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Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Titel: Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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es. Er wird mir sagen –«
    »Luchresi kann Amontillado nicht von Sherry unterscheiden.«
    »Und doch behaupten einige Narren, Sie ließen sich in Ihrem Urteil von seinem Geschmack bestimmen.«
    »Kommen Sie mit!«
    »Wohin?«
    »In Ihre Keller.«
    »Nein, mein lieber Freund, ich will Ihre Gutmütigkeit nicht ausnützen. Ich sehe, Sie haben eine Verabredung und Luchresi –«
    »Ich habe keine Verabredung. Kommen Sie!«
    »Nein, mein Freund. Wenn Sie auch keine Verabredung haben, Sie sind aber, wie ich bemerke, stark erkältet. Und in meinen Kellern herrscht eine unerträgliche Feuchtigkeit, sie sind ganz mit Salpeter überzogen.«
    »Wir wollen trotzdem gehen, die Erkältung ist nicht der Rede wert. Amontillado! Sie sind damit angeführt worden. Und was Luchresi angeht, der kann Sherry nicht von Amontillado unterscheiden.«
    Mit diesen Worten ergriff Fortunato meinen Arm, und ich ließ mich, nachdem ich eine Maske von schwarzer Seide angetan und einen kurzen Rock übergeworfen hatte, eiligst von ihm nach meinem Palazzo führen.
    Keiner von der Dienerschaft war zu Hause; sie hatten sich alle entfernt, um sich noch einmal einen lustigen Abend zu machen. Meine Mitteilung, daß ich erst gegen Morgen nach Hause kommen werde, und mein Befehl, daß niemand ausgehen dürfte, hatten genügt, um alle bis zum Letzten zu veranlassen, sofort nach meinem Weggehen ebenfalls zu verschwinden.
    Ich nahm zwei Fackeln aus ihren Behältern und gab eine Fortunato. Dann führte ich ihn durch eine Reihe von Gemächern nach dem Gewölbegang, der in die Keller führte. Ich schritt eine lange Wendeltreppe hinab, wobei ich ihn bat, mir vorsichtig zu folgen.
    Endlich kamen wir unten an und standen nun auf dem feuchten Boden der Katakomben der Montresors. Der Gang meines Freundes war schwankend, und die Glöckchen auf seiner Mütze klingelten bei jedem Schritt, den er machte.
    »Das Faß?« fragte er.
    »Es ist weit hinten«, sagte ich. »Aber bemerken Sie den weißen Überzug, der diese Kellerwände bedeckt?«
    Er wandte sich nach mir um und sah mich mit zwei glasigen Augen an, die deutlich seine Betrunkenheit zeigten.
    »Salpeter?« fragte er schließlich.
    »Salpeter«, antwortete ich. »Übrigens, wie lange sind Sie schon so erkältet?«
    Mein armer Freund begann heftig zu husten und konnte eine Weile kein Wort hervorbringen. »Es ist nichts«, meinte er endlich.
    »Kommen Sie«, sagte ich mit fester Stimme. »Wir wollen umkehren, Ihre Gesundheit geht über alles. Sie sind reich, angesehen, bewundert, geliebt, Sie sind glücklich, wie ich es einmal früher war. Ihr Leben ist zu wertvoll, an meinem ist nichts gelegen. Wir wollen zurückgehen, ich möchte nicht die Verantwortung tragen, wenn Sie krank werden. Übrigens wird ja auch Luchresi –«
    »Genug«, unterbrach er mich. »Der Husten hat nichts zu bedeuten, er wird mich nicht umbringen. Ich sterbe doch nicht an einem Husten.«
    »Gewiß nicht«, antwortete ich. »Und ich möchte Sie auch nicht unnötigerweise beunruhigen. Immerhin sollten Sie vorsichtig sein, ein Schluck von diesem Medoc wird uns vor der Feuchtigkeit schützen.«
    Damit nahm ich aus der langen Reihe von Flaschen, die auf dem Boden lagen, eine auf und schlug ihr den Hals ab.
    »Trinken Sie«, sagte ich, indem ich ihm das Glas reichte.
    Er hob es mit einem Blinzeln an die Lippen. Dann hielt er inne und nickte mir vertraulich zu, während die Glöckchen klingelten.
    »Ich trinke«, sagte er, »auf die Toten, die hier rings begraben sind.«
    »Und ich auf Ihr langes Leben.«
    Dann nahm er wieder meinen Arm, und wir gingen weiter.
    »Diese Kellergewölbe«, sagte er, »sind doch riesengroß.«
    »Wir Montrefors«, antwortete ich, »waren auch eine große und zahlreiche Familie.«
    »Wie ist doch Ihr Wappen?«
    »Ein großer goldener Menschenfuß auf einem blauen Felde. Der Fuß zertritt eine sich windende Schlange, deren Fänge sich in den Absatz graben.«
    »Und Ihr Wahlspruch?«
    » Nemo me impune lacessit. «
    »Gut!« sagte er.
    Der Wein funkelte in seinen Augen, und die Glöckchen klingelten. Auch mir stieg der Medoc heiß in den Kopf. Wir kamen an langen Wänden von aufgehäuften Skeletten vorbei, zwischen denen Weinfässer und Tonnen standen, und gerieten in den abgelegensten Teil der Katakomben. Wieder blieb ich stehen, und diesmal wagte ich, Fortunato über dem Ellbogen am Arm zu fassen.
    »Der Salpeter!« sagte ich, »sehen Sie, wie er zunimmt. Er bedeckt die Gewölbe wie Moos. Wir befinden uns jetzt unter dem

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