Effington 06 - Verborgene Verheissung
sein«, gestand Charity widerwillig zu. »Und wir werden uns bemühen, nicht unhöflich oder unverschämt zu sein.«
Gwen nickte. »Mehr kann ich nicht erwarten.«
»Im Gegenzug verlangen wir auch nicht, dass du uns magst.«
»Ich schon«, murmelte Patience.
»Bisher hat mich jeder gemocht«, flüsterte Hope.
»Das ist nur fair.« Gwen dachte kurz nach. »Allerdings behalte ich mir das Recht vor, es trotzdem zu tun.«
Hope und Patience grinsten zufrieden, und Gwen musste ihr eigenes Lächeln unterdrücken. »Sind wir uns also einig?«
Charity nickte langsam. »Ja.«
»Ausgezeichnet.« Gwens Blick wanderte von einem Mädchen zum anderen und wurde von einem seltsam warmen Gefühl erfüllt. Diese Kinder riefen ganz ungewohnte Empfindungen in ihr hervor. Vielleicht lag es daran, dass sie nun zu ihr gehörten. Dies war womöglich nicht nur für die Mädchen, sondern auch für sie selbst die beste Lösung.
Ihre Nichten aufzuziehen würde ihrem Leben einen Sinn geben. Sie war zwar keine sehr gute Gouvernante gewesen, aber vielleicht konnte sie eine gute Tante sein. Hatte sie die drei nicht gerade aus den Fängen des bösen Gurkengesichts gerettet und vor einem Leben als Ausreißer bewahrt?
Sie könnten bestimmt ein schönes Leben zusammen haben. Gwen würde dafür sorgen, dass sie sich immer gewollt und liebenswert und wichtig fühlen würden. Sie würde ihnen eine erstklassige Erziehung ermöglichen und sie später in die Gesellschaft einführen. Nicht unbedingt mit der Absicht, Ehemänner für sie zu finden. Doch ob und wen sie heiraten würden, sollten sie selbst entscheiden. Dafür würde sie schon sorgen. Dazu brauchte man nur Entschlossenheit, Engagement und ... Geld.
Sie zuckte zusammen.
»Hast du es dir anders überlegt?« Hope klang besorgt.
Charity runzelte die Stirn. »Geht es dir nicht gut?«
»Ist dir etwa übel?« Patience sah sie prüfend an.
»Nein, nein. Mir geht es gut. Natürlich habe ich es mir nicht anders überlegt.« Gwen lächelte gequält. »Wir sollten sogar so bald wie möglich aufbrechen. Packt eure Sachen, und ich spreche mit Gurk..., ich meine Miss Hilliard.«
»Bist du sicher?«
Jeglicher Rest von Zweifeln wurde von den Mienen der drei Mädchen weggewischt. »Ich war mir noch nie so sicher.« Sie stand auf. »Jetzt lauft. Beeilt euch.«
Patience und Hope sprangen auf und rannten aus dem Zimmer. Charity ging ebenfalls auf die Tür zu, dann blieb sie stehen und wandte sich zu Gwen um.
»Wir sind dir wirklich dankbar«, sagte sie mit einem leichten Kopfnicken. Dann folgte sie ihren Schwestern.
Diese Mädchen brauchten sie, Charity vielleicht sogar am meisten. Es musste sehr schwer sein, in ihrem Alter ein völlig neues Leben zu beginnen und sich um zwei Schwestern zu kümmern. Es war schon für Gwen sehr schwer gewesen, und sie war älter und für niemanden verantwortlich gewesen. Noch nie hatte jemand sie gebraucht. Wie anders wäre ihr Leben wohl sonst verlaufen.
»Pass gut auf dich auf, Charity«, sagte Gwen leise. »Am Ende gewinnst du mich doch noch lieb. Und ich dich. Sehr sogar.«
' Sie lächelte dem Mädchen hinterher, dann seufzte sie. Luftschlösser zu bauen war die eine Sache, doch nun mussten konkrete Pläne geschmiedet werden.
Das Erbe ihres Vaters würde für ihre eigenen Bedürfnisse reichen, für sie war es schon ein Luxus, nicht arbeiten zu müssen. Doch realistisch betrachtet war es nicht sehr viel Geld. Für vier Personen würde es gerade zum Überleben reichen.
Um eine so große Familie zu unterhalten, benötigte man beträchtlich mehr Geld, ganz abgesehen von Kleidern und Bällen und Mitgiften. Diese Mittel besaß Gwen einfach nicht. Doch sie wusste, woher sie sie bekommen konnte.
Ob es ihr gefiel oder nicht, die finanziellen Mittel für ihrer aller Zukunft lagen in greifbarer Nähe.
Sie musste ihn einfach nur heiraten.
Fünftes Kapitel
Selbst der Intelligenteste Mann weiß selten so viel, wie er glaubt.
Francesca Freneau
»Was du brauchst, ist ein Plan«, wiederholte Reggie, als würden die Worte allein auf magische Weise einen solchen schaffen. Der Viscount räkelte sich träge auf dem Sofa, ein Glas Brandy in der Hand.
»Darüber sind wir uns ja schon einig.« Marcus lehnte sich mit der Hüfte an den Schreibtisch und ließ das edle Getränk im Glas kreisen.
Das war auch schon alles, worüber sich die Männer einig waren. Eigentlich hatten sie den Abend im Club verbringen wollen, doch noch immer hielten sie sich in der Bibliothek von
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