Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk
Abfließen des Blutes zusammen.
Wir wagten kaum zu hoffen, daß Augustus sich erholen würde, da er gar kein Lebenszeichen gab; doch als wir ihn erreicht hatten, sahen wir, daß er nur infolge des Blutverlustes ohnmächtig war, weil das Wasser den Verband von seinem wunden Arm heruntergerissen hatte; die Taue, die ihn hielten, waren nicht eng genug angezogen, um seinen Tod zu verursachen. Wir banden ihn los, räumten die Trümmer des Gangspills fort und brachten ihn an eine trockene Stelle auf der Luvseite, legten den Kopf etwas tiefer als den Körper und rieben ihm emsig die Glieder. Nach einer halben Stunde ungefähr kam er zu sich, obgleich er erst am nächsten Morgen in der Lage war, uns zu erkennen und Sprechversuche zu machen. Als wir alle vier der Bande ledig waren, brach schon tiefe Nacht herein, und Wolken zogen am Himmel auf, so daß wir in tödlichster Angst einem neuen Sturm entgegensahen, vor dem uns keine Macht der Welt hätte retten können, erschöpft, wie wir jetzt waren. Zum Glück blieb das Wetter über Nacht ziemlich gut; die See beruhigte sich immer mehr und mehr, so daß wir aufs neue zu hoffen begannen. Eine sanfte Brise wehte noch aus Nordwest, aber die Luft war nicht zu kalt. Augustus wurde auf der Luvseite behutsam angeschnallt, so daß er nicht beim Schlingern der Brigg über Bord fallen konnte; denn er war noch zu schwach, um sich irgendwie festzuklammern. Für uns bestand keine solche Notwendigkeit. Wir saßen dicht beisammen, unterstützten einander mit Hilfe der zerrissenen Taue am Gangspill und berieten darüber, wie wir aus unserer entsetzlichen Lage entrinnen sollten. Es tat uns wohl, unsere Kleider ausziehen und auswringen zu können. Wir fühlten sie hernach sehr warm und angenehm auf unseren Leibern und fanden uns dadurch nicht wenig gestärkt. Wir entledigten Augustus seiner Sachen, behandelten sie ebenso, und auch er empfand es als eine Wohltat.
Jetzt litten wir hauptsächlich an Hunger und Durst, und unseren Herzen entsank der Mut, wenn wir daran dachten, wie wir diese Bedürfnisse befriedigen sollten; wir bedauerten fast, daß wir den minder schrecklichen Gefahren des Meeres entgangen waren. Wir trachteten jedoch, uns mit der Hoffnung zu trösten, daß irgendein Schiff uns bald auflesen würde, und sprachen uns gegenseitig Mut ein, die künftigen Übel mit männlicher Fassung zu tragen.
Endlich dämmerte der Morgen des vierzehnten Juli, und das Wetter blieb noch immer klar und lieblich, mit einer beständigen, aber sehr leichten Brise aus Nordwest. Die See war jetzt spiegelglatt, und da aus irgendeinem Grunde, der uns verborgen blieb, das Schiff nicht mehr so stark auf der Seite lag, war das Verdeck ziemlich trocken, und wir konnten uns frei darauf bewegen. Wir waren jetzt mehr als drei Tage und drei Nächte ohne Nahrung, ohne einen Trunk, und es wurde höchste Zeit, zu versuchen, ob man etwas von unten heraufschaffen könne. Die Brigg stand voll Wasser; darum schritten wir mutlos und ohne die Erwartung, irgend etwas auftreiben zu können, an unser Werk. Wir machten uns eine Art Schleppnetz, indem wir ein paar Nägel aus der Kajütenluke in zwei Stücke Holz eintrieben. Diese banden wir aneinander, befestigten sie an ein Tauende und schleppten sie hin und her in der schwachen Hoffnung, auf diese Art könne irgendein eßbarer Gegenstand daran hängenbleiben. Wir brachten mit dieser Arbeit den größten Teil des Morgens hin und fischten nur ein paar Bettücher auf, die an den Nägeln haftenblieben. In der Tat, unser Werkzeug war so plump, daß der Mißerfolg vorauszusehen war.
Dann suchten wir das Vorderkastell ab, doch gleichfalls ohne etwas zu finden, und wir waren am Verzweifeln, als Peters vorschlug, daß wir an seinem Leib ein Tau festmachen und ihn in die Kajüte tauchen lassen möchten. Neu erwachende Hoffnung begrüßte diesen Vorschlag mit Entzücken. Sogleich zog er sich bis auf die Beinkleider aus. Ein starkes Seil wurde vorsichtig um die Mitte seines Körpers gelegt und so über seine Schultern gezogen, daß es nicht gleiten konnte. Das Unternehmen war ebenso schwierig wie gefährlich; denn wir konnten kaum erwarten, etwas Rechtes in der Kajüte zu finden, und dann mußte der Taucher, nachdem er ins Wasser herabgelassen war, nach rechts abschwenken und zehn bis zwölf Fuß weit in einem engen Gang bis zur Vorratskammer dringen und ebenso zurückkehren, ohne Atem geschöpft zu haben.
Alles war bereit; Peters stieg in die Kajüte hinab, bis ihm auf der Treppe das
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