Effington 06 - Verborgene Verheissung
Ausdruck seiner eigenen Selbstzweifel gewesen. Zweifel, die ihn unterschwellig schon sein ganzes Erwachsenenleben quälten.
In den vergangenen Tagen hatte er einige ganz erstaunliche Erkenntnisse über sich selbst gewonnen, immer spätnachts, wenn sie an seiner Seite lag. Sie hatte natürlich ihre eigenen Räume, doch hatte er sie lieber bei sich in der Nähe, und auch sie schien das zu bevorzugen. In diesen glücklichen Momenten wurde ihm bewusst, dass seine Vorbehalte, die er gegen die echte Zuneigung zu einer Frau hegte, mit seinen eigenen merkwürdigen Zweifeln zu tun hatten und dem Gefühl entsprangen, dass er der Liebe nicht würdig sei. Ein lächerlicher Gedanke, hatte er sich doch immer für überaus selbstbewusst gehalten.
Bis sie kam.
Gwen war alles, was er je in einer Frau gesucht hatte.
Alles, was er sich je von einer Ehefrau erträumt hatte. Sie war klug und geistreich, ihre Intelligenz sprühte aus den wunderschönen blauen Augen. Trotz ihrer Unabhängigkeit war sie bereit, alles zu tun, um eine beliebte Countess zu sein. Sie hatte seine Pächter und viele Menschen aus Pennington kennen gelernt und war ohne Ausnahme liebenswürdig und freundlich gewesen. Er vermutete, dass alle sie schon in ihr Herz geschlossen hatten.
So wie er selbst.
Zwar legte sich gelegentlich ein seltsamer Schatten über ihr Gesicht, denn manchmal schaute sie ihn mit unerklärlichem Kummer an. Oder sie wurde plötzlich schweigsam, als habe sie sich hinter eine innere Mauer zurückgezogen. Doch das konnte er ihr wohl kaum vorwerfen. Er selbst hatte den größten Teil seines Lebens hinter einer solchen Mauer verbracht: kühl, distanziert und gefühllos.
»Das Haus ist sehr eindrucksvoll, muss ich sagen. Viel imposanter als Townsend Park.« Gwen betrachtete das weit entfernte Gebäude gedankenvoll.
Er lachte. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich so schnell beeindrucken lässt.«
»Mich schüchtert vieles ein«, gab sie trocken zurück.
Das Gut war in der Tat imposant, obwohl Marcus sich darüber bisher nie Gedanken gemacht hatte. Seit beinahe zwei Jahrhunderten beanspruchte es seinen Platz in der Mitte des Anwesens wie ein großes steinernes Wesen, das durch Alter und liebevolle Gefühle seine Ecken und Kanten verloren hatte.
»Es ist schon recht stattlich.« Er nahm ihre Hand und führte sie an die Lippen. »Aber es ist mein Zuhause.«
»Zuhause.« Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Das klingt wunderbar.«
»Es wird noch viel besser klingen, wenn das Gelächter von einem Dutzend Kindern durch die Räume hallt.«
Sie entriss ihm ihre Hand. »Ein Dutzend Kinder?«
»Hatte ich das noch nicht erwähnt?« Er grinste. »Oder vielleicht hast du es auch wieder vergessen.«
»Ich wage zu behaupten, dass ich ein Dutzend Kinder wohl nicht vergessen würde.«
»Ich wollte schon immer eine große Familie.«
»Aber gleich ein Dutzend Kinder.« Sie schüttelte den Kopf. »Ehrlich, Marcus, das ist ...«
»Also gut.« Er seufzte übertrieben dramatisch. »Vielleicht ist das ein bisschen viel. Ein halbes Dutzend sollte auch reichen.«
»Natürlich nur Jungen.«
»Darin, meine liebste Lady Pennington, irrst du dich.«
Sie runzelte die Stirn.
»Aber du sagtest doch ...«
»Was auch immer ich gesagt haben mag unter den, wie du zugeben musst, etwas peinlichen Umständen unserer ersten Begegnungen, habe ich nicht alles so ernst gemeint.« Er sah ihr direkt in die Augen. »Gwen, ich hätte wirklich gern einen oder zwei Söhne, um den Familiennamen weiterzutragen ...«
»Das dachte ich mir«, brummelte sie kaum hörbar.
»Das heißt aber nicht, dass ich mich nicht auch über Töchter freuen würde. Nichts hätte ich lieber, als eine Horde rothaariger, blauäugiger, kichernder Mädchen in meinem Haus.«
Sie starrte ihn ungläubig an.
»Ich weiß, dass du dir darüber Sorgen machst, weil sich die Zukunft für Frauen auf dieser Welt häufig schwierig gestaltet und ihre Stellung oft unsicher ist. Vermutlich möchtest du deshalb keine Töchter, weil du selbst diese Erfahrung machen musstest. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen und dir die Jahre nach dem Tod deines Vaters ersparen, aber das kann ich nicht.« Sein Blick war völlig aufrichtig. »Aber ich schwöre dir hier und jetzt, dass die Zukunft unserer Töchter niemals nur davon abhängen wird, ob sie eine gute Partie machen werden. Ich verspreche, alles in meiner Macht Stehende zu tun, dass sie im Falle meines Ablebens finanziell völlig unabhängig
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