EduAction: Wir machen Schule (German Edition)
Deutsch zusammen gemacht und einen Baustein beendet. Ja, das macht Spaß.
Lotte, 10. Klasse
Peer Learning – also das gemeinsame Lernen von (fast) Gleichaltrigen – ist ein wesentlicher Bestandteil des Schulkonzeptes der esbz. Es ist gemeinschaftsbildend, es ist inklusiv, und die Kinder lernen von klein auf, in stets neu zusammengesetzten Teams zu ar beiten. Beide Seiten profitieren von diesem Lernprozess: Die Jüngeren bekommen Unterstützung von den Älteren, die wiederum erwerben soziale und fachliche Kompetenzen. »Ich hätte nie gedacht, dass das so gut funktioniert, wenn ich mit Jüngeren in eine Klasse gehe«, hat Nicolas festgestellt. »Klar bin ich auch mal genervt. Aber wenn man später zum Beispiel jemanden in der Firma hat, der nicht so arbeitet, wie man das gerne hätte, muss man damit ja auch umgehen.«
Grundlage für das Funktionieren von Peer Learning ist die Beobachtung, dass für Kinder und Jugendliche Gleichaltrige eine größere Glaubwürdigkeit besitzen und dass diesen gleichaltrigen »Lehrern« aufgrund der höheren Identifikation mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als älteren. Schüler trauen sich bei einem Mitschüler auch eher, noch einmal nachzufragen, als bei einem Lehrer. Entscheidend für den Erfolg ist eine Qualifikation der Peers.
Ich lerne selbst auch etwas dabei, wenn ich anderen im Lernbüro helfe. Mir fällt es nicht so leicht, anderen etwas zu erklären, aber ich denke, es ist wichtig, das zu können.
Jonathan, 10. Klasse
Herzstück des Peer Learning ist das Lernbüro, in dem die Schüler jahrgangsübergreifend von Stufe 7 bis 9 miteinander lernen. Seit diesem Schuljahr sind auch die Zehntklässler mit im Lernbüro, jeder Schüler für jeweils eine Stunde pro Woche, wir nennen es das »Projekt Verantwortung« der Zehnten. »Da sind zum einen die Coachs, die einen bestimmten Schüler begleiten, auch in mehreren Lernbüros«, sagt Julius. »Dann gibt es die Lernbüro-Lehrer-Assistenten. Die sind in einem Fach richtig gut und im Lernbüro für alle da, die kann jeder ansprechen. Und ein paar von uns sind Koordinatoren, die organisieren das Ganze, und falls es Probleme mit den Coachs und Coachees gibt, dann regeln die das.«
Jonathan beispielsweise ist sehr gut in Mathe und hat sich daher als Assistent für das Mathe-Lernbüro gemeldet. »Wenn ein Schüler einen Test zurückbekommt, gehen wir den zusammen durch, weil der Lehrer dafür nicht so viel Zeit hat«, erklärte er einmal in einer Lehrerfortbildung – und sorgte damit für Gemurmel. Der Gedanke, dass ein Schüler eine ihrer ureigensten Aufgaben übernimmt und sie damit ein Stück Kontrolle abgeben müssen, scheint vielen Lehrern nicht zu behagen. Vielleicht ermutigt es sie zu hören, dass die Kollegen an der esbz sehr gute Erfahrungen damit machen. Dass die Schüler in den Lernbüros individuell, also entsprechend ihrem eigenen Lerntempo und ihren Stärken, Bausteine bearbeiten, bietet den Coachs Strukturen, in die sie sich leicht integrieren können.
»Einer meiner Siebtklässler ist in allen Hauptfächern eher schwach«, berichtet Iris Rösner, seine Mathematik- und Klassenlehrerin. »Er hat jetzt einen Zehntklässler als persönlichen Coach bekommen. Die beiden werden das gesamte Schuljahr über zusammenarbeiten.« Eine andere Schülerin sei in Mathe eigentlich gut, aber wenn sie eine Hürde sehe, blockiere sie leicht. »Von ihrem Coach lässt sie sich da viel leichter rüberhelfen als von mir«, beobachtet Iris Rösner.
»Ich finde das Projekt gut, denn es gibt ja immer nur einen Lehrer pro Lernbüro«, sagt die Achtklässlerin Khrystyna, und ihre Freundin Sarah, die bereits in die Neunte geht, ergänzt: »Wenn mehrere Schüler ein Problem haben, geht das jetzt viel schneller voran, weil es noch jemanden gibt, den man fragen kann.« Und es gibt noch die Variante des Selbst-Coaching. »Ich habe in Mathe manches wieder vergessen, jetzt schau ich mir alles noch mal an«, erklärt Hannah, und es ist kein Frust oder Selbstmitleid zu hören, sondern eine selbstbewusste Schülerin, die das Projekt als Chance begreift, ihre fachliche Leistung zu verbessern. Die Schüler arbeiten bei uns nicht mehr nach dem Prinzip »Du sollst«, sondern nach dem erfolgversprechenderen Prinzip »Ich kann«.
Peer Learning findet auch in den Werk stätten statt, die von Schülern angeboten wer den dürfen: Ein sechzehnjähriger Karate-Experte hat beispielsweise eine Karate-Werkstatt an geboten, zwei Mädchen einen Tanzworkshop und
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