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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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gebrochen ist. Wie majestätisch das ausgesehen haben muss! Ein Meer, das ein anderes überschwemmt … Das Tosen der Wassermassen mus s i m Umkreis von fünfhundert Kilometern hörbar gewesen sein. Dreihundert Tage dauerte es, bis die zwei Meere ihre Wasserspiegel ausgeglichen hatten. Das Schwarze Meer stieg um einhundertfünfzig Meter, aber weil die angrenzenden Ebenen so weitläufig sind, müssen die fruchtbaren Landstriche im Norden sehr langsam überschwemmt worden sein. Tag für Tag sind die Menschen von dem steigenden Wasser weiter ins Landesinnere vertrieben worden. «
    » Was für ein Erlebnis. « Ich schaudere.
    » Und jetzt kommen wir zum letzten Indiz: Archäologische Funde zeigen, dass genau zu dieser Zeit eine hoch entwickelte Ackerbaukultur in Ost-und Zentraleuropa auftauchte. «
    » Die Flüchtlinge vom Schwarzen Meer? «
    » Das wissen wir nicht. Aber es ist wahrscheinlich. Die Sprachwissenschaft stützt diese Annahme. Fast alle indogermanischen Sprachen stammen von einer Ursprache ab, in der von dem Mythos einer schrecklichen Überschwemmung die Rede ist. Die Überlieferungen gingen von Mund zu Mund, bis sie zweitausendfünfhundert Jahre später aufgezeichnet wurden, als die Menschen die Fähigkeit zu schreiben entwickelten. Wir glauben, das könnte der Ausgangspunkt für den Mythos der biblischen Sintflut sein. «
    » Mythos? Ich dachte, es sei euch daran gelegen zu beweisen, dass die Bibel Recht hat. «
    Er schneidet eine unverständliche Grimasse. » Ich sage nicht, dass Gott nicht seine Finger im Spiel hatte. « Dann steht er abrupt auf, die Vorlesung ist vorbei, und wir gehen zurück in die Bibliothek. Auf dem Weg sagt keiner von uns etwas. » Wir reden später weiter «, murmelt er, klopft mir auf die Schulter und geht.
    Ich bleibe unschlüssig stehen, allein und verwirrt über all die mysteriösen Andeutungen.
    6
    ÜBER DEM DACH des Potala flog ein einsamer Drache.
    Klöster haben auf mich schon immer eine ganz besondere Anziehung ausgeübt. Die Stille. Die Kontemplation. Die Zeitlosigkeit. Die lautlose Mystik. Die Nähe zu etwas Größerem, nicht Greifbarem. Aber nichts am Schimmer-Institut gibt mir das Gefühl, mich in einem Kloster zu befinden. Ich denke an den Potala –das sagenumwobene Kloster in Lhasa mit seinen goldenen Dächern und Kuppeln. Eingerahmt von Tibets Gipfeln. » Über dem Dach des Potala flog ein einsamer Drache. « So stimmungsvoll endete das Buch, das mich zum ersten Mal mit dem Leben im Kloster konfrontierte. Die Hippiebibel Das dritte Auge aus dem Jahr 1956 ist eine Autobiografie, geschrieben von dem tibetischen Lama Lobsang Rampa. Eine faszinierende Beschreibung des Lebens in und um ein tibetisches Kloster –ein Dasein, das Studien umfasste, Flüge mit Drachen, Gebete, Philosophie und Astralreisen. Meine Überraschung war mehr als groß, als ich erfuhr, dass Lobsang Rampa alles andere war als ein kleinwüchsiger Mönch in den Gewändern des Ostens, sondern vielmehr ein hoch aufgeschossener Engländer mit Devonshire-Dialekt und einer Leidenschaft für die New-Age-Mystik, lange bevor dieser Begriff geprägt wurde. Er hat nicht nur sich selbst als tibetischen Lama im Körper eines Engländers angesehen, sondern er behauptete, auch Katzen seien wiedergeborene Außerirdische, die uns im Auge behalten. Ist es da ein Wunder, dass ich Katzen nicht ausstehen kann?
    Ich bin offen für Illusionen. Alles, was nicht so ist, wie wir es uns vorstellen. Ich bekomme das Schimmer-Institut nicht richtig zu fassen. Das muss nicht unbedingt etwas bedeuten. Manchmal kommt mir auch mein eigenes Büro in der Altertumssammlung komisch vor. Oder meine Wohnung an einem schrecklich frühen Sonntagmorgen.
    ∗ ∗ ∗
    N ach der Mittagspause schreibe ich lange in mein Tagebuch. Ich mag den kratzenden Laut des Füllers auf dem Papier. Es ist wie Gedanken zu lauschen. Einer meiner Gedanken, der sich jetzt auf das Papier kratzt, ist, dass das Schimmer-Institut ein Hilfsmittel von MacMullin ist. Möglicherweise bin ich paranoid.
    Ich lasse meine Gedanken in einen dunklen, nebligen Wald voller Fragen und Ängste wandern. Wenn das Institut ein jüdisches Fundament hat, liegt es vielleicht in seinem Interesse, den Inhalt des Schreins aufzudecken, um ein für alle Mal klar zu machen, dass sich die Christen geirrt haben. Ist das Institut jedoch christlich, soll der Inhalt des Schreins vielleicht vernichtet werden, um den Glauben zu schützen, die Kirche, die Macht. Der Wald ist etwas zu groß für

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