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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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aber es fühlt sich so an. Ich war in meinem Leben schon in einigen Hotels. Nach einer gewissen Zei t w erden sie austauschbar. So geht es bestimmten Männern wohl mit Frauen.
    Eine Hand voll Frauen haben sich in mich verliebt – aus Neugier, Hingabe und Mitleid, doch allen gemein war, dass sie es nicht besser wussten. Keine ist sonderlich lange bei mir geblieben. Es fällt leicht, mich zu mögen. Nicht ganz so leicht, mich zu lieben.
    Es ist eine bestimmte Sorte Frau, die sich für mich interessiert. Sie sind älter als ich. Sie tragen Namen wie Mariann und Nina, Karine, Vibeke und Charlotte. Sie haben eine gute Ausbildung und sind intelligent. Und sie sind ein bisschen neurotisch. Dozentinnen, Kulturattachés, Bibliothekarinnen, Volkswirtinnen, Krankenschwestern. Man kennt diesen Typ. Sie haben eine Schultertasche, tragen einen Schal und eine Brille und fließen über vor Sorge und Güte für die Verlierer der Gesellschaft. Wie verzaubert fahren sie mit ihren Fingerkuppen über meine kreideweiße Haut, und dann erzählen sie mir, wie die Frauen es mögen. Kurzatmig zeigen sie mir, wie wir vorgehen sollen. Als hätte ich es niemals zuvor getan. Ich lasse sie in diesem Glauben.
    ∗ ∗ ∗
    E ine gute Stunde lang liege ich auf dem Hotelbett und ruhe mich von der Reise aus. Ich habe geduscht. Die Hände über dem Bauch gefaltet, liege ich nackt auf dem glatten, kühlen Bettzeug. Der Lärm von der Bayswater Road und die Hornmusik aus dem Hyde Park verweben sich zu einer fremdartigen Kakophonie, die mich ins Land der Träume entführt. Aber ich schlafe nur ein paar Minuten.
    2
    » CHARLES WHO? «
    » Charles DeWitt! «
    Die halbmondförmige Brille der Empfangsdame ist auf die Nasenspitze gerutscht, und mit einem Blick, den sie aus der dunkelsten Ecke der Gefriertruhe hervorgeholt haben muss, sieht sie mich über die Gläser hinweg an. Sechsmal ist der Name jetzt zwischen uns hin-und hergeschossen. Wir sind beide im Begriff, die Geduld zu verlieren. Sie ist in meinem Alter, sieht aber – zwanzig! – Jahre älter aus. Ihr Pferdeschwanz ist derart straff gebunden, dass ihre Gesichtzüge etwas Verzerrtes haben, so als habe sie mehrere missglückte Schönheitsoperationen bei einem alkoholabhängigen Chirurgen in Chelsea hinter sich. Ihr Kleid ist rot und hauteng. Sie gehört zu den Frauen, bei denen ich mir vorstellen kann, dass sie im Schutze der Nacht sadomasochistische Spielchen treiben.
    » Mr. DeWitt ist nicht anwesend? «, frage ich höflich. Bei Drachen ihres Kalibers helfen nur übertriebene Höflichkeit und Sarkasmus.
    » Ich werde deutlich sprechen, damit – Sie –verstehen. «
    Sie bewegt ihre Lippen, als sei ich taub. » Es –gibt –hier –keinen –Charles –DeWitt. «
    Ich ziehe die Visitenkarte aus der Tasche, die ich bei Grethe gefunden habe. Das Papier ist vergilbt, die Schrift dünn, aber nicht unleserlich.
    Charles DeWitt, steht darauf, London Geographical Association.
    Ich reiche ihr die Visitenkarte. Sie nimmt sie nicht entgegen, sondern starrt desinteressiert auf meine Hand.
    » Kann er hier aufgehört haben? «, frage ich. » Bevor Sie hier angefangen haben? «
    Ich kann ihrem Gesichtsausdruck sofort entnehmen, dass meine Frage eine taktische Katastrophe war. Wie die unumstrittene Herrscherin des Universums sitzt sie hinter ihrem blank polierten Tisch in dem holzvertäfelten Vorzimmer mit Teppichboden, der ruhig einmal wieder gesaugt werden könnte, rechter Hand vor sich ihr Sekretärinnentelefon, links davon die altmodische IBM-Schreibmaschine mit Kugelkopf und direkt vor sich das Farbfoto mit distinguiertem Mann, bezaubernden Kindern und Zwergschnauzer. Dies ist ihr Imperium. Von hier aus regiert sie die Welt, vom Laufburschen bis zum Generaldirektor. Sie Empfangsdame oder Sekretärin zu nennen, wäre eine Ungeheuerlichkeit. Reinste Blasphemie auch nur anzudeuten, dass sie nicht alles über die London Geographical Association wüsste.
    » Das «, sagt sie, » glaube ich nicht. «
    Ich frage mich, wie ihre Stimme wohl klingt, wenn sie sich abends mit ganz bestimmten Absichten an ihren Mann schmiegt.
    » Ich bin jetzt aus Norwegen gekommen, um ihn zu treffen. «
    Sie blickt mich durch eine Schicht aus Eis an. So müssen sie sich gefühlt haben, die armen Menschenopfer, die in den Sekunden vor ihrem Tod in die Augen der Hohepriesterin geblickt haben.
    Ich sehe ein, dass ich diese Schlacht verloren habe, und leihe mir einen Stift von ihrem Schreibtisch. Sie zuckt zusammen. Vermutlich

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