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Eden Inc.

Eden Inc.

Titel: Eden Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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deinen Rat gebrauchen. Es geht um Freunde von einem meiner Patienten, ein Ehepaar. Sie haben kürzlich gemeinsam Selbstmord begangen.«
    »Erfolgreich?«
    »Was die pathologische Seite anbetrifft, gibt’s da ein paar ungewöhnliche Aspekte.«
    »Zum Beispiel?«
    Lash tat so, als zögere er. »Tja, lass es uns doch mal so machen: Wir drehen den Spieß rum. Du spekulierst - natürlich auf der Basis deiner Forschungsergebnisse -, was die Motivationsfaktoren gewesen sein könnten. Nimm doch mal eine psychologische Autopsie an dem Ehepaar vor. Ich fülle dann die Lücken.«
    Ein kurzes Schweigen folgte. »Wie alt waren die beiden?«
    »Anfang dreißig.«
    »Berufliche Vorgeschichte?«
    »Stabil.«
    »Für die Psychiatrie interessante Vorkommnisse? Stimmungsschwankungen?«
    »Keine bekannt.«
    »Veranlagung zum Selbstmord?«
    »Nein.«
    »Frühere Selbstmordversuche?«
    »Keine.«
    »Drogenmissbrauch?«
    »Ihre Blutproben waren in Ordnung.«
    Wieder eine Pause. »Willst du mich verarschen?«
    »Nein. Mach bitte weiter.«
    »Die Beziehung des Ehepaars?«
    »Herzlich und von Liebe geprägt - nicht eine gegenteilige Aussage.«
    »Größere Verluste irgendwelcher Art?«
    »Nein.«
    »Familiengeschichte?«
    »Keine Depressionen, keine Schizophrenie, keine Geisteskrankheiten.«
    »Andere Lebensbelastungen? Signifikante Veränderungen?«
    »Nein.«
    »Irgendwelche Krankheiten?«
    »Beide hatten im letzten Halbjahr die positivsten Untersuchungsergebnisse, die man sich nur vorstellen kann.«
    »Etwas, das ich wissen sollte? Gibt’s überhaupt irgendwas?«
    Lash wartete einen Moment. »Sie haben vor kurzem ein Kind bekommen.«
    »Und?«
    »Es ist normal und völlig gesund.«
    Ein langes Schweigen folgte. Dann hörte Lash Gelächter. »Es ist ein Witz, nicht wahr? Weil es nämlich keinen von dir beschriebenen Doppel selb stmord gibt. Hier geht’s um Captain America und Wonder Woman.«
    »Das ist deine fundierte Meinung?«
    Goodkinds Lachen erstarb langsam. »Ja.«
    »Roger, in Sachen Suizid hast du einen einzigartigen Einblick. Du bist Biochemiker. Du redest nicht nur mit Menschen, die einen Selbstmordversuch hinter sich haben, du studierst auch ihre Motivation auf molekularer Ebene.« Lash rutschte auf seinem Sitz hin und her. »Gibt es irgendeine Gemeinsamkeit, die Menschen für einen Selbstmord geneigt machen könnte - so glücklich sie vielleicht auch wirken mögen?«
    »Meinst du so was wie ein Suizid-Gen? Wenn es doch nur so einfach wäre. Einige Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass manche Gene eventuell - eventuell - depressive Neigungen fördern. So, wie es Gene gibt, die Fresssucht und sexuelle Präferenzen, Augen- oder Haarfarbe bestimmen. Aber ein Gen, das den Selbstmord fördert? Falls du gern wettest, kann ich dir nur raten, nicht darauf zu setzen. Du hast zwei zutiefst depressive Menschen vor dir. Warum begeht der eine Selbstmord, der andere aber nicht? Wenn man’s genau nimmt, kann man diesbezüglich keine Voraussagen treffen. Wieso hat die Polizei in Miami im letzten Monat eine Rekordzahl an Suiziden gemeldet, während in Minneapolis ein historisches Tief herrscht? Warum kam es im Jahr 2000 in Polen zu einer dramatisch hohen Anzahl von Selbstmorden? Tut mir Leid, Kumpel. Bei genauer Betrachtung ist es wie bei einem Würfelspiel.«
    Das musste Lash erst einmal verdauen. »Ein Würfelspiel.«
    »Nimm einen Rat von einem Fachmann an, Chris. Du darfst mich sogar zitieren.«
     

 
7
    Nach der trockenen Höhenluft von Flagstaff kam New York City ihm feucht und elend vor. Als Lash sich zum zweiten Mal in fünf Tagen der Rezeption in der Empfangshalle von Eden näherte, trug er einen schweren Regenmantel.
    »Christopher Lash«, sagte er zu dem hochgewachsenen, dünnen Mann hinter dem Tresen. »Ich möchte zu Edwin Mauchly.«
    Der Mann drückte ein paar Tasten. »Haben Sie einen Termin, Sir?«, fragte er lächelnd.
    »Ich habe ihm eine Nachricht zukommen lassen. Er erwartet mich.«
    »Einen Moment, bitte.«
    Während Lash wartete, schaute er sich um. Heute war in der Empfangshalle etwas anders; was genau, wusste er nicht zu sagen. Dann fiel ihm auf, dass heute Morgen keine Schlangen von interessierten Kunden da waren. Die beiden zur Antragsbearbeitung führenden Rolltreppen waren leer. Stattdessen strebte ein kleiner Fußgängerstrom zum Sicherheitskontrollpunkt. Es waren Paare, viele Hand in Hand. Im Gegensatz zu den ängstlich hoffnungsvollen Mienen, die er bei seinem letzten Besuch gesehen hatte, lächelten und

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