Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut
weniger zu feiern gab. Auch hier im Schatten war es nicht kühler, sondern durch den kurzen Regen eigentlich nur noch schwüler geworden. Dave wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
»Und mit der Selbstmordtheorie sind die Dawsons zufrieden. Kannst du dir das vorstellen? Denen ist es lieber zu glauben, ihr Sohn hat Selbstmord begangen, als dass ihn jemand umgebracht hat. Und wir machen da ganz brav mit.«
»Hat Casey irgendwas mit Dawson zu tun?«
»Über den goldenen Zirkel, meinst du? Keine Ahnung. Aber John Dawson hat im Lauf der Jahre eine Menge Freunde gewonnen … nicht nur solche wie Jack Parland, denen man irgendwann auf die Schliche gekommen ist, sondern noch sehr viele andere, denen das nicht passiert ist. Diese Wichser helfen sich gern gegenseitig, ohne fragen zu müssen, wenn du verstehst, was ich meine. In den unteren Etagen geht das mit einem Bündel Scheine. Aber bei den großen Tieren ist das viel subtiler. Man muss als aufrichtig und verlässlich bekannt sein. Die brauchen sich nicht mal abzusprechen, das geht alles von alleine: Eine Hand wäscht die andere, das richtige Wort an der richtigen Stelle, schwups!, schon ist irgendwo der Posten des stellvertretenden Polizeipräsidenten frei.«
»Du könntest die Presse informieren.«
»Hältst du mich für einen Volltrottel, Ed? Casey ist in vieler Hinsicht das Letzte, zum Beispiel, was Ermittlungsarbeit und Personalführung betrifft. Aber eine gute Presse ist seine Spezialität, und er hält sich so viele Journalisten warm, dass er sofort raushätte, wo die undichte Stelle ist. So schnell kann ich gar nicht schauen, wie ich dann wieder den Verkehr regele und Hundemarken ausstelle.«
Ich wedelte mit der Zigarette vor meinem Gesicht herum, um die Mücken zu verscheuchen. Der Schweiß verklebte mir die Haare, lief mir am Hals herunter und brannte in den Schnittwunden, die Dessie Delaney mir verpasst hatte.
»Sagt dir ein Typ namens Colm Hyland was, Dave? Er arbeitet als Bootsmann im Royal Seafield Club. Ich glaube, er ist das Verbindungsglied. Wahrscheinlich hat er den Halligans geholfen, die Leiche auf das Boot zu schaffen.«
Ich erzählte Dave, dass ich Hyland mit George Halligan im Hennessy’s gesehen hatte, und berichtete von seinem Treffen mit Blaukappe beim alten Fährhaus.
»Für wen waren die Lebensmittel?«
»Wahrscheinlich für den Immunicate-Typen, der auf das Haus aufpasst. Die eigentliche Frage ist: Warum passt er überhaupt auf? Wurde Peter Dawson dort umgebracht? Es ist nicht weit von dort bis zu seinem Liegeplatz. Und dann ist da noch etwas. Ich habe einen Wagen von Immunicate auf das Grundstück von John und Barbara Dawson fahren sehen.«
Ich berichtete von meinem Ausflug zu Lindas Haus und gab Dave den Seesack mit Peters Festplatte.
»Was hast du mit Lindas Wagen angestellt?«, fragte Dave, und einen Moment lang dachte ich, er würde mich wegen Autodiebstahl einkassieren.
»Steht am Meer, vor dem Pinienwald, wo ich auch den Volvo geparkt habe. Kannst du Peter Dawsons Festplatte für mich untersuchen lassen, Dave?«
»Einer von den IT-Jungs kann sie für mich checken. Ich habe ihm eine Anzeige wegen Geschwindigkeitsüberschreitung vom Hals geschafft, er schuldet mir noch was. Suchst du etwas Bestimmtes?«
»Ein Dokument mit dem Titel ›ZaK‹ – ich vermute, das steht für ›Zur allgemeinen Kenntnisnahme‹. Der Inhalt wurde nach Peters Tod gelöscht, und wer immer das getan hat, hat das Dokument nicht in den Papierkorb verschoben. Ich bin kein Computerfreak, aber vielleicht kann man den Inhalt wiederherstellen. Das könnte uns weiterbringen.«
»Ich setze Shane heute Abend drauf an. Morgen müsste ich die Bank- und Telefonverbindungen haben. Ich hätte sie auch schon heute kriegen können, aber es waren zu viele Lauscher unterwegs, Spitzel von Casey. Hast du etwas über MacLiam rausgekriegt?«
»Der hing tief bei den Halligans drin: Wettgeschäfte und Drogen. Das Heroin stammt aber nicht direkt von Podge. Was ist bei der Autopsie herausgekommen?«
»Todesursache war ziemlich sicher die Überdosis.«
»Und den Schuss hat er sich wohl auf der Hafenmauer gesetzt, sodass er gleich ins Wasser gefallen ist? Ausgesprochen praktisch. Was ist mit dem Geld?«
»Unmarkierte Scheine. Keine Zeugen, keine Anzeichen für einen Kampf … wie auch, nach fünf Tagen im Wasser? Kann Monate dauern, bis der toxikologische Bericht da ist. Und dann wird’s laufen wie immer: Der Fall geht ans Untersuchungsgericht,
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