Effington 06 - Verborgene Verheissung
unterdrücktes Keuchen war aus dem dunklen Flur zu hören, und Marcus grinste. »Godfrey«, rief er dem unsichtbaren Butler zu. »Wir fahren morgen früh aufs Land. Bitte triff alle nötigen Vorbereitungen.«
»Ja, mein Herr.« Godfrey antwortete verhalten.
Gwen kicherte und vergrub den Kopf an der Brust ihres Mannes. »Er mag mich immer noch nicht.«
»Godfrey mag eigentlich niemanden besonders. Außerdem spielt das gar keine Rolle.« Marcus nahm zwei Stufen auf einmal. »Du bist die Dame des Hauses, und aus diesem Grund muss er dir zu Diensten stehen.«
Marcus erreichte sein Schlafzimmer und schob die Tür auf. »Er wird dich in dem Augenblick mögen, in dem auch er deine Qualitäten entdeckt hat.« Er trat in den Raum und schloss die Tür hinter sich mit dem Fuß. Sein Blick, dunkel und verheißungsvoll, begegnete ihrem. »Ich bin wirklich ein Glückspilz.«
Dreizehntes Kapitel
Es gibt nichts Reizendem ah einen verliebten Mann. Außer natürlich einen reichen verliebten Mann.
Colette de Chabot
»Von hier aus kann man beinahe das gesamte Anwesen sehen.« Marcus setzte sich wieder in den Sattel und betrachtete den ihm so innig vertrauten Anblick. Diese Anhöhe, auf der eine einsame Buche wie eine Wächterin stand, war schon einer seiner Lieblingsplätze gewesen, seit er auf einem Pferd sitzen konnte.
»Ein wundervoller Ausblick.« Gwens Blick folgte dem seinen.
Er sah sie von der Seite an und verbarg ein zufriedenes Lächeln.
Gwen saß so selbstbewusst im Sattel, dass man kaum glauben konnte, wie unbehaglich ihr noch vor fünf Tagen auf dem Pferd zumute gewesen war, als sie in Holcroft Hall angekommen waren. Das war nur verständlich; seit Jahren war sie kaum mehr geritten. Doch diese Frau war ein Naturtalent und auf dem besten Weg, eine exzellente Reiterin zu werden.
Sie und Marcus waren seit ihrer Ankunft jeden Morgen ausgeritten, und zudem hatte sie jeden Nachmittag noch alleine einen Ausflug gemacht. Natürlich hatte ihn das zunächst beunruhigt, doch sie hatte sich geweigert, auch nur einen Stallburschen mitzunehmen. Immerhin sei das Anwesen nun ihr Zuhause, hatte sie argumentiert, und daher würde ihr nichts zustoßen. Er war selbst sehr beschäftigt gewesen: Tatsächlich gab es einige Angelegenheiten, um die er sich persönlich kümmern musste. Dennoch hatte er genau aufgepasst, wann sie jeden Tag losgeritten und wann sie zurückgekehrt war, um im Notfall sofort zu ihrer Rettung aufbrechen zu können.
»Ich liebe diesen Platz«, sagte er. Immer noch genoss er die Aussicht. »Dort drüben führt die Straße ins Dorf, und hinter dieser Wegbiegung liegt das alte Witwenhaus. Weiter hinten siehst du den See, mehr ein Teich eigentlich. Früher saß ich oft stundenlang unter diesem Baum und genoss die Landschaft.« Er beugte sich vertr auf ich zu ihr herüber. »Als Junge hatte ich das gesamte Gelände im Kopf und baute jede Einzelheit im Garten unseres Hauses nach, als Schlachtfeld für meine Soldaten.« Er lachte leise. »Ich habe über die Jahre hinweg dort einige eindrucksvolle Schlachten geschlagen.«
Sie hob eine Braue hoch. »Und warst du immer siegreich?«
Er keuchte in gespielter Empörung. »Ich kann nicht glauben, dass du eine solche Frage stellst. Ich war der ranghöchste General im Dienste Seiner Majestät«, grinste Marcus. »Natürlich war ich auch der einzige auf dem Schlachtfeld, der größer als fünf Zentimeter war.«
»Ich kann Holcroft Hall von hier aus sehen.« Sie schützte die Augen mit der Hand vor der Sonne.
»Ich bin erstaunt, dass du diese Stelle nicht schon längst gefunden hast«, erwiderte er nun neckend. »In Anbetracht der vielen Zeit, die du auf dem Pferderücken das Anwesen erkundet hast.«
Sie blickte ihn vorwurfsvoll an. »Wenn man damit beschäftigt ist, sich im Sattel zu halten, kann man schon mal die eine oder andere Aussicht versäumen.«
Er lachte so ausgelassen wie seit seiner Kindheit nicht.
Gwen hatte natürlich keiner Rettung bedurft. Marcus war klar geworden, dass es wahrscheinlich keine Frau auf der Welt gab, die weniger gerettet werden musste oder die unabhängiger war als seine Miss Townsend — Lady Pennington.
Es war eine ihrer Eigenschaften, die er liebte.
Das war ebenfalls eine Tatsache, die er nicht länger leugnen konnte. Hier auf dem Land, weit weg von den Ablenkungen Londons, war ihm bewusst geworden, dass Reggie Recht gehabt hatte. Seine Befürchtungen, es gebe einen anderen Mann in Gwens Leben, waren unbegründet und nichts als
Weitere Kostenlose Bücher