Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk
nicht zu reden.
Sein Narr oder berufsmäßiger Spaßmacher war aber nicht nur ein Narr, er war, was ihm in den Augen des Königs einen dreifachen Wert gab, zugleich auch ein Zwerg und ein Krüppel. Zwerge gab es in jenen Zeiten an den Höfen ebenso häufig als Hofnarren, und manchem Monarchen würde es schwer gefallen sein, die Zeit totzuschlagen, die ja an den Höfen langsamer verlief als anderswo, ohne einen Spaßmacher, mit dem er lachen konnte, und einen Zwergen, über den er lachte. Aber, wie schon vorhin gesagt, in neunundneunzig von hundert Fällen sind die Spaßmacher fette, runde und plumpe Gesellen, so daß unser König sich schon etwas darauf einbilden konnte, in Hoppfrosch einen dreifachen Schatz in einer Person zu besitzen.
Der Name Hoppfrosch war dem Zwerge natürlich nicht von seinen Paten bei der Taufe gegeben worden, er hatte ihn nach gemeinsamer Beratung der sieben Minister erhalten, und zwar wegen seiner Unfähigkeit, wie andere Menschen zu gehen. Hoppfrosch konnte sich tatsächlich nur ruckweise vorwärts bewegen. Seine Gangart war ein abwechselndes Springen und Rutschen, das dem König ein unbegrenztes Vergnügen bereitete und ihn vor allem auch tröstete. Denn der König konnte gegen ihn trotz seines vorspringenden Bauchs und seines Wasserkopfes immer noch für eine stattliche Figur gelten.
Aber obgleich sich Hoppfrosch infolge der Mißbildung seiner Beine nur mühsam und schwer auf ebener Erde bewegen konnte, so befähigte ihn eine erstaunliche Muskelkraft seiner Arme, die ihm die Natur als Entgelt für die Minderwertigkeit seiner unteren Glieder gegeben hatte, zu einer wundervollen Fertigkeit im Klettern, sobald er nur einen Strick, einen Baum oder sonst etwas Ersteigbares fand. Bei solchen Kunststücken glich er mehr einem Eichhörnchen oder einem kleinen Affen als einem Frosch.
Es war nicht genau bekannt, aus welchem Lande Hoppfrosch stammte. Es mußte aber sicherlich eine barbarische Gegend sein, von der niemand je etwas gehört hatte, und die weit entfernt vom Hof und seinem König lag. Hoppfrosch und ein junges Mädchen, das fast gerade so zwerghaft klein wie er selber, aber von zartestem Ebenmaß war und wundervoll tanzen konnte, hatte man mit Gewalt aus ihrer Heimat geraubt und verschleppt, und später waren die beiden dem Könige von einem seiner siegreichen Generale als Geschenk zugesandt worden.
Unter solchen Umständen kam es ganz von selbst, daß zwischen den beiden kleinen Gefangenen eine große Vertrautheit entstand, und sie wurden bald geschworene Freunde. Hoppfrosch, der trotz seiner vielen Fähigkeiten nicht sehr beliebt war, konnte Trippetta keine großen Dienste erweisen. Aber sie wurde, trotzdem sie Zwergin war, wegen ihrer Grazie und zarten Schönheit allgemein bewundert und gehätschelt. Dadurch besaß sie einen bedeutenden Einfluß und verfehlte nie, so oft sie es konnte, ihn zugunsten von Hoppfrosch zu verwenden.
Bei irgend einer großen Staatsaktion beschloß nun der König, eine Maskerade abzuhalten, und jedesmal, wenn ein Maskenfest oder etwas ähnliches bei Hofe stattfand, dann spielten natürlich Hoppfroschs und Mariettas Talente die Hauptrolle. Besonders war Hoppfrosch so erfinderisch in neuen Ideen für Prunkaufzüge und in Kostümen für die Maskenbälle, daß nichts ohne seine Mitwirkung geschehen konnte.
Der für das Fest bestimmte Abend war gekommen. Einen prächtigen Saal hatte man unter Trippettas Leitung mit allem Zierrat geschmückt, der auf einem Maskenball Eindruck machen konnte. Der ganze Hof befand sich in fieberhafter Erwartung. Was die Maskenkostüme anging, so war darüber wohl sicher jeder zu einem Entschluß gekommen. Manche wußten schon seit Wochen, welche Rolle sie spielen wollten, und es bestand darüber nirgendwo mehr ein Zweifel – als nur noch bei dem König und bei seinen sieben Ministern. Warum sie sich eigentlich nicht entscheiden konnten, war unklar. Vielleicht waren sie zu scherzhaft gestimmt, oder, was wahrscheinlicher ist, sie fanden es bei ihrer Korpulenz schwierig, überhaupt einen Entschluß zu fassen. Jedenfalls verging darüber die Zeit, und als sie sich nicht mehr zu helfen wußten, ließen sie Trippetta und Hoppfrosch holen.
Die beiden kleinen Freunde gehorchten dem Befehl des Königs und fanden ihn mit den sieben Mitgliedern des Kabinettsrats bei Wein sitzen, aber er schien in sehr schlechter Laune zu sein. Er wußte, daß Hoppfrosch den Wein nicht liebte, denn dieser erregte den armen Krüppel fast bis zum
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