Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)
Das Licht der Deckenfunzel reichte kaum bis in diesen Winkel und sie musste ihr Kellerschloss mit dem Schlüssel abtasten bis er endlich hinein glitt.
Das Abteil war weitestgehend leer. In einem Regal stand ein Umzugskarton mit Sachen, die Zoe nicht mehr brauchte, aber auch nicht wegwerfen wollte. Ihr Fahrrad verstaubte davor. Zielstrebig steuerte sie auf die freie Wand zu, an der die Matratze lehnte. Erst als sie die Decken, von ihr herunter gerissen hatte, drehte sie sich zu Edorei um.
Sie wusste, dass er sie ansah, doch als sich ihre Blicke trafen, spürte sie einen Stich in der Magengrube und einen Klos im Hals. Sie brachte keinen Ton hervor.
„Zoe“, sagte er. Flüsterte er. Hauchte er. Es war wie Musik.
Zoe war ein nüchterner Mensch. Sie hatte gelernt ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten, denn sie befürchtete ihr Gleichgewicht zu verlieren, wenn sie es nicht tat. Abrupt drehte sie sich um und zog an der Matratze, was diese aus der Balance brachte. Sie kippte, Zoe versuchte sie mit Hilfe ihres Beins ins Lot zu bringen, aber da war Edorei bereits zur Stelle.
„Du hinten ich vorne“, sagte sie, ohne ihn anzusehen und krallte ihre Finger in den Stoff der Matratze. Die Berührung seiner Finger auf ihrer Hand durchzuckte sie wie ein elektrischer Schlag. Er war ihr ganz nahe. Viel zu nahe. Sie sah zu ihm hoch und versuchte ihm ihre Hand zu entziehen, aber er hielt sie fest.
„Ich habe von dir geräumt“, behauptete er erneut.
Sie versuchte, zu lachen. Es misslang.
„Ich kenne dich.“
„Du musst dich irren, Edorei. Wir gehören ja noch nicht einmal in die gleiche Welt. Lass uns hoch gehen.“ Sie wollte sich umdrehen, doch da lag seine Hand unter ihrem Kinn. Sein Blick war forschend, seine Lippen lagen locker aufeinander.
„Es war ein Wahrtraum, Zoe. Kein flüchtiger Vogel der Nacht. In diesen Träumen gibt es keine Grenzen zwischen den Welten. Nur Wahrheit. Unsere Seelen sind sich begegnet. Ich habe dich gesehen, wie dich niemand sieht. Du und ich …“
Plötzlich ließ er sie los und wich einen Schritt zurück. In Zoes erste Erleichterung mischte sich sogleich der Wunsch, ihn wieder zu spüren. Dann erst sah sie den verwirrten Ausdruck in seinem Gesicht und wusste, dass der Pfeffer seine Wirkung verlor.
„Benutz das Niespulver“, rief sie aufgeregt und bemerkte augenblicklich, dass er die Schale mit dem Pfeffer in der Wohnung vergessen hatte.
Wenn er jetzt wieder zu dem kaltschnäuzigen Edorei mutierte, dann würde es ein nicht unerhebliches Problem mit dem Transport der Matratze geben.
Zum Glück war in den Rüschen seiner Tunika noch etwas Pulver hängen geblieben. Beherzt griff Zoe danach. Er wich einen Schritt zurück. Sie folgte ihm. Zwischen ihren Fingern spürte sie den feinen Pfefferstaub. Er wich einen weiteren Schritt zurück, aber Zoe folgte ihm wieder. Jetzt stand er mit dem Rücken zur Wand und drehte den Kopf zur Seite. Seine Hände richtete er abwehrend gegen Zoe und sie kam nicht nahe genug an ihn heran, um ihm den Pfeffer in die Nase zu reiben.
„Ich bin verlobt, Herrin“, keuchte er entsetzt.
„Nur in deiner Welt, hier gehörst du mir.“ Die Worte sprudelten ganz selbstverständlich über Zoes Lippen.
Edorei gab einen Teil seines Widerstands auf.
„Derdoran ... er darf auf keinen Fall davon erfahren“, mahnte er.
„Er wird nichts erfahren“, versicherte Zoe. Sie wollte nur den Pfeffer an seine Nase bringen.
Sein Widerstand erlosch. Er spitzte sogar die Lippen, als erwarte er ihren Kuss. Zoes Hand schnellte vor an seine Nase.
Edorei schüttelte sich, dann nieste er.
„Jetzt aber schnell, bevor das noch einmal geschieht“, rief Zoe, aber Edorei packte sie am Oberarm und zog sie zu sich.
„In dieser Welt gehöre ich nur dir“, raunte er an ihrem Ohr.
Was? Sie riss den Kopf in Nacken und schaffte es gerade noch seinen Lippen auszuweichen. Ein einziger Blick in seine Augen genügte ihr, um zu sehen, dass der Pfeffer diesmal nicht gewirkt hatte. Entsetzt stemmte sie beide Hände gegen seine Brust.
„Doch nicht hier, Edorei“, rief sie. „Nicht in diesem Kellerloch.“
„Wie du befielst, Herrin“, sagte er mit einem anzüglichen Lächeln.
„Genau!“ bestätigte Zoe. „Und jetzt pack an. Das muss nach oben.“
Edorei gehorchte. Gemeinsam trugen sie die Matratze den düsteren Gang entlang, durch die Metalltür, die Treppe nach oben, vorbei an der Tür von Frau Huber hinüber zu ihrer.
„Frau Müller“, krächzte da eine Stimme. „Haben sie
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