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Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Declan Hughes
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warum waren sie dann getrennt geblieben?

Sechzehn
    Rory Dagg lebte in der ältesten der drei Wohnsiedlungen, die an den Darm grenzten. Seine Straße war über einen Zeitraum von zwanzig Jahren hinweg entstanden: Frei stehende Villen und Bungalows aus den späten Dreißigern gingen nahtlos in geräumige Reihenhäuser aus den Fünfzigern über. Hoch gewachsene Kastanien und Maulbeerbäume säumten die Straße in regelmäßigen Abständen.
    Dagg bewohnte ein Reihenhaus ungefähr in der Mitte der Straße. Das Dachgeschoss war ausgebaut worden, und über der Garage befand sich ein Anbau. Der schwarze Volvo Kombi verschwand hinter einem gewaltigen silbernen Geländewagen. Im Vorgarten stand eine blasse, zierliche Frau um die vierzig, die sich das strohblonde Haar mit einem Haarband zurückgebunden hatte, und hantierte vorsichtig an ein paar Lavendelbüschen herum. Sie trug einen schwarzen Hosenanzug und Schuhe mit hohen Absätzen und hätte eigentlich an einen Büroschreibtisch oder in eine Geschäftsbesprechung gehört und nicht in einen heißen, hochsommerlichen Garten. Sie lächelte mich an, doch gegen den sorgenvollen Blick in ihren kleinen blauen Augen half auch dieses Lächeln nichts.
    »Gärtner«, seufzte sie, in einem Ton, als würde das Personal sie eines Tages noch ins Grab bringen.
    »Edward Loy«, sagte ich.
    »Rory ist in seinem Büro. Gleich dahinten.«
    Sie hatte eine hohe, nervöse Stimme und die korrekte Aussprache eines Schulmädchens. Sie deutete in Richtung Garage. Hinter einem schwarz gestrichenen Holztor in Feder-und-Nut-Optik führte ein schmaler Weg um das Haus herum. Im Garten lagen Dreiräder, Roller und anderes Spielzeug verstreut, und in der Mitte stand ein Planschbecken in Form eines großen grünen Autos. Eine alte, verrostete rote Schaukel rundete das Arrangement ab.
    Ich klopfte an die hintere Garagentür, und Rory Dagg öffnete. Er schwankte ein wenig, als er die Tür wieder hinter mir schloss. Im vorderen Teil des Zimmers befanden sich Computer, Jahresplaner, Aktenordner und all die anderen Bestandteile eines modernen Büros. Hinter einem mit grünem Filz bespannten Raumteiler begann jedoch eine Reise in die Vergangenheit. In einer Ecke standen zwei abgeschabte braune Ledersessel mit einem niedrigen ovalen Couchtisch dazwischen, es gab altmodische Jalousien, Gelenklampen und einen Deckenventilator aus Holz, außerdem zwei Holzzeichenbretter mit Einsätzen aus olivgrünem Linoleum, ein paar alte Aktenschränke und einen altersschwachen Eichenschreibtisch mit passendem Schreibtischstuhl. Unter dem Fenster befand sich ein Liegesofa, das auf einem zum Regal umfunktionierten Bettkasten stand. Der ganze Raum machte einen wettergegerbten, altersweisen Eindruck und schien den Geist der Vergangenheit zu atmen. Dagg wuselte herum, räumte Unterlagen und Akten zusammen und rückte Möbel zurecht. Dann rieb er sich die Hände und atmete hörbar aus, als wären wir gerade von einem langen Spaziergang an einem kalten Wintertag zurückgekommen.
    »Wollen Sie was trinken? Ich genehmige mir ein Bier, aber es gibt auch Whisky, Gin oder Wodka. Alle wichtigen Alkoholika sind vorhanden.«
    »Nein danke.«
    Nichts wäre mir lieber gewesen als ein ordentlicher Whisky, aber ich hatte das Gefühl, dass zumindest einer von uns nüchtern bleiben sollte. Dagg grinste mich ein paar Sekunden fassungslos an, als hätte ich ihn mit der Ablehnung eines Drinks vor ein echtes moralisches Problem gestellt. Dann zuckte er die Achseln, ging zu einem kleinen Kühlschrank neben der Tür und nahm sich eine Flasche Warsteiner. Während er nach dem Flaschenöffner suchte, der sich offenbar in Luft aufgelöst hatte, betrachtete ich die Wände des Büros, an denen gerahmte, handgezeichnete Baupläne hingen. Alle waren in gestochen scharfer Handschrift mit »R. Dagg« signiert.
    »Die sind wirklich gut«, sagte ich. »Sind sie von Ihnen?«
    »Von meinem Vater.«
    »Sagten Sie nicht, er war Vorarbeiter?«
    »War er auch. Aber jeder darf nach Höherem streben. Mein Vater hatte Träume, Mr. Loy, er hat davon geträumt, im Leben voranzukommen. Er wusste, dass er es selbst nicht schaffen würde. Aber es gab ja mich, die Verkörperung all seiner Träume.«
    Dagg hatte den Flaschenöffner gefunden und entfernte den Verschluss von der Bierflasche. Schaum lief ihm über die Hand und die hellbraune Hose. Er setzte die Flasche an den Mund und wischte sich die Hand an seinem grünen Karohemd ab. Das Bier rann ihm über Wangen und Kinn.
    Ich

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