Edelherb: Roman (German Edition)
Liebe trifft es nicht. Auch bei mir nicht. Manchmal hasse ich den Kakao.« Er sah mich an. »Du liebst Balanchine Chocolate nicht, du
bist
Balanchine Chocolate.«
»Ja. Ich glaube, das stimmt.«
»Dann musst du zurückgehen. Aber es nützt nichts, wenn du es überstürzt. Du solltest deine Anwälte ihre Arbeit machen und deine Rückkehr vorbereiten lassen. Bis dahin kannst du mir helfen, an der nächsten Ernte zu arbeiten.«
»Danke, Theo.« Ich fühlte mich besser, nachdem ich das mit jemandem beredet hatte.
»De nada.«
Er stand auf und ging zur Tür. Dann hielt er inne. »Anya, verrat mir bitte noch eins.«
»Was denn?«
»War auch ein Brief von deinem Freund dabei?«
Ich lachte. »
Si,
Theo, und er war unglaublich romantisch.«
»Lies ihn mir vor!«
»Das werde ich bestimmt nicht tun.«
»Wieso nicht? Es würde mir helfen, mich besser auszukennen. Möchtest du nicht, dass ich von einem so erstklassigen Casanova wie deinem Win etwas lerne?«
Ich sah ihn kopfschüttelnd an. Dann ging ich zur Tür, gab Theo einen Kuss auf die Wange und schob ihn nach draußen. »Geh jetzt besser! Schnell, Theo, schnell! Bevor Luz uns erwischt!«
Als ich am Morgen nach draußen ging, wartete Yuji Ono bereits auf mich. »Komm, wir unterhalten uns in meinem Auto«, sagte er.
Der Wagen war schwarz und hatte dicke getönte Fensterscheiben, wahrscheinlich aus schusssicherem Glas. Der Fahrer war derselbe stämmige Kerl, den ich im Frühjahr in New York gesehen hatte, als Nana gestorben war. Yuji bat den Fahrer zu gehen, dann hielt er mir die Tür auf, damit ich zu ihm auf den Rücksitz rutschen konnte.
»Yuji«, begann ich. In der vergangenen Nacht hatte ich nicht schlafen können, weil ich lange überlegt hatte, was ich ihm sagen wollte. Meine Worte klangen einstudiert. »Yuji, zuerst möchte ich mich für deine Freundschaft bedanken. Ich habe nie einen besseren Freund als dich gehabt. Auch meine Familie hatte noch keinen besseren Freund als dich.«
Leicht neigte er den Kopf, sagte jedoch nichts.
»Ich möchte dir sehr dafür danken, dass du mir das Angebot gemacht hast« – es fiel mir schon schwer, das Wort überhaupt auszusprechen – »zu heiraten. Ich weiß, dass du so etwas nicht einfach dahinsagst, und ich fühle mich wahrhaft geehrt. Doch nach gründlicher Überlegung muss ich dir mitteilen, dass ich meine Meinung nicht geändert habe. Ich bin zu jung, um zu heiraten, und selbst wenn ich nicht so jung wäre, würde ich keine Entscheidung von dieser Tragweite treffen wollen, solange ich weit fort von zu Hause bin und keinen Kontakt zu meinen Ratgebern habe.« Ich hatte mich mit Absicht entschlossen, das Wort
Liebe
nicht zu erwähnen.
Yuji musterte mein Gesicht, dann senkte er den Kopf. »Ich respektiere deinen Entschluss.« Er verneigte sich abermals, sogar noch tiefer.
Ich hielt ihm meine Hand hin. »Ich hoffe, wir können trotzdem Freunde bleiben«, sagte ich.
Yuji nickte, ergriff meine Hand jedoch nicht. Damals glaubte ich, er wäre zu stark verletzt. »Ich muss los.«
Er öffnete die Wagentür, und ich stieg aus. Sein Fahrer kam zurück, dann fuhren sie los. Ich sah dem Wagen nach, bis er verschwunden war.
Obwohl es an diesem Tag über zwanzig Grad warm war, wehte ein seltener Wind und schlug mir das Haar ins Gesicht. Da stand ich mit Gänsehaut auf den Armen und einer unangenehmen Kälte im Herzen. Ich ging ins Haus, um Luna zu fragen, ob sie mir einen Pullover leihen könne.
X. Ich ernte, was ich säe
Direkt nach Neujahr machten wir uns wieder an die Arbeit auf der Plantage. Ich stand vor der Morgendämmerung auf, band mir die wachsenden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und nahm meinen Platz neben Theo und den anderen Arbeitern ein. Ich war stärker als bei meiner Ankunft, das Arbeiten fiel mir nun leichter. Ich erwähnte das gegenüber Theo , und er lachte.
»Anya«, sagte er, »wir haben Siesta-Saison.«
»Siesta-Saison?«
»Der Großteil der letzten Ernte ist bereits eingebracht, und die zweite Kakaoernte, die sowieso immer geringer ausfällt, hat noch nicht begonnen. Deshalb arbeiten wir nur ein bisschen. Essen groß zu Mittag. Halten ein Nickerchen. Arbeiten noch ein bisschen.
Siesta-Saison.
«
»So einfach ist das nicht«, entgegnete ich ihm. Um zu beweisen, was ich meinte, zeigte ich ihm meine Hände, die vom Gebrauch meiner neuen Machete voller Blasen waren. Theo hatte sie mir geschärft, wie versprochen.
»Oh, deine armen Hände.« Er nahm eine Hand und drückte sie
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