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Edelherb: Roman (German Edition)

Edelherb: Roman (German Edition)

Titel: Edelherb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
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dämliche Party lassen. Als wäre ich so schlimm. Wins Vater hat Sachen gemacht, die tausendmal schlimmer sind als das, was ich getan habe, und der ist da drinnen. Können wir die Vergangenheit nicht ruhen lassen?« Er versuchte sich zu befreien, doch Daisy Gogol war stärker. »Jetzt im Ernst, Anya, sag deinem Monster, es soll mich loslassen.«
    Daisy Gogol sah mich an. Ich schüttelte den Kopf. Es war in Ordnung, Gable Arsley noch ein wenig länger zappeln zu lassen.
    »Das ist unhöflich, Arsley. Nur weil Daisy stärker ist als du, ist sie noch lange kein Monster«, sagte Natty.
    »Halt den Mund, du Anya-Kopie«, gab Arsley zurück. »Jetzt im Ernst, Scarlet, ich muss mit dir reden. Können wir bitte irgendwo hingehen?«
    Daisy Gogol ließ ihn los, da inzwischen auf der Hand lag, dass wir den Jungen kannten.
    Scarlet schüttelte den Kopf. »Wir können in der Schule miteinander reden, Gable.«
    »Bitte! Eine Minute nur! Eine Minute ohne deine verdammte Gefolgschaft! Ich bin echt am Ende! Ich tue noch irgendwas Verrücktes!«
    »Alles, was du mir sagen musst, kannst du auch vor den anderen sagen«, erwiderte Scarlet.
    Gable sah erst mich, dann Natty und Daisy Gogol an. »Na gut. Wenn es so sein soll. Es tut mir leid. Es tut mir so leid. Alles tut mir leid. Du hast keine Vorstellung, wie leid es mir tut. Wenn ich doch nur niemals diese dämlichen Fotos gemacht hätte. Ich würde so gerne die Zeit zurückdrehen und alles anders machen, weil ich so ein Idiot bin.«
    »Das stimmt«, warf ich ein.
    Gable ignorierte mich. »Aber wenn ich vergiftet werden und meinen Fuß verlieren müsste, nur damit ich dich kennenlernen und mich in dich verlieben könnte, dann wäre ich damit einverstanden. Du bist perfekt, Scarlet. Du bist absolut perfekt. Ich bin furchtbar. Ich tue schlimme Dinge. Ich bin bösartig und schlecht.«
    »Stimmt ebenfalls«, bemerkte ich. Doch es beachtete mich niemand.
    »Bitte, Scarlet, du musst mir verzeihen. Du musst mich hereinlassen. Du musst mich helfen lassen, unser Kind großzuziehen. Das musst du tun. Ich sterbe, wenn ich das nicht tun kann.«
    Ich konnte nicht glauben, dass das Gable Arsley war. Er klang wie ein Mädchen. (Und damit will ich keine Mädchen beleidigen – ich halte mich schließlich selbst für eins.) Sehr gerne hätte ich diesem
pas de deux
den Rücken gekehrt, aber ich konnte nicht.
    Gable sank auf ein Knie. Wegen seiner Fußprothese geriet es zu einer ungelenken Geste. Scarlet sog tief die Luft ein. »Steh auf, Gable!«, befahl sie.
    Er überhörte sie, sondern griff in seine Tasche, und ich wusste, was jetzt kommen würde. »Scarlet Barber, willst du mich heiraten?« Der Ring war silbern und sah aus wie ein rundgebogener Draht.
    Ich wollte sagen:
Will sie nicht. Natürlich nicht.
Aber ich schwieg.
    »Beim letzten Mal hast du gesagt, ich könnte es nicht ernst meinen, weil ich keinen Ring dabeihatte. Diesmal bin ich besser vorbereitet«, fuhr Gable fort.
    Scarlet atmete laut aus. »Gable, geh bitte! Das ist weder lustig noch romantisch. Das ist einfach nur« – sie machte eine Pause – »traurig. Ich kann dich nicht mehr lieben.«
    »Aber warum nicht?«, jammerte er.
    »Weil du wirklich furchtbar bist. Ich dachte, du hättest dich geändert, aber ich habe mich geirrt. Menschen wie du ändern sich nicht. Du warst vor der Vergiftung furchtbar und bist es noch immer. Du hast Bilder von meiner besten Freundin verkauft …«
    »Aber das warst doch nicht du!«, beharrte er. »Das war
sie
! Ich würde niemals etwas tun, das dir weh tut.«
    Scarlet schüttelte den Kopf. »Annie ist ich. Verstehst du das nicht? Bitte, Gable, geh einfach. Es ist fast elf Uhr, und ich möchte nach der Sperrstunde nicht mehr draußen unterwegs sein.«
    Er wollte Scarlets Hand nehmen, doch Daisy Gogol schob sich zwischen die beiden. »Sie haben gehört, was die Dame gesagt hat«, sprach sie und knurrte ihn an wie ein Bär.
     
    Im Bus setzten Scarlet und ich uns nebeneinander, Daisy und Natty nahmen eine Bank etwas weiter hinten. Ich dachte, Scarlet würde schlafen, da sie den Kopf gegen die Fensterscheibe lehnte und kein Wort von sich gab. Drei Haltestellen vor meiner Wohnung hörte ich sie plötzlich schniefen.
    »Scarlet, was ist?«
    »Nichts«, sagte sie. »Das sind die Hormone. Beachte mich einfach nicht.« Ich hatte ein Taschentuch dabei, das ich ihr reichte. Einen halben Häuserblock lang schnäuzte sie sich die Nase, hielt inne und fing dann von neuem an. »Ich bin so abartig«, sagte sie. Ich

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