Edgar Wallace - Der grüne Bogenschütze
wollte einen Revolver in London kaufen… eine Browningpistole, aber ich erfuhr, daß es scharfe Polizeivorschriften gibt und daß… man einen Waffenschein haben muß… und nun sah ich Sie eben und da fiel es mir ein…«
»Sicher, Miss Howett« erwiderte Spike, als sie eine Pause machte, um Atem zu holen. »Ich habe eine Pistole im Hotel, und ich weiß nicht, warum ich sie in dieses friedliche Dorf mitgenommen habe. Die kann ich Ihnen geben, wenn Sie warten wollen, hole ich sie gleich.«
Er eilte zu dem »Blauen Bären« und war bald wieder zurück.
»Sie ist geladen« sagte er, als er die Waffe aus der Tasche zog. »Es ist leider nur eine kleine Pistole. Aber das müssen Sie mir versprechen, Miss Howett, wenn Sie einen Einbrecher damit niederknallen, dann geben Sie mir das ausschließliche Recht, darüber zu berichten.«
22
B ellamy las selten Zeitungen, nur der »Globe« hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Das einzige Blatt, das sonst sein Interesse erweckte, war der »Berkshire Herald«, ein wöchentliches Lokalblatt. Auch diese Zeitung las er nicht einmal selbst, sondern es gehörte zu Savinis Pflichten, ihm jeden Donnerstagabend – an diesem Tag wurde es ausgegeben – daraus vorzulesen. Manchmal mußte er jede gedruckte Zeile lesen, von der ersten Familienanzeige auf der Vorderseite bis zu den Berichten über irgendeine kleine landwirtschaftliche Ausstellung auf der letzten Seite. Manchmal wollte sein Herr auch nicht viel hören.
Obgleich Bellamy mit den Familien auf dem Lande nicht verkehrte und weder Einladungen ausschickte noch annahm, so war er doch sehr an allem interessiert, was in der Gegend von Berkshire vorging. Er lehnte es niemals ab, Gelder zu zeichnen, wenn man ihm eine Subskriptionsliste vorlegte, aber auf keinen Fall ließ er sich persönlich sprechen. Er gab mit vollen Händen für die Wohlfahrtsorganisationen der Umgegend. Er bestand aber stets darauf, daß sein Name nicht genannt werden durfte. Julius wunderte sich, warum ein so unzugänglicher, unliebenswürdiger und wenig wohltätiger Mann solche Summen für diese Zwecke ausgab. Sicherlich war seine Handlungsweise nicht von dem Wunsch diktiert, seinen Mitmenschen zu helfen oder das harte Los der Unglücklichen zu mildern. Savini machte einmal eine Bemerkung dieser Art, als Bellamy einen hohen Scheck an ein Wohltätigkeitskomitee sandte. Der alte Mann brummte darauf etwas, was als Erklärung für seine Großzügigkeit gelten konnte.
»Ich vermute, daß die Besitzer von Garre Castle immer gegeben haben« sagte er.
Er setzte also nur die Tradition der Herren fort, deren Banner einst von dem Flaggenmast der Burgkapelle geweht hatte.
Abel Bellamy gehörte seinem Wesen nach ins Mittelalter, zu jenen starken Männern, die schwergepanzerte Pferde bestiegen und ihre Mordbuben ausschickten, um sich ihrer Feinde zu entledigen.
Als sie von dem Hundekäfig zurückkamen, dachte Julius daran, daß der »Berkshire Herald« heute erschienen sei. Er seufzte innerlich, denn er war gerade nicht in der Stimmung, die kindlichen Aufsätze laut vorzulesen, die die Spalten dieses Lokalblattes füllten. Er hoffte schon, daß die Ankunft der neuen Hunde Bellamy so in Anspruch nehmen würde, daß er seine gewöhnliche Donnerstagserholung vergessen würde. Aber das erste Wort Abels bei dem Betreten der Bibliothek zerstörte seine Illusionen.
Der Alte setzte sich in seinen Lehnstuhl, legte die Hände zusammengefaltet in den Schoß und schaute auf die brennenden Holzscheite im Kamin.
»Holen Sie die Zeitung, Savini« sagte er dann, und Julius gehorchte.
An diesem Tag war Bellamy von einer außerordentlichen Wißbegierde. Julius mußte jede Spalte lesen, von Warenverkäufen, von einer Wahlversammlung in einer benachbarten Stadt, wofür sich Bellamy doch sonst niemals interessierte.
»Ich kümmere mich nicht darum, was sie für Politik machen, habe mich auch nie darum gekümmert« brummte er. »Das ist doch alles nur dummes Zeug, aber lesen Sie nur ruhig.«
Julius war bei den persönlichen Nachrichten angekommen. Es war eine durch viele Annoncen unterbrochene Spalte, in denen die Vorzüge von Kleesalz als Zugabe zum Viehfutter angepriesen wurden oder irgendein Mechaniker sich zur Reparatur von landwirtschaftlichen Maschinen empfahl.
»Hier steht eine Bemerkung über die Bewohner von Lady’s Manor« sagte Savini und schaute fragend auf. »Lesen Sie.«
Bellamy saß mit vorgebeugtem Kopf, geschlossenen Augen und schien zu schlafen. Einmal, aber nur einmal,
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