Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)
fand das Päckchen Pfefferpulver, dass sie dort hineingeschoben und vergessen hatte. Mit einer schnellen Bewegung, warf sie den Pfeffer auf den Tisch, aber sie traf nicht und er landete am Boden. Eilig lief Brendas dorthin, um ihn aufzuheben. Zoe wollte ihm schon sagen, dass das Zeit hatte, aber da hielt Brendas die Packung wie eine Trophäe in die Luft.
„Da, da, da“, rief er. „Nieswurzbeeren.“ Er pochte mit dem Finger auf das Bild, auf dem schwarze Pfefferkörner abgebildet waren.
„Was?“, fragte Zoe überrascht. Herdis und Krazug eilten zu Brendas und sahen ebenfalls freudestrahlend auf das Bild.
„Pfeffer?“ Zoe lächelte. „Ja, Pfeffer findet man in dieser Welt wirklich in nahezu jeder Küche, normalerweise sogar in meiner.“
Das war ja einfach. Jetzt konnte sie diesen Lackaffen von einem Prinzen ganz leicht los werden. Schade nur, dass dann auch die Wichte weggehen würden.
Herdis warf ihr einen scheuen Blick zu.
„Es ist Staub“, maunzte er. „Niespulver.“
„Ja?“
„Es wird helfen, aber nur vorübergehend.“
Okay, das war der Haken.
„Was braucht ihr statt dessen?“, fragte Zoe langsam. Sie warf einen Blick auf den Prinzen, der ihrem Gespräch zwar aufmerksam, aber ohne jedes Verständnis folgte.
Herdis druckste herum. Zoe hoffte, dass sie nicht die Wurzeln oder die Blätter der Pfefferpflanze benötigten. Zwar vermutete sie, dass sie eine solche Pflanze ebenfalls im Botanischen Garten finden konnte, aber sie wollte ungern, noch einmal auf Diebestour gehen.
„Die grünen Beeren“, hauchte er.
„Gut“, sagte Zoe. Grüner Pfeffer musste irgendwo aufzutreiben sein. Ein Supermarkt mit einer gut ausgestatteten Gewürzabteilung, ein Feinkostladen. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Es war zwanzig Uhr fünfzehn, die Geschäfte hatten bereits geschlossen. Das hieß – Prinz Edorei musste bei ihr übernachten.
4. Das zweite Gesicht
Es war eine Weile her, seit sie zum letzten Mal Männerbesuch gehabt hatte. Eine ganze Weile schon. Zoe verschenkte ihr Herz nicht leichtfertig und legte auch keinen gesteigerten Wert auf unverbindliche Liebschaften. Aber für Übernachtungsgäste hatte sie eine Matratze im Keller stehen.
Immerhin war sie für Edorei die Herrscherin der unbekannten Welt und würde dadurch nicht auf ihr Bett verzichten müssen. Der Prinz konnte ruhig auf der Matratze am Boden schlafen. Das war zweifellos ein Abenteuer, an das er sich zeit seines Lebens erinnern würde. Sie seufzte. Vielleicht gab es doch noch eine andere Lösung. Mit Prinz Edorei konnte sie die Sache nicht besprechen. Er starrte schon wieder mit diesem arroganten, abwesenden Gesichtsausdruck auf einen fernen Punkt und wirkte so, als hätte man ihn ausgeschaltet. Prinz Edorei auf Standby. Zoe winkte die Wichte in die Küche.
„Könnte eure Weise Isbilde, Edorei mit dem Pulver nicht schon mal ein wenig entzaubern. Nur bis morgen früh. Dann besorge ich euch den richtigen Pfeffer.“
Die Wichte wechselten einen ratlosen Blick. Zoe befürchtete das Schlimmste. Irgendetwas stimmte nicht. Hatten sie ihr nicht alles erzählt?
„Die Weise Isbilde hat das Tor geschlossen. Sie wird es nicht öffnen. Der Zauberer hat Verdacht geschöpft.“
„Aber …“, stammelte Zoe. „Und jetzt?“
Brendas neigte seinen großen Kopf zu ihr herüber und flüsterte: „Sie hat uns etwas von dem Zaubertrank da gelassen. Wenn wir die Zutat haben und Prinz Edorei bei Sinnen ist, wird er das Tor von hier aus öffnen können. So lange bleibt es verschlossen.“
Die Weise Isbilde verstand es offenbar vortrefflich jemand anderem den Schwarzen Peter zuzuschieben.
Doch warum wieder mir, fragte sich Zoe, die langsam das Gefühl hatte, dass sich, in dieser und in der anderen Welt, alle gegen sie verschworen hatten.
Unschlüssig stand sie in der Tür, halb in der Küche, halb im Zimmer.
Also doch die Matratze. Nur konnte sie das sperrige Ding nicht alleine aus dem Keller herauf tragen. Sie wusste, dass sie die Wichte in furchtbare Nöte brachte, wenn sie den Prinzen aufforderte, ihr beim Tragen zu helfen, aber sie durfte keinesfalls riskieren, dass im Treppenhaus jemand diese seltsamen Kreaturen entdeckte.
Andererseits – Edorei war nicht weniger auffällig. Er trug ein knielanges Gewand und darunter etwas, das Ähnlichkeit mit einer Strumpfhose hatte, seine welligen Haare waren schulterlang und ein glänzender, wenn auch dünner Stirnreif schmückte sein Haupt. Von dem fetten Smaragdring an seinem Finger ganz zu
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