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Edelherb: Roman (German Edition)

Edelherb: Roman (German Edition)

Titel: Edelherb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
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verwenden.«
    »Anya Balanchine, wir sind immer ehrlich zueinander gewesen. Weißt du denn nicht, dass ich nur noch ein zahnloser Tiger bin?«
    »Momentan schon. Aber selbst ein zahnloser Tiger hat noch Krallen, für mich sind Sie noch nicht k.o.«
    »Sehr lieb von dir«, sagte er. »Bist du nicht sauer auf mich, weil ich dich zurück nach Liberty geschickt habe? Oder hast du das tief in den Kammern deines ach so liebreizenden Herzens vergraben, und eines Nachts werde ich zu Bett gehen und darin einen Pferdekopf vorfinden?«
    »Dafür mag ich Ihre Frau und Ihren Sohn viel zu gerne«, scherzte ich. »Ich habe eine lange Liste von Feinden, Mr. Delacroix. Sie stehen sicherlich auch darauf, doch vor Ihnen kommen noch viele andere.« Ich überlegte. »Sie wissen doch alles. Was können Sie mir über Sophia Bitter sagen?«
    Er runzelte die Stirn. »Seit kurzem die Frau deines Cousins Mickey.« Er schüttelte den Kopf. »Eine Deutsche, nicht?«
    »Halb deutsch, halb mexikanisch.« Ich fragte ihn, ob sie möglicherweise auf seiner Liste von Verdächtigen für die Fretoxin-Kontaminierung gestanden hätte.
    »Nein. Wir gingen davon aus, dass es in der Produktionsphase passierte, dass jemand außerhalb der Vereinigten Staaten verantwortlich war, aber ich konnte nicht die Mittel aufbringen, um außerhalb von New York ermitteln zu lassen, geschweige denn außerhalb des Landes. Und dann kam ja praktischerweise das Geständnis deines Cousins.« Charles Delacroix verdrehte die Augen.
    »Wussten Sie, dass es gelogen war?«
    »Natürlich, Anya. Aber aus einer Vielzahl von Gründen war es mir recht, weil ich damit die Akte über die Vergiftungen schließen konnte. Außerdem lieferte es mir eine hervorragende Ausrede, um Jakov für lange Zeit hinter Schloss und Riegel zu bringen. Schließlich hatte er auf meinen Sohn geschossen, wie du dich bestimmt erinnerst.«
    Allerdings.
    »Ich bin sentimental, was soll ich sagen?« Er schenkte sich einen Drink ein und bot auch mir einen an, doch ich lehnte ab. »Also, Sophia Bitter. Ich nehme an, du glaubst, sie hätte die Schokolade vergiftet. Kommt mir durchaus einleuchtend vor. Sie hat Verbindungen ins Ausland, dazu ihr problemloser Zugang zum Familiengeschäft über ihren damaligen Verlobten.«
    Ich überlegte. »Ich glaube, sie hat auch meinen Bruder getötet und versucht, meine Schwester und mich umzubringen.«
    Charles Delacroix nahm einen langen Schluck, dann goss er sich das nächste Glas ein. Eine Weile betrachtete er mich. »Wenn wir jung sind, glauben wir, alles müsste innerhalb eines Monats erledigt sein. Aber in diesem Fall solltest du langfristig denken. Bevor du irgendwelche Maßnahmen ergreifst, Anya, sei dir erst ganz sicher. Und selbst wenn du dir ganz sicher bist, lass dir Zeit. Denk dran: Du musst nicht das tun, was die anderen von dir erwarten.«
    Aber das war ja das Problem. Sicher zu sein, war unmöglich. »Wie soll ich mir ganz sicher sein? Ich bin umgeben von Lügnern und Verbrechern.«
    »Ah, das ist ein Dilemma. Wenn ich du wäre, würde ich Sophia Bitter persönlich zur Rede stellen. Einfach abwarten, was sie dazu sagt.«
    Das erschien mir ein ganz vernünftiger Ratschlag. »Sie gefallen mir besser, wenn Sie nicht gegen mich intrigieren.«
    In dem Moment öffnete Win die Tür. »Dad.« Er nickte seinem Vater zu. »Annie«, klagte er, »ich habe dich den ganzen Abend kaum gesehen!«
    »Anya«, rief Charles Delacroix, als ich den Raum verließ. »Komm mich mal wieder besuchen!«
    Win griff nach meiner Hand, wir gingen zurück zu den anderen. »Was war
das
denn?«, fragte er.
    Ich küsste ihn, und er schien die Frage zu vergessen. »Ist es nicht schön, dass wir uns küssen können, wann immer wir wollen, vor wem auch immer?«
    »Du bist ein sehr sonderbares Mädchen«, meinte Win.
    Nicht viel später brachen Scarlet, Natty, Daisy Gogol und ich auf. Wir hatten Wins Straße zur Hälfte durchquert und ein Drittel des Weges zur Bushaltestelle zurückgelegt, als eine dunkle Gestalt aus einer Gasse trat.
    »Scarlet! Scarlet!«, rief sie.
    Natty schrie auf, und Daisy Gogol ging in die Knie, eine Kampfhaltung, die wohl etwas mit ihrer Krav-Maga-Ausbildung zu tun hatte. Plötzlich sprang sie hoch und schlang dem Fremden einen Arm um den Hals.
    »Was soll der Scheiß?«, schrie er. Diese Stimme würde ich immer wiedererkennen: Gable Arsley.
    »Ach, Gable, ehrlich! Hau einfach ab«, sagte Scarlet. »Was willst du hier überhaupt?«
    »Der Typ an der Tür wollte mich nicht auf Wins

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