Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)
Edgar sehnte sich nach einem warmen Platz, wo er ungestört schlafen und träumen konnte, nach einer leckeren Mahlzeit und nach Emmas streichelnden Händen.
»Du hast recht«, sagte er. »Nichts wie weg!«
Leyla sprang vom Bett und jagte zur Tür hinaus. Edgar folgte ihr. Sie waren gerade an der Treppe, als Algernon ihnen entgegenkam. Er war aufgeregt, und seine grünen Augen flackerten.
»Ihr glaubt nicht, was Sue und ich eben gesehen haben«, japste er. Er bekam kaum Luft, so sehr hatte er sich beeilt. »Der Panther ist zurückgekommen. Er rannte mit großen Sprüngen durch den Park zum Haus – und vor dem Eingang … hat er sich verwandelt …«
»Verwandelt?«, fragte Leyla verblüfft.
»Wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte …« Algernon atmete noch immer heftig. »Der Panther wurde zu einem Menschen … zu Mister Silver. Sue hat es auch beobachtet. Er zog den Schlüssel aus seiner Manteltasche, um die Haustür aufzusperren. Ich bin schnell hintenrum gelaufen, durch die Kellertür in die Villa und dann die Treppe hoch … Wie gut, dass ich euch gleich gefunden habe.«
»Schschsch«, warnte Leyla den Kater. »Sei leise. Wenn Mister Silver zurück ist …«
Doch Algernon redete weiter, wenn auch gedämpfter. »Wie kann das sein, Leyla? Warum kann er sich in einen Panther verwandeln? Wie ist das möglich? Das kann doch kein normaler Mensch …«
»Er hat seine Seele dem Teufel verkauft und beschäftigt sich mit schwarzer Zauberei«, erwiderte Leyla. »Wir sollten schleunigst das Haus verlassen. Aber Vorsicht, Mister Silver darf uns nicht entdecken.«
Die Katzen schlichen die Treppe hinunter und bemühten sich, so unauffällig wie möglich zu sein. Edgar war durch sein schwarzes Fell im Vorteil, er verschmolz mit den Schatten. Leyla war klein und zierlich, sie hielt sich dicht hinter ihm. Algernon mit seinem roten Fell hatte es am schwersten. Er drückte sich dicht am Treppengeländer entlang.
Von unten drangen Geräusche herauf, man hörte das Klirren von Schlüsseln. Edgar reckte den Kopf und sah, wie Mister Silver an der Garderobe seinen Schlüsselbund und seinen Zylinder ablegte und danach den dunklen Mantel auszog. Dann ging er mit großen Schritten in einen der Salons. »Die Luft ist rein«, zischte Edgar.
Die Katzen stürmten los zur Kellertür. Edgar hatte es so eilig, dass er über seine eigenen Pfoten stolperte, das Gleichgewicht verlor und polternd die Stufen hinunterkullerte. Instinktiv rollte er sich zusammen. Es tat weh, aber er hatte sich nicht ernsthaft verletzt. Der Schreck saß ihm jedoch in den Gliedern.
»Mist!«, stieß Leyla aus. »Mister Silver hat das Poltern bestimmt gehört. Versteckt euch! Schnell!«
Sie sauste in einen der Nebenräume und sprang in eine Kartoffelkiste. Edgar folgte ihr. Algernon quetschte sich unter ein Kellerregal.
Keine Sekunde zu früh. Mister Silver kam die Treppe herunter. In der Hand hielt er einen dreiarmigen Kerzenleuchter.
»Hallo?«, rief er. »Ist da jemand?«
Die Katzen verhielten sich ganz ruhig. Edgar hörte seinen eigenen Herzschlag. Durch die Bretter der Kartoffelkiste hindurch sah er, wie Mister Silver den Gang entlangging. Die Kerzen flackerten. Dann kam er in den Raum, hielt den Leuchter höher und blickte sich um.
»Verdammte Ratten!«, knurrte er. »Eines Tages kriege ich euch!«
Damit verließ er das Gewölbe. Die Schritte entfernten sich.
»Er geht in sein Laboratorium«, flüsterte Leyla. »Ich will sehen, was er da macht.« Und bevor Edgar sie daran hindern konnte, sprang sie aus der Kiste.
Edgar kämpfte mit sich. Einerseits hatte er Angst vor Mister Silver, andererseits wollte er Leyla nicht allein lassen. Und schon sprang er hinter ihr her.
Mister Silver stand in seinem Laboratorium, hielt den Kerzenleuchter in die Höhe und leuchtete im Raum umher. Dann stellte er den Leuchter ab, griff in seine Jackentasche und zog eine goldene Taschenuhr hervor. Mit gerunzelter Stirn blickte er aufs Zifferblatt. Er schob einen Hocker herbei und setzte sich.
Edgar und Leyla standen hinter der Tür und beobachteten alles, was Mister Silver tat.
»Worauf wartet er?«, flüsterte Leyla.
»Keine Ahnung«, gab Edgar zurück.
»Vielleicht hofft er, dass eine Ratte auftaucht«, brummte Algernon.
»Unsinn«, zischte Leyla. »Dann hätte er nicht auf die Uhr geschaut. Er wartet auf etwas anderes.«
»Wir sollten abhauen«, erinnerte Algernon sie.
»Ich will erst sehen, was er macht«, beharrte Leyla.
Edgar seufzte
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