Effington 06 - Verborgene Verheissung
hat.« Charity bedachte ihn mit einem intensiven Blick. »Das ist es doch, oder? Sie will dich lieben, aber sie kann nicht oder darf nicht oder so etwas.«
»Für mich klingt das dumm«, murmelte Hope. »Ich glaube, was sie wirklich braucht, ist ein Hund.«
»Verzeiht mir, meine Damen, ich weiß eure Anteilnahme zu schätzen, aber ...« Er hielt kurz inne. »Die Beziehung zwischen eurer Tante und mir ist nicht eure Sache.«
»Finden wir aber schon.« Patience lächelte ihn unschuldig an.
»Onkel Marcus«, begann Charity geduldig, als spräche sie zu einem Kleinkind. »Eines der Dinge, die wir an dir mögen, ist, dass du uns nicht wie Kinder behandelst.«
»Obwohl ihr welche seid.«
»Das tut jetzt nichts zur Sache.« Charity machte eine abwehrende Geste, die stark an ihre Tante erinnerte. »Zum ersten Mal, seit unsere Eltern, äh, gegangen sind, gehören wir zu jemandem.«
»Tante Gwen hat noch nie irgendwohin gehört«, sagte Patience unverblümt. »Und sie hatte nie eine Familie. Keine richtige jedenfalls.«
»Oder einen Hund«, murmelte Hope.
Charity verschränkte die Arme vor der Brust. »Wenn du noch nie eine Familie gehabt hättest und nie geliebt wurdest, und nun bekommst du plötzlich all diese wunderbaren Dinge: Glaubst du nicht, du hättest Angst, alles könnte genauso schnell wieder vergehen, wie es gekommen ist?«
»Aber ein Hund bleibt immer bei dir«, flüsterte Hope.
»Manchmal, wenn man viel Pech gehabt hat, traut man sich nicht, etwas laut auszusprechen.« Patience baumelte mit den Fersen gegen den Schreibtisch. »Denn man hat Angst, wenn man von seinem Glück oder von seiner Liebe spricht, dann kommen die Schicksalsgöttinnen und nehmen einem alles wieder weg.«
»Ihr drei habt wirklich eine interessante Philosophie«, murmelte Marcus.
Patience grinste. »Vielen Dank.«
»Also.« Charity dachte laut nach. »Vielleicht musst du sie einfach dazu bringen, ihre Gefühle zuzugeben. Besonders dir gegenüber.«
»Und wenn sie es einmal laut ausspricht und nichts passiert, dann wird sie glücklich sein.«
»Wir alle werden viel glücklicher sein, wenn ein Hund im Haus ist«, fügte Hope hinzu. »Die Sache mit dem Hund werde ich mir überlegen. Was das andere Problem betrifft ...« Marcus betrachtete das Trio.
Sie waren sehr reif für ihr Alter. Natürlich hatten sie auch schon viel durchgemacht in ihrem jungen Leben. Man konnte ihren Eltern vielleicht vorwerfen, ihre Kinder auf ihre abenteuerlichen Reisen mitgenommen zu haben, doch war das wirklich schlimmer, als sie Fremden zu überlassen? Sie auf irgendeine Schule zu schicken, wie es Gwen passiert war? Wenigstens fühlten sich diese drei immer geliebt.
Hatten sie Recht, was Gwen betraf? War sie wirklich unglücklich?
Sie war ein bisschen launenhaft, seit die Mädchen zu ihnen gezogen waren. Aber andererseits war sie eine Frau, und musste dies nicht von Frauen erwartet werden? Er hatte immer geglaubt, viel über Frauen zu wissen, doch er hatte in den wenigen Wochen seiner Ehe erfahren müssen, dass die kleinen Flirts oder Affären nicht mit dem alltäglichen Zusammenleben mit einer Frau zu vergleichen waren. Frauen, oder wenigstens Gwen, waren einzigartige und faszinierende Wesen, selbst wenn sie ihre ganz eigene Weltanschauungen hatten. Ja, es gab gar Momente, in denen er Gwen überhaupt nicht folgen konnte und sich Gedanken sowohl über ihre als auch seine Zurechnungsfähigkeit machte.
»Wir scheinen wieder am kritischen Punkt angelangt zu sein«, sagte er bedächtig. »Wenn eure Tante tatsächlich nicht glücklich ist, was kann ich dazu beitragen? Und wenn sie es ist, wie kann ich sie überzeugen, es zuzugeben?«
»Du könntest ihr ein Geschenk machen.« Charity dachte angestrengt nach.
»Madame de Chabot sagt immer, nichts geht über ein schönes Schmuckstück, um die Stimmung einer Dame zu heben. Ich finde, das ist eine großartige Idee.« Patience nickte zustimmend. »Sie erwähnte auch, dass Diamanten besonders wirkungsvoll sind.«
»Das kann ich mir vorstellen«, murmelte Marcus.
»Aber Madame Freneau sagt, ein Geschenk muss nicht teuer sein, wenn es von Herzen kommt.« Charity sah ihn neugierig an. »Was könntest du ihr schenken, das von Herzen kommt?«
Er atmete langsam aus. »Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
»Ein Hund wäre ...« Hope blickte in die Runde. »Ist doch wahr«, murmelte sie.
»Ich glaube nicht, dass Hunde oder Diamanten des Rätsels Lösung sind.« Marcus schüttelte den Kopf. »Aber ich weiß
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