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Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Declan Hughes
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und Piniennadeln war. Ein paar Meter vor uns sah ich die dunklen Wipfel eines Pinienwalds, noch weiter unten flatterten graublaue Bänder in der Ferne. Jetzt wusste ich, wo ich war, wo wir gewesen waren: Das war Castlehill, der Pinienwald führte hinunter zur Küste von Bayview, und das Haus, auf dessen Grundstück man mich gefangen gehalten hatte, gehörte John Dawson.
    Wir schlugen uns etwa fünfzig Meter weit durch den Pinienwald, kletterten einen steilen, von Ginster und anderem Gestrüpp überwucherten Hang hinauf und schlitterten die letzten paar Meter bis zu einem Pfad hinunter. Ein weiterer, mit Ginster und Farn bewachsener Hang führte auf die Straße, ein dritter zur Bahnlinie, dahinter ging es steil bergab bis zum Wasser. Es war dunkel geworden, der Mond hing über dem glitzernden, schiefergrauen Meer. Linda drehte sich um und sah mich zum ersten Mal seit unserer Flucht direkt an.
    »O Ed«, sagte sie. »Du bist gekommen, um mich zu holen.«
    Sie zog mich an sich und drückte ihr Gesicht an meines. Ich spürte ihre Tränen am Hals. Als sie wieder aufsah, war ihr Gesicht rot verschmiert. Ich wollte das Blut abwischen, aber sie schüttelte nur den Kopf und küsste mich. Ihre Zunge schlängelte sich in meinen Mund, liebkoste die kaputten Zähne und das zerschundene Zahnfleisch. Es tat weh, aber das war es wert. Dann schaute sie wieder zu mir auf und lächelte. Ihre Lippen waren vom Blut dunkelrot wie die Rosen auf ihrem Kleid.
    »Wo sollen wir hin?«, fragte sie.
    »Keine Ahnung. Ich weiß ja nicht mal genau, was überhaupt passiert ist.«
    Wir hörten ein Geräusch von oben, das Knacken eines Ginsterzweigs, ein Rascheln im Farn. Eine Ratte oder ein Hase vielleicht – vielleicht auch nicht. Aufregung und Angst flackerten in Lindas Blick.
    »Wir müssen weiter, Ed. Wo können wir hin?«
    »Wir sind ziemlich nah an deinem Haus.«
    »Spinnst du?«
    »Nein. Los, komm«, sagte ich.
    Wir liefen etwa einen halben Kilometer den Klippenpfad entlang, bis er weiter landeinwärts führte und wir unterhalb des Felsstücks waren. Linda stellte sich mir in den Weg.
    »Und was sollen wir jetzt tun? Mit bloßen Händen den Felsen raufklettern?«
    »Geht alles«, sagte ich.
    »Glaubst du nicht, dass sie mein Haus unter Beobachtung halten?«, fragte Linda.
    »Wir wollen ja auch gar nicht zu deinem Haus. Komm mit.«
    Ich lief den Trampelpfad entlang, der zur Straße führte, und hoffte inständig, dass Lindas roter Audi noch da sein würde. Er war noch da. Ich wollte ihr erklären, wie er dorthin gekommen war, aber sie ließ mich nicht zu Wort kommen.
    »Hast du den Schlüssel?«, fragte sie.
    Ich tastete meine Taschen ab: Handy, Schlüssel, Brieftasche, Kleingeld, alles noch da, selbst die zwanzigtausend in dem braunen Umschlag. Vielleicht raubte Podge seine Opfer erst aus, nachdem er sie umgebracht hatte.
    Ich gab Linda den Autoschlüssel. Sie schloss die Tür auf, dann drehte sie sich zu mir um und brach in Tränen aus.
    »Schon gut«, sagte ich. »Alles ist gut.«
    »Nein, Ed, nichts ist gut«, schluchzte Linda. »Und es wird auch nie wieder gut sein.«
    Sie schaute zum Felsen hinauf.
    »Wir müssen hier weg. Wahrscheinlich suchen sie uns schon.«
    »Was hat Podge Halligan bei John Dawson zu suchen, Linda?«
    »Erzähle ich dir alles unterwegs. Kannst du fahren? Ich bin noch ganz benebelt von dem Scheiß, den sie mir gegeben haben«, sagte sie. »Außerdem habe ich die ganze Zeit gesoffen. Siehst du genug?«
    »Ein Auge reicht«, sagte ich. »Aber ich muss nach Hause, mich auf Vordermann bringen.«
    »Das geht nicht. Dein Haus beobachten sie bestimmt auch.«
    »Aber woanders kann ich nicht hin. Schau mich nur mal an.«
    »Ich bringe dich schon wieder in Ordnung. Los, komm.«
    Wir stiegen in den Wagen, und ich fuhr nach Bayview und parkte hinter den Bäumen am Ende des öffentlichen Sportplatzes.
    Linda hatte diverse Kosmetikmäppchen im Auto liegen. Aus einem holte sie ein paar Wattepads, zog eine halb volle Flasche Stoli Limon aus dem Handschuhfach und säuberte meine Wunden. Der Wodka brannte wie Feuer, fühlte sich aber gut an: als würde mir jede Spur der Halligans vom Gesicht gewaschen. Linda kicherte jedes Mal, wenn ich zusammenzuckte.
    »Alles bestens«, sagte sie. »Das Auge wird schon wieder, und ich glaube nicht, dass die Wunde hier genäht werden muss, die geht von allein wieder zu. Mir scheint, du brauchst keinen Arzt. Höchstens einen Zahnarzt.«
    Sie gab mir die Wodkaflasche, ich spülte mir den Mund damit aus

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