Effington 06 - Verborgene Verheissung
geschehen mochte. Und keine würde die Last allein zu tragen haben.
»Ausgezeichnet«, sagte Gwen. »Denn ich habe nicht die Absicht, euch gehen zu lassen. Und ich werde niemals zulassen, dass man euch mir wegnimmt.« Sie hielt den Finger hoch. »Und ich verspreche bei allem Blut in meinen Adern, das i ch diesen Schwur niemals brechen oder andernfalls die entsetzlichen Folgen tragen werde.« Sie senkte dramatisch die Stimme, und tief in ihrem Innersten wusste sie, dass sie noch nie etwas so ernst gemeint hatte wie dieses Versprechen an die Kinder. »Für immer.«
»Du möchtest aufs Land fahren?«, wiederholte Gwen langsam. »Jetzt?«
»So bald wir es einrichten können.« Marcus lehnte sich an den Kamin, die Arme vor der Brust verschränkt. Wäre da nicht die spürbare Anspannung seines Körpers gewesen, hätte man seine Haltung für gelassen halten können. Gwen merkte, dass es ihm viel ernster war, als der beiläufige Ton vermuten ließ, und fragte sich, ob etwas nicht stimmte. »Ich würde vorschlagen, allerspätestens morgen. Es dauert nur einen halben Tag von London aus, und ich meine, du solltest Holcroft Hall ...«
»Holcroft Hall?« Gwen schaute ihn nachdenklich an. Vielleicht machte er sich nur Sorgen, wie sie darauf reagieren würde, die Stadt zu verlassen. »Euer Familiensitz? Der Sitz der Earl of Pennington?«
»Ganz genau.«
»In der Nähe des Dorfes Pennington selbst, vermute ich?« Gwen konnte ihre Aufregung kaum verbergen.
Das Haus ihres Vaters lag in der Nähe von Pennington. Wenn Madame einwilligte, sie zu begleiten, könnte Gwen die Mädchen dorthin bringen lassen und ihre heimlichen Besuche fortsetzen. Ein Aufenthalt auf dem Land wäre für sie und ihre Nichten geradezu perfekt. Es schaffte die Bedrohung nicht aus der Welt, doch dort wäre es sicher leichter, mögliche Probleme zu vermeiden. Zumindest gäbe es Gwen die Illusion von Sicherheit und ermöglichte ihr, etwas zu unternehmen, statt nur abzuwarten. Sie würde gleich heute eine Nachricht an Madame senden, und mit ein wenig Glück wären die Mädchen bald auf dem Lande in Sicherheit, zumindest für den Augenblick. Eine Last wurde von Gwens Schultern genommen, und ihre Stimmung hellte sich auf.
»Natürlich ist das Dorf selbst nicht sehr groß, verstehst du, aber die Landschaft ist recht reizvoll, besonders in dieser Jahreszeit und ...«
»Und man kann freier atmen und die Erde unter den Füßen spüren«, vollendete sie den Satz.
Ein merkwürdiger Ausdruck lag auf seinem Gesicht, als wäre es ihm gleichzeitig peinlich, ihr das erzählt zu haben, und erfreulich, dass sie sich daran erinnerte.
»So etwas in der Art.« Er räusperte sich. »Wie ich sagte, um diese Zeit im Jahr ist es besonders hübsch dort. Viel schöner als in London.«
»Wirklich?« Sie neigte den Kopf und musterte ihn. »Mein lieber Lord Pennington, versuchst du etwa, mir das Landleben schmackhaft zu machen?« Sie konnte ein neckisches Lächeln nicht verbergen. Er war wirklich furchtbar liebenswert.
»Sei nicht albern.« Er klang zurückhaltend, und sie glaubte ihm kein Wort. »Ich muss mich um ein paar Angelegenheiten kümmern und habe bereits entschieden, dass wir so bald wie möglich abreisen werden.«
Sie sah ihn einen Moment an, dann lachte sie.
Er zog die Brauen zusammen. »Was ist daran so komisch?«
»Du.« Sie schmunzelte. »Du bist amüsant, wenn du den kühlen, beherrschten Lord Pennington spielst, der mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht und unwiderrufliche Entscheidungen trifft.«
»Bin ich das?« Seine Stimme klang unverändert, aber da war ein Zwinkern in seinen Augen.
»O ja. Besonders, wenn du diese selbstgefällige Miene aufsetzt.«
»Selbstgefällig.« Er konnte es nicht glauben. »Selbstgefällig?«
»Du kannst es so oft wiederholen, wie du willst, mein Herr, das ändert nichts an der Tatsache.«
»Ich bin nicht selbstgefällig«, widersprach er arrogant.
Sie hob eine Augenbraue.
Er runzelte die Stirn. »Bin ich das?«
Sie nickte.
Er überlegte kurz. »Ist das besser als kühl und beherrscht?«
»Ich finde es eigentlich sehr unterhaltsam.«
Er beobachtete sie aus zusammengekniffenen Augen. »Was genau ist mit dir passiert, Gwen? Du bist so ... Es liegt mir auf der Zunge.«
»Glücklich?«, fragte sie unschuldig.
»Ja, genau, das ist es.« Er starrte sie misstrauisch an. »Du siehst überaus glücklich aus. Warum?«
»Ich weiß es auch nicht genau.« Sie blickte ihn nachdenklich an. »Unsere Ehe ist eine viel
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