Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)
heute Nacht etwa Besuch?“
Zoe sah über ihre Schulter an Edorei vorbei auf Frau Huber, die plötzlich im Treppenhaus stand.
„Ja“, antwortete sie vorsichtig.
Frau Huber musterte unverhohlen den Prinzen. „Bleibt der junge Mann länger?“
Was für eine Frage. Eine gute Antwort darauf gab es nicht. Sagte sie ja, wusste spätestens morgen früh der Baumgärtner, dass er ihre Nebenkostenabrechnung im Auge behalten musste.
Bei ihrem letzten Freund hatte er ihr allen Ernstes gesagt, dass der nicht öfter als drei Mal in der Woche bei ihr übernachten durfte, denn schließlich vermiete er nicht an eine Wohngemeinschaft.
Sagte sie nein, würde die ganze Nachbarschaft innerhalb einer Woche wissen, was sie für eine war.
„Nein, Frau Huber. Nur heute Nacht. Es ist ein Notfall, das sehen Sie doch.“ Sie deutete auf Eloreis seltsame Kleidung. „Herr Knecht ist Schauspieler am Theater. Der Schlüssel von seiner Garderobe ist im Schloss abgebrochen und der Hausmeister war nicht mehr da, darum kommt er nicht an seine Sachen.“
„Theater?“, fragte Frau Huber.
„Ja. Er spielt die Hauptrolle in dem neuen Stück von … Werner Groß“ improvisierte Zoe. „Hervorragend, wirklich hervorragend.“
„Aha.“ Die Ahnungslosigkeit stand Frau Huber ins Gesicht geschrieben.
„Wir müssen jetzt …“, sagte Zoe und zog Edorei mitsamt der Matratze weiter in die Sicherheit ihrer vier Wände.
Im Flur blieb sie stehen, presste sich die Hände an die Schläfen und schloss die Augen.
„Verdammt“, brummte sie und stieß langsam den Atem aus.
Edorei stand da, wie bestellt und nicht abgeholt. Merkte der Kerl eigentlich noch was?
Herdis lief herbei. Die Schale mit dem Pfeffer in der Hand.
Ein einziger Blick auf Edorei genügte dem Wicht, und er ließ traurig die Schultern hängen.
„Versuchs nochmal, Herdis“, bat Zoe. „Er war vorher viel erträglicher.“
Erträglicher? Es war zu schön, um wahr zu sein, dachte sie und suchte seine Augen. Aber sein Blick war teilnahmslos und abwesend. Zumindest schien er in diesem Zustand nicht genug wahrzunehmen, um wirklich Handeln zu können. Als er merkte, dass sie ihn ansah, trat ein lüsternes Lächeln in sein Gesicht. Oh nein!
„Ich versuch´s nochmal, Zoe. Aber es ist kaum genug Niespulver da.“
„Dann warte!“, rief sie und stürmte ins Treppenhaus. Erst vor der Tür von Frau Huber blieb sie stehen und beruhigte ihren Atem, dann klopfte sie leise.
Das Weib musste gelauscht haben, denn Zoe hörte keine Schritte, bevor der Riegel verschoben wurde und sie öffnete.
„Frau Huber“, sprudelte Zoe. „Sie sind die Einzige, die mir helfen kann. Haben Sie Pfeffer?“ Sie versuchte sich an einem honigsüßen Lächeln.
„Sicher“, antwortete Frau Huber, wollte aber anscheinend noch einige Erklärungen mehr, ehe sie Anstalten machte, den Pfeffer zu holen.
„Ich hab was gekocht und …“
„Ist wohl doch was Ernstes mit dem jungen Mann.“
Miststück, dachte Zoe.
„Wir sind bloß Freunde.“ Sie lächelte verlegen. Sollte die alte Schachtel denken, was sie wollte.
„Dann will ich mal sehen, ob ich Ihnen weiter helfen kann.“ Betont langsam schlurfte Frau Huber in die Küche und kam eine gefühlte Stunde später, mit einer Einwegpfeffermühle zurückgeschlurft.
Kein Pulver? Zoe nahm die Pfeffermühle entgegen.
„Ich bring sie ihnen morgen wieder. Ist das in Ordnung?“
Frau Huber nickte großmütig. „Versuchen Sie aber nicht so laut zu sein, Frau Müller. Ich bin eine alte Frau, ich habe einen leichten Schlaf.“
Klar, und ein Ohr klebt ohnehin an der Zwischenwand. Zoe winkte zum Abschied und betrat nachdenklich ihre Wohnung. Sie sah auf die purzelnden Pfefferkörner hinter dem Plexiglas der Einwegmühle. Ob die Wichte damit zurechtkamen? Andererseits, wenn Edorei wieder ganz er selbst war, würde er sie möglicherweise wieder so ansehen und …
Ihr Herz klopfte hecktisch und sie wünschte beinahe, dass der Pfeffer aus der Mühle unbrauchbar war. Dann dachte sie an die Alternative. Edorei mit Gehirnwäsche, der glaubte, er könne sich auf ein Abenteuer einlassen, von dem sein Schwiegervater in spe nichts erfuhr.
An ihr kleines, unerfahrenes Herz hatte bei der Sache niemand gedacht. Langsam entwickelte Zoe einen Groll gegen diese ach so weise Isbilde, die aus einer Laune heraus ihr ganzes Leben umgekrempelt hatte.
Die Wichte hatten die Matratze in einen gemütlichen Schlafplatz verwandelt. Zoe sah ihre Bettwäsche und Laken und konnte die Magie
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