Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)
noch, wie mein Herr mit Mister Silver deswegen diskutiert hat. Mein Herr meinte, er könnte wegen des Buchs ins Gefängnis kommen, denn weder der Verkauf noch der Verleih des Zauberbuchs sei gestattet. Und es gäbe nur sehr wenig Exemplare. – Aber Mister Silver hat meinem Herrn sehr viel Geld dafür versprochen, deswegen ist er das Risiko dann auch eingegangen.«
»Meinst du, Mister Silver hat wirklich … Kontakt mit dem Teufel?«, flüsterte Edgar ängstlich.
»Er wäre nicht der Erste«, gab Leyla zurück. »Die Verlockung, mächtiger zu sein als andere Menschen, verleitet manchen dazu, sich mit dem Bösen zu verbünden.«
Edgar spürte einen weiteren Schauder.
Leyla blätterte vorsichtig. Dabei rutschte ein Blatt aus dem Buch. Es war steifer als normales Papier, und das, was darauf stand, war mit der Hand geschrieben.
»Pergament«, sagte Leyla fachkundig.
»Kannst du auch lesen, was draufsteht?«, fragte Edgar.
»Natürlich.«
Leyla begann: »›Hiermit vermache ich, Monty Silver, meine Seele dem Teufel. Im Ausgleich dafür erhalte ich meine Gesundheit zurück und darf noch vierzig Jahre leben.‹«
Edgar fing an zu schlottern. »Er … er hat seine Seele dem Teufel versprochen?«
»Ja, so steht es da«, bestätigte Leyla. »Mit zwei Unterschriften. Eine ist von Mister Silver und die andere … kann ich nicht entziffern.«
»Könnte sie … vom Teufel stammen?«, fragte Edgar zaghaft.
»Ich denke schon.« Leyla schnupperte an dem Pergament. »Es ist Blut! Sie haben mit ihrem Blut unterschrieben!«
Edgar versuchte, sein Zittern zu unterdrücken. »Warum … warum tut Mister Silver so etwas?«
»Wahrscheinlich hatte er eine tödliche Krankheit. Da hat er nach einem Ausweg gesucht …«
»Aber deswegen seine Seele zu verkaufen …«
»Ich bin noch nicht fertig«, verkündete Leyla. »Der Vertrag – oder der Pakt, wie es hier heißt – hat noch einen Zusatz. Offenbar hat Mister Silver nach einigen Jahren seinen Entschluss bereut und möchte seine Seele wiederhaben.«
Edgar lauschte gespannt.
»In diesem Zusatz wird vereinbart, dass Mister Silver seine Seele zurückbekommt, wenn er dem Teufel als Ausgleich 999 andere Menschenseelen verschafft«, sagte Leyla. »Die beiden haben wieder unterschrieben.«
Edgar und Leyla starrten einander an.
»999 Seelen«, wiederholte Edgar. Etwas klickte in seinem Kopf. »Die Schattenkatzen! Deswegen gehen sie auf Seelenjagd!«
»Genau so ist es«, erwiderte Leyla. »Wie furchtbar für die armen Verstorbenen! Da haben sie ein Leben lang anständig gelebt – und im Augenblick des Todes schnappen sich die Schattenkatzen ihre Seelen und überbringen sie dem Teufel!«
»Dann … dann ist der Panther also … der Teufel?«, hakte Edgar nach.
»Ich weiß es nicht. Vielleicht auch nur einer seiner Diener …« Leyla sah erschöpft aus. Die schreckliche Gewissheit, dass Mister Silver mit dem Teufel im Bund stand, machte sie fertig. »Und mein Herr … hat ihm indirekt geholfen, indem er ihm das Buch besorgt hat …« Sie stieß einen Jammerlaut aus.
»Und … und die Wachskatzen? Was bedeuten die?«
»Ich weiß nicht mehr als du, Edgar! Frag doch nicht dauernd! Es ist schon so furchtbar genug …« Voller Zorn fuhr Leyla ihre Krallen aus und kratzte damit über das Pergament, als könnte sie dadurch den Pakt ungültig machen. Löcher bohrten sich in das Dokument. Leyla wurde immer wilder. Sie gab erst Ruhe, als sie den Vertrag in der Mitte auseinandergerissen hatte.
Edgar hatte mit gemischten Gefühlen zugesehen. Warum tat sie das? Jetzt würde Mister Silver bestimmt merken, dass jemand in sein Schlafzimmer eingedrungen war!
Doch da geschah etwas sehr Seltsames. Vor Edgars und Leylas Augen fügte sich das Pergament wieder zusammen. Es war vollständig unbeschädigt – so, als hätte es nie die Bekanntschaft mit Leylas Krallen gemacht.
»Hast du das eben gesehen?«, wisperte Edgar ungläubig.
»Ich bin ja nicht blind«, gab Leyla zurück.
»Was war das? Das kann doch nicht sein!«
»Das war Magie, Edgar!«
Der schwarze Kater spürte einen kalten Hauch im Zimmer. Er blickte sich um, aber er konnte niemanden sehen. Trotzdem hatte er das Gefühl, dass das Böse zum Greifen nah war. Er zitterte.
Leyla starrte ihn an. »Lass uns am besten nach Hause gehen«, murmelte sie.
Edgar war sofort einverstanden. Er hatte absolut genug von all dem Unheimlichen und Unerklärbaren, genug von Verträgen mit dem Teufel und genug von gestohlenen Seelen.
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