wort, solange der noch draußen ist.«
Erst jetzt fiel mir auf, dass ich nichts mehr von Dave Donnelly gehört hatte. Ich zog mein Handy aus der Tasche. Ich hatte es in Charnwood auf stumm gestellt und vier Anrufe verpasst, alle von Dave. Sie hatten Podge mit zwanzig Kilo Heroin im Wert von 2,2 Millionen Euro aufgegriffen.
Ich sagte Dessie Delaney, was passiert war. Außerdem sagte ich ihm, falls er der Polizei in Seafield nicht genau dasselbe erzählte wie mir gerade, würde ich Podge wissen lassen, dass er ihn verraten hatte. Dass Podge im Knast saß, hieß noch lange nicht, dass er keinen kleinen Mord anordnen konnte. Andererseits konnte man, wenn Dessie sich der Polizei anvertraute, für den entscheidenden Zeugen in einem wichtigen Mordprozess sicher über Zeugenschutz reden. Für ihn und seine Familie.
Delaney war nervös, verängstigt und durcheinander, aber das war nicht mein Problem. Ich wollte ihm helfen. Seine Kinder taten mir so Leid, dass es mich fast rührselig stimmte. Aber mehr konnte ich nicht tun. Er hatte sich selbst in die Scheiße geritten, und es gab nur eine Möglichkeit, wieder rauszukommen. Ich konnte nicht sagen, ob er eine Haftstrafe bekommen würde. Verdient hatte er sie, wenn schon nicht für MacLiams Tod, dann doch, weil er Podge geholfen hatte, sich eine Menge Heroin zuzulegen, das, wäre es unter die Leute gekommen, sehr viel mehr Todesfälle verursacht und sehr viel mehr Kindern die Eltern genommen hätte. Vielleicht würde er es aber auch schaffen, da rauszukommen, clean zu werden, den Taxischein zu machen und seine Kinder ordentlich zu erziehen, und eines Tages würden sie alle zusammen Urlaub auf der griechischen Insel von der Postkarte machen, die er in der Brieftasche
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