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Eden

Titel: Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Mochinski
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erklärte sie dann. »Sie sind wirklich älter als ich, alt genug vielleicht, um mein älterer Bruder zu sein.«
    »Mit einem Bad-Boy-Aufkleber auf meinem Truck?«
    Sie mussten beide lachen. Julie trank ihr Bier.
    »Möchten Sie auch was?« Sie bot ihm die Dose an.
    »Nein, danke«, wehrte er ab. »Es schmeckt mir nicht.«
    »Wäre schön, wenn ich das auch sagen könnte«, seufzte Julie. »Sie hätten mich auf dem College sehen sollen. Sie hätten gedacht, ich studiere Brauwesen oder so was in der Art.«
    »He, jeder nach seiner Fasson. Wo wir gerade dabei sind, haben Sie noch mehr? Tattoos, meine ich.«
    »Klar, hab ich.«
    »Okay, lassen Sie mal sehen.«
    Julie zog ein Hosenbein ein Stück weit hoch und legte einen kleinen violett-rot-grünen Schmetterling mit halbrunden Bewegungslinien auf ihrem Knöchel frei. Harris schätzte, dass er den Knöchel mit Daumen und Zeigefinger umschließen könnte.
    »Hübsch. Naturfreundin?«
    »Nö, meine Freundinnen und ich sind gemeinsam hin und haben uns alle dasselbe Tattoo auf dem Knöchel machen lassen, als wir sechzehn waren. Wir mussten den Tätowierer anlügen, als er wissen wollte, wie alt wir sind. Aber ich glaube nicht, dass es ihn ernsthaft interessiert hat. Er hat bei keiner von uns nach dem Ausweis gefragt.«
    Harris bewunderte den kleinen Schmetterling.
    »Hier. Halten Sie mal mein Bier.«
    Harris nahm die Dose. Julie drehte sich um und zog das T-Shirt hoch, so dass er ihren Rücken sah: ein farbiges Frauenporträt. Obwohl der Verschluss ihres BHs die Augen verdeckte, erkannte Harris das Motiv.
    »Cosette«, stellte er erfreut fest.
    »Stimmt, woher wissen Sie das?«
    »Victor Hugo kennt doch jeder«, antwortete Harris und dachte im selben Atemzug: Nein, eigentlich nicht.
    » Les Mis ist mein Lieblingsmusical.« Julie zog das Shirt wieder herab und drehte sich um.
    »Ja, unseres auch. Ich meine, von mir und Raquel, meiner Frau.« Er fragte sich, warum er diesen Zusatz für nötig gehalten hatte, das ›meine Frau‹. Und zugleich ärgerte er sich über diesen Gedanken. Und warum hätte ich darauf verzichten sollen?
    Julie stutzte nur einen Sekundenbruchteil.
    »Ich dachte mir schon, dass Sie verheiratet sind. Immerhin tragen Sie einen Ring.«
    Harris hob die Hand und betrachtete seinen Ehering.
    »Ich habe Sie hier im Lager allerdings noch nie mit einer Frau gesehen«, bemerkte sie.
    »Nein, meine Frau … meine Frau war in Manhattan. Ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist. Das heißt, ich denke schon, dass ich es weiß. Ich meine … Was ist mit Ihnen? Hatten Sie jemanden, bevor … Sie wissen, was ich meine.«
    »Ich hatte einen Freund, wenn Sie das meinen. Aber so richtig verstanden haben wir uns nicht.«
    Harris betrachtete sie. Zum ersten Mal schaute er sie sich bewusst an. Sie hatte einen Schönheitsfleck über der Lippe. Es sah aus, als wäre er absichtlich dort platziert worden. Das gefiel ihm.
    »Wahrscheinlich wäre es ohnehin nur noch eine Frage der Zeit gewesen, bis wir uns getrennt hätten. Und dann …« Sie wedelte mit den Händen.
    »Ich erwische mich immer noch dabei, dass ich … es ist einfach … verdammt … verrückt, oder?«
    Julie leerte die Bierdose. »Ja, stimmt.«
    »Das ist so eine Sache, die sich mit Worten einfach nicht ausdrücken lässt.«
    »Genau.«
    »Was mich interessieren würde …«
    »Raus damit.«
    »Warum sind Sie nicht bei der Vorführung?«
    »Den Film kenn ich schon.«
    »Ach, ein Westernfan?«
    »Meine Mom war ganz wild auf Robert Redford. Sie hat immer gesagt, wenn Sie Redford begegnet wäre, bevor mein Dad auftauchte …«
    Harris lachte. »Meine Mom war genauso in Bezug auf den Burschen, der in Rache ist süß Tom Tom spielte.«
    »Den kenne ich nicht«, stellte sie fest.
    »Laurel und Hardy?«
    »Hab ich schon mal gehört. Lassen Sie mich raten, eher Ihre Generation.«
    »Was soll denn das heißen?«
    »Vorhin, als wir uns über Tattoos unterhalten haben, sprachen Sie von Ihrer ›Generation‹, als wären Sie ein alter Mann.«
    »Manchmal fühle ich mich auch so.«
    »Jetzt habe ich mal eine Frage, Harris. Auch wenn es seltsam klingen mag, aber die ganze Zeit, die ich hier bin, haben Sie … wie soll ich es ausdrücken? Sie haben kein Wort mit mir geredet. Wieso nicht?«
    »Hätte ich das tun sollen?«
    »Nein, so meine ich das nicht, ich frage mich nur – hören Sie, Harris, es tut mir leid. Lassen Sie mich etwas anderes fragen.«
    »Bitte.« Er lächelte.
    »Sie und Buddy. Sind Sie beide, Sie wissen schon

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