Eden Inc.
gerade im Dunst verschwand.
»Es gibt keinen anderen Weg.« Er sprach so leise, dass Lash ihn unter dem Dröhnen der Maschinen kaum hörte.
Tara packte plötzlich Lashs Arm. »Was haben Sie eben gesagt? Dass Liza emotional gesehen ein Kind ist?«
»Das ist jedenfalls meine Meinung.« »Tja, Sie sind hier der Psychologe. Angenommen, wir haben es mit einem sturen Kind zu tun, das sich nicht benehmen will.«
»Ja, und?«
»Angenommen, die Androhung einer Strafe bringt einen nicht weiter. Was wäre die wirksamste Methode, zu so einem Kind vorzudringen?«
»Kinderpsychologie fällt nicht in mein Fach.«
Tara wedelte ungeduldig mit der Hand. »Macht nichts, Sie kriegen Ihr Honorar trotzdem.«
Lash dachte nach. »Ich nehme an, ich würde an seine atavistischsten Instinkte appellieren und seine frühesten Erinnerungen aktivieren.«
»Seine frühesten Erinnerungen«, wiederholte Tara.
»Natürlich haben Kinder ein kürzeres Langzeitgedächtnis als Erwachsene. Und erst im Alter von zwei Jahren, wenn sie ein Ich-Gefühl entwickeln, sind sie in der Lage, einen Kontext mit Erinnerungen zu verbinden, die einem helfen könnten .«
Tara unterbrach ihn. »Verstehen Sie? In der Software gibt es eine Parallele. Nur ist es da eine Schwäche.«
Lash schaute sie an. Er merkte, dass Silver das Gleiche tat.
»Legacy Code. Ein Phänomen bei sehr umfangreichen Programmen, von Programmiererteams geschriebene Anwendungen, die über Jahre beibehalten werden. Irgendwann werden die ältesten Routinen von der Zeit überholt. Langsam. Verglichen mit den sie umhüllenden neueren Routinen ist der Ursprungscode ein Dinosaurier. Manchmal ist er in alten Sprachen wie ALGOL oder P-1 geschrieben, die heute niemand mehr verwendet. Manchmal leben die ursprünglichen Programmierer auch nicht mehr, und der Code ist so jämmerlich dokumentiert, dass kein Mensch herauskriegt, wozu er eigentlich gut ist. Aber da es sich um den Programmkern handelt, traut sich natürlich keiner, daran herumzupfuschen.«
»Obwohl er überflüssig ist?«, fragte Lash.
»Lieber ein langsames Programm als ein kaputtes.«
»Auf was wollen Sie hinaus?«, fragte Mauchly.
Tara drehte sich zu Silver um. »Können Sie uns zum Urrechner bringen? Das Ding, auf dem Liza erstmals gelaufen ist?«
»Dort lang.« Silver drehte sich ohne jedes weitere Wort um.
Als sie sich einen Weg durch die immer beißenderen Rauchschwaden bahnten, verlor Lash zunehmend die Orientierung. Die Peripheriegeräte machten hohen Säulen von Superrechnern Platz, dann tauchten Reihen kühlschrankgroßer schwarzer Kästen auf, die voller Lichter und orangefarbener Kunststoffschalter waren. Anschließend kamen sie an klotzige ältere Gerätschaften aus grau gestrichenem Metall. Als sie in die Mitte der Kammer vorstießen und sich von den elektronischen Hilfsgeräten entfernten, wurden die Geräusche etwas leiser und der Rauch ließ nach.
Sie blieben vor einer Art Schlosserwerkbank stehen. Sie war zerkratzt und voller Schrammen, als hätte man sie jahrelang grob behandelt. Auf ihr stand ein langes, schmales, kastenartiges Gehäuse, dessen schwarze Frontverschalung vor einer weißen Steuerkonsole aufragte. Auf der Frontverschalung blinkten ungefähr ein Dutzend träge Lichter. Über der darunter befindlichen Kontrolloberfläche verlief eine Reihe quadratischer, zweieinhalb Zentimeter großer Knöpfe. Sie waren aus transparentem Kunststoff. Winzige Lichter zeigten, ob sie aktiviert waren. Momentan war nur ein Knopf aktiv, doch das gesamte Gerät war so zerkratzt, dass Lash annahm, dass die anderen vielleicht defekt waren. Er sah keinen Bildschirm. Das andere Tischende neigte sich in einem sanften Winkel. Eine elektrische Schreibmaschine war dort fest montiert. Darum herum standen jede Menge ähnlich schäbige Gerätschaften - eine alte Lochkartenmaschine, ein Kartenlesegerät, eine hohe, schrankartige Kiste.
Tara trat vor und schaute sich das Ding an. »Ein IBM-2420- Zentralrechner. Mit einem 271ler Steuersystem.« »Das ist Lizas Herz?«, fragte Lash ungläubig. Der Rechner wirkte unglaublich veraltet.
»Ich weiß, was Sie denken. Sie würden der Kiste nicht zutrauen, dass sie besser rechnet als ein Drittklässler. Aber der Schein trügt. Dieses Ding war die Seele vieler Computerlabors gegen Ende der 1960er Jahre. Und als Dr. Silver anfing, ernsthaft an Liza zu arbeiten, waren diese Geräte gerade alt genug, dass man sie für ein paar Scheine im Sonderangebot kriegte. Außerdem haben Sie nicht die
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