Effington 06 - Verborgene Verheissung
lassen.«
»Du hast schon gründlich darüber nachgedacht, was?«
»Deine momentane Lage hatte auf mich den merkwürdigen Effekt, mein ganzes Leben neu zu überdenken. Und das Ergebnis ist ziemlich enttäuschend.« Reggie verstummte. Offenbar dachte er über all die vergeudeten Jahre nach. Schließlich seufzte er vernehmlich. »Diese Angelegenheit wird allerdings noch warten müssen. Vorrangig ist jetzt erst einmal, dein Leben in Ordnung zu bringen. Wir müssen Miss Townsend dazu bringen, einer Ehe zuzustimmen.« Er schüttelte den Kopf. »Ich gebe zu, ich kann ihre Zögerlichkeit nicht wirklich nachvollziehen. Du hast doch alles, was eine Frau sich wünschen kann. Wirklich, Marcus, du bist ein ausgezeichneter Fang.«
»Nur für eine Frau, die sich eine Ehe wünscht. Und leider scheint Miss Townsend die einzige Frau auf Erden zu sein, die das nicht tut.«
»Wir müssen sie ihr also schmackhaft machen. Wir müssen ihr dich schmackhaft machen. Aber natürlich, das ist die Lösung.« Reggie stürzte seinen Drink herunter und sprang auf. »Du musst dich verändern, Marcus. Du musst ein Schurke, ein Strolch, ein Schuft werden. Jungfrauen verführen. Mit verheirateten Frauen schäkern. Dich über Konventionen hinwegsetzen.«
»Ich weiß nicht, ob die Zeit dafür reicht.«
Reggie ignorierte ihn. »Such dir einen schönen, saftigen Skandal. Dein Name muss in aller Munde sein und in aller Herzen. Sieh dir doch nur die kleine Effington an. Sie ist mit einem völlig Fremden durchgebrannt, der dann gestorben ist, bevor noch die Tinte auf der Heiratsurkunde trocken war. Davon spricht immer noch jeder.«
»Aus irgendeinem Grund kann ich mir nicht vorstellen, dass es auf Miss Townsend attraktiv wirken würde, wenn ich die falsche Frau heirate, egal ob sie stirbt oder nicht.«
»Wahrscheinlich nicht.« Reggie dachte wieder nach. »Aber es gibt unendlich viele Dinge, die du tun könntest. Leg dir ein verführerisches Grinsen zu und einen noch verführerischeren Blick.« Reggie machte vor, was er sich unter einem verführerischen Grinsen vorstellte, und Marcus versuchte, nicht laut herauszuplatzen. »Verdreh ihr den Kopf, Marcus. Sei geheimnisvoll. Frauen wollen immer, was sie nicht haben können. Sei reserviert. Gefährlich. Sei ...«, Reggie grinste verschmitzt, »die verbotene Frucht.«
»Die verbotene Frucht?« Marcus lachte. »Da ich hinter ihr her bin und es um mein Vermögen geht, bin ich wohl kaum eine >verbotene Frucht«. Eher schon bin ich zu leicht zu haben und reif zum Pflücken.«
»Ja, ja, es war ja nur eine Idee.« Reggie ließ sich wieder aufs Sofa fallen und hielt Marcus sein leeres Glas hin. »Hältst du das für einen typischen Charakterfehler? Bei Frauen, meine ich? Die Männer, die sie am meisten faszinieren, sind diejenigen, mit denen ich meine Schwester keine Sekunde lang alleine lassen würde. Nicht einmal in einem Raum voller Menschen.«
»Zweifellos einer von vielen Charakterfehlern. Ich glaube nicht, dass man das mit rationalen Mitteln erklären kann.« Marcus griff nach der Karaffe hinter sich und füllte Reggies Glas auf. »Was uns Männer aber überlegen macht, ist die Tatsache, dass wir die weiblichen Charakterfehler zu unserem Vorteil nutzen können. Die Risse in ihrer Rüstung gereichen uns zum Vorteil.«
»Hat deine Miss Townsend auch Charakterfehler?«
»Jede Frau hat welche. Miss Townsend ist darin keine Ausnahme. Sie ist auf jeden Fall dickköpfig und rechthaberisch. Sie ist übermäßig freiheitsliebend, nimmt kein Blatt vor den Mund und hat die merkwürdigsten Ansichten über die Ehe und die Beziehung zwischen Mann und Frau. Wenn es allerdings eine Frau gibt, die für sich selbst sorgen kann, dann ist das wohl Miss Townsend. Außerdem kann sie offenbar sehr impulsiv sein. Und was das Schlimmste ist«, er grinste, »sie scheint beinahe so klug zu sein wie ich.«
»Ein Jammer. Dennoch wirst du dich doch wohl von ein paar geringfügigen charakterlichen Mängeln nicht abschrecken lassen. Du bist immer noch entschlossen, diesen Drachen zu heiraten, nicht wahr?«
»Sie und ihr Charakter sind eine lästige Unannehmlichkeit, aber mein Entschluss steht fest. Ich habe doch gar keine Wahl! Bis zu meinem Geburtstag sind es noch drei Monate, und ich werde ihr jeden einzelnen Tag nachstellen, bis sie nachgibt oder ich arm wie eine Kirchenmaus bin. Wobei ich sagen muss«, Marcus grinste, »nun, da ich sie kenne, ist die Vorstellung einer Ehe mit ihr gar nicht so abschreckend.«
»Ich kann nicht
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