Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)

Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)

Titel: Edgar und die Schattenkatzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliese Arold
Vom Netzwerk:
lauter winzigen Sechsecken, die eine Fläche bildeten. Neben den Platten gab es auch noch goldgelbe Klötze, die genauso rochen: Bienenwachs.
    Edgar hüpfte vom Tisch. Darunter stapelte sich Holz. An den Wänden hingen Zangen und andere Werkzeuge in verschiedenen Größen.
    Der Kater setzte seinen Erkundungsgang fort. Ein roter Samtvorhang trennte den Raum vom nächsten Gewölbe. Edgar schlüpfte unter dem Vorhang durch – und erstarrte.
    Vor ihm saßen unzählige Katzen. Keine von ihnen rührte sich. Alle waren von gelblicher Farbe und rochen nach Honig.
    Edgar brauchte einige Augenblicke, um zu begreifen, dass es keine echten Katzen waren, obwohl sie so aussahen. Es waren lauter Figuren aus Wachs. Edgar begann zu zählen und gab auf, als er bei der Zahl 111 angelangt war. Es waren mindestens doppelt so viele. Dünne Katzen, dicke Katzen, große und kleine. Manche sahen einander zum Verwechseln ähnlich.
    Edgar lief mit gesträubtem Fell zwischen den Figuren hindurch. Mister Silver sammelte Wachskatzen! Was wollte er mit den vielen Katzen? Wozu dienten sie? Edgar gruselte sich. Die Wachskatzen schienen ihn mit ihren toten Augen zu beobachten, obwohl sich keine von ihnen rührte. Schließlich hielt er es nicht mehr aus. Er hatte das Gefühl, verrückt zu werden, wenn er noch länger in diesem Raum blieb. Er musste den Keller schleunigst verlassen.
    Voller Panik trat er den Rückweg an, lief den Gang zurück, erreichte den Raum mit der zerbrochenen Scheibe und gelangte ins Freie. Endlich!
    Der Schnee fiel in großen weichen Flocken. Edgar lief um das Haus herum, während es weiß vor seinen Augen flimmerte.
    »Sue! Ich bin wieder da. Sue!«
    Sue streckte ihren Kopf unter der Treppe hervor. »Alles in Ordnung mit dir, Edgar?«
    »Es war schrecklich!« Edgar kroch zu ihr und sprudelte heraus: »Da sind lauter Wachsfiguren im Keller – alles Katzen! Keine Ahnung, was das zu bedeuten hat! Mir war so unheimlich zumute, Sue, das kannst du dir gar nicht vorstellen! Ich fühlte mich beobachtet – dabei war gar niemand da …« Die Nerven gingen mit ihm durch, er hätte am liebsten laut gejammert. Seine Glieder schlotterten vor Angst und Aufregung.
    »Schschsch«, machte Sue. »Alles gut. Es ist dir ja nichts passiert. Wir gehen am besten zu den anderen zurück, ja?« Sie schmiegte sich beruhigend an ihn.
    Edgar fühlte sich einen Moment lang getröstet und geborgen – bis ihm klar wurde, dass ihm ausgerechnet eine spindeldürre Katze Behaglichkeit vermittelte – Sue, die nur noch ein Leben hatte und obendrein ein bisschen verrückt war.
    »Ja, lass uns zurückgehen«, sagte er kleinlaut und rückte ein Stück von ihr ab. Er schämte sich wegen seiner Ängstlichkeit.
    Schweigend liefen sie durch den Park. Ihre Pfoten hinterließen Abdrücke im neu gefallenen Schnee, die jedoch von den nachfolgenden Flocken bedeckt wurden. Edgar musste pausenlos an die unzähligen Wachskatzen denken. Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, sah er die Figuren deutlich vor sich. Sie hatten so echt gewirkt!
    »Tut mir leid, dass ich so ein Angsthase bin«, sagte er nach einer Weile zu Sue. »Eigentlich wollte ich mir das ganze Haus ansehen. Aber ich bin nur im Keller gewesen … leider!«
    Sue sah ihn mit eigentümlichem Blick an. »Mach dir nichts daraus. Jeder hätte vor den Wachskatzen Angst gehabt, jeder!«
    »Sie sind eigentlich ganz harmlos«, meinte Edgar. »Sie bestehen ja nur aus Wachs und können einem nichts tun … Trotzdem … Es waren so viele …«
    »Du musst dir keine Sorgen machen«, meinte Sue. »Wir halten dich nicht für einen Feigling. Wir wären genauso ausgerissen, ehrlich.«
    »Na ja …« Edgar war nicht ganz überzeugt. »Algernon hätte sich bestimmt nicht einschüchtern lassen. Und Leyla auch nicht. Vielleicht hätte sie sogar eine Erklärung dafür gehabt, warum Mister Silver Wachskatzen sammelt.«
    Sie waren am Ende des Parks angelangt. Edgar schaute nach links und nach rechts und musste zu seiner Schande gestehen, dass er keine Ahnung hatte, woher sie gekommen waren. Mit dem Schnee sah alles so verändert aus. Er räusperte sich.
    »Du, Sue«, sagte er mit belegter Stimme, »ich fürchte, ich weiß den Weg nicht mehr.«
    »Wir müssen nach links«, erwiderte Sue, ohne zu zögern, und lief voraus.
    »Bist du sicher?«, hakte Edgar nach.
    »Wir sind ganz sicher«, antwortete Sue. »Wir haben ja schon gesagt, dass wir nie etwas vergessen, was wir einmal gesehen haben. Du kannst uns vertrauen.«
    Edgar

Weitere Kostenlose Bücher