Eden Prophecy
erschüttert, aber auch erleichtert.
»Sie sind kein Leibwächter, oder?«, sagte er.
»Doch, nur nicht Ihrer«, antwortete Hawker und schob sich an ihm vorbei.
Im einundachtzigsten Stockwerk des Hotels ging es weniger chaotisch zu, als Hawker erwartet hätte. Zwanzig bis dreißig Leute waren bei der Schießerei verwundet worden und ein Dutzend getötet, darunter die Terroristen. Aber danach hatte das Publikum zu einer überraschenden Handlungsfähigkeit gefunden.
Wo Hawker mit Panik gerechnet hatte, war nichts davon zu sehen. Sicherheitskräfte waren inzwischen überall im Raum präsent und verbreiteten Ruhe. Und da sich die Veranstaltung um ein medizinisches Thema drehte, waren viele der Teilnehmer prominente Ärzte oder es zumindest einmal gewesen. Einige von ihnen schienen sofort wieder auf alles zurückgreifen zu können, was sie in ihrer Ausbildung gelernt hatten.
Und so wurden in einer improvisierten multikulturellen Anstrengung Jacketts ausgezogen, Ärmel aufgerollt und die Dinge in die Hand genommen. Man versorgte die Verletzten, kümmerte sich um die Menschen unter Schock und betete für jene, für die jede Hilfe zu spät kam.
Sonia hielt sich den verletzten Arm und starrte wie in Trance auf die Szenerie. »Savi«, flüsterte sie.
»Was?«, fragte Hawker.
Sonia blickte auf, plötzlich erneut beunruhigt. »Diese Leute waren wegen mir da«, sagte sie. »Das bedeutet, Savi und Nadia sind in Gefahr.«
»Savi und Nadia?« Die Namen sagten Hawker nichts.
»Wir müssen zu ihnen«, sagte Sonia, und die Farbe kehrte in ihr Gesicht zurück. »Bitte. Wir müssen los.«
Als sie unten in der Lobby ankamen, hatten Spezialeinheiten, Polizei und Feuerwehr das Hotel vollkommen abgeriegelt. Eine Gruppe Sanitäter stürzte an ihnen vorbei zu den Aufzügen.
Der Hoteldirektor sah Sonia und ihr blutbeflecktes Kleid.
»Gottlob, Sie sind am Leben«, sagte er. »Sind Sie schwer verletzt?«
»Nein«, erwiderte sie. »Aber ich brauche einen Wagen.«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Mit einem Auto kommen Sie nicht durch.«
Der Verkehr war vollkommen zum Erliegen gekommen, da der ohnehin schmale Damm zum Festland jetzt noch zu einem großen Teil vom brennenden Wrack des Hubschraubers blockiert wurde.
»Bitte«, flehte Sonia. »Ich muss weg von hier.«
Der Direktor betrachtete sie und Hawker einen Moment.
»Wir haben ein Boot«, sagte er. »Für Touristen.«
»Danke.«
Kurz darauf brachte ein kleines Boot, das das Hotel für Ausflüge entlang der Küste von Dubai benutzte, Sonia und Hawker zum Festland, wo ein Wagen wartete. Eine halbe Stunde später waren sie im Zentrum Dubais, hielten vor einem prächtigen Appartement-Komplex an.
Sonia rannte hinein. Im dritten Stock hämmerte sie an eine Tür.
»Savi«, rief sie. »Savi!«
Die Tür ging auf, und eine weißhaarige Frau von etwa sechzig stand im Eingang. Sie hatte sich ein Tuch um die Schultern gelegt und sah mitgenommen aus. Sie und Sonia umarmten sich.
»Wir haben von dem Angriff gehört«, sagte die Frau. »Wir haben uns solche Sorgen gemacht.«
Die Frau starrte auf das Blut an Sonias Kleid.
»Es ist nicht meins«, sagte Sonia.
Hawker nahm an, es stammte von einem der Männer, die er erschossen hatte.
»Und wer ist das?«, fragte die Frau misstrauisch.
»Ein Freund«, sagte Sonia. »Ich habe ihn seit Jahren nicht gesehen. Sein Name ist Hawker.«
Die Frau trat einen Schritt zurück. Das Misstrauen wich aus ihrer Miene und wurde durch Überraschung und schließlich Wärme ersetzt.
»Sie sind also derjenige«, sagte sie.
Hawker legte die Stirn in Falten. »Derjenige?«
»Der die beiden aus dem Kongo geschafft hat. Ranga sagte, Sie würden uns helfen. Er wusste nur nicht, ob er Sie rechtzeitig finden würde.«
»Er hat mich nicht rechtzeitig gefunden«, sagte Hawker traurig. »Jedenfalls nicht rechtzeitig für ihn.«
Die Frau wandte den Blick ab, aber sie hielt sich tapfer und war weit weniger erschüttert von der Nachricht, als es Sonia gewesen war. Zumindest nach außen hin.
»Das kommt nicht überraschend«, sagte sie.
»Wir müssen reden«, sagte Hawker. »Aber nach dem, was heute Abend passiert ist, bezweifle ich, dass ihr hier sicher seid.«
Er sah sich in der Wohnung um. Sie war so extrem ordentlich, als wäre sie nie bewohnt gewesen. Daran erkannte man Leute, die wussten, sie würden möglicherweise rasch weiterziehen müssen. »Sieht aus, als wärt ihr reisefertig.«
»Wir können in zwei Minuten aus der Tür sein«, sagte Savi und
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