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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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sogleich mit Wonne wieder aufleckt.
    » Denkst du manchmal an ihn? «, frage ich.
    Das ist keine Frage. Es ist eine boshafte Anklage. Ich weiß das. Und sie weiß das auch.
    Der Professor räuspert sich und sagt: » Eine wunderbare Sauce, meine Liebste. Wirklich gut! «
    Sie hört ihn nicht. Sie sieht mich an. » Ja «, sagt sie streng und hat plötzlich etwas Fremdes, Verbissenes, » ich denke an ihn. «
    Mama legt Messer und Gabel auf den Tisch. Sie faltet ihre Serviette zusammen.
    » Ich weiß durchaus, was für ein Tag heute ist «, sagt sie beklommen und fährt dann in ihrem nordnorwegischen Dialekt fort: » Jedes Jahr! Jeden Sommer! Glaub bloß nicht, dass ich das vergessen habe! «
    Sie steht auf und verlässt den Raum.
    Der Professor weiß nicht, ob er ihr folgen oder mich schimpfen soll. Vielleicht beides. Er bleibt kauend sitzen. Betrachtet Mamas leeren Stuhl. Sieht mich an. Ich blicke auf den Teller. Die ganze Zeit über kaut er.
    » Du musst ihn wieder zurückgeben! «, sagt er.
    Ich wende mich dem Hund zu. Etwas in meinem Blick lässt ihn den Kopf heben. Starr. Er winselt. Aus seinem leicht geöffneten Maul sickert Speichel, der einen hässlichen Fleck auf den hellen Teppich macht. Er erhebt sich halbwegs. Dann furzt er und trottet davon.
    8
    ICH BEMERKE DEN roten Range Rover sofort, als ich vor dem Hochhaus parke. Er ist leer.
    Sie müssen mich für dumm halten. Oder für blind.
    Dann sehe ich Roger. Er sitzt rauchend auf dem Kasten mit Streugut vor dem Hauseingang.
    Das Licht aus der Erdgeschosswohnung kommt von der Seite und zeichnet Schatten auf sein Gesicht. Wenn ich Roger nicht kennen würde, hätte ich ihn vermutlich gar nicht bemerkt. In jeder Trabantenstadt wimmelt es von Gestalten wie Roger. Die sich zu Tode langweilen. Mit seinen langen Haaren und dem ungebügelten Metallica-T-Shirt sieht er aus wie einer dieser kriminellen Jugendlichen, die nur darauf warten, einer alten Dame mit Stock die Tasche zu klauen oder dreizehnjährige Mädchen zu verführen. Doch da Roger niemals außerhalb des Hauses herumhängt und es überdies später Abend ist und ein roter Range Rover vor dem Block steht, beunruhigt mich dieser Anblick.
    Als er mich sieht, springt er von dem Streugutkasten. » Haste Gäste? «, fragt er und hält mir die Haustür auf.
    Ich sehe ihn fragend an.
    Er drückt den Knopf des Fahrstuhls. » Da sind Leute in deiner Bude. Die warten wohl auf dich! «
    Wir fahren in den neunten Stock und gehen in Rogers Wohnung. Von dort rufe ich in meiner eigenen Wohnung an. Der Anrufbeantworter ist ausgeschaltet. Jemand nimmt den Hörer ab, sagt aber nichts.
    » Bjørn? «, frage ich.
    » Ja? «, antwortet eine Stimme.
    Ich lege auf.
    Roger sitzt auf dem Sofa und dreht sich eine Zigarette. » Die sind vor ein paar Stunden gekommen. «
    Ich lasse mich auf einen Stuhl fallen. » Danke, dass du auf mich gewartet hast. «
    Mit gelben Fingern dreht er seine Zigarette, wieder und wieder. Er befeuchtet den Leim des Zigarettenpapiers, dreht die Zigarette ein letztes Mal zwischen den Fingerkuppen und zündet sie an.
    » Ich weiß nicht, was ich tun soll «, sage ich.
    » Ruf doch die Bullen an «, schlägt Roger vor und grinst.
    ∗ ∗ ∗
    W ir warten am Fenster, bis der Streifenwagen vom Ringvei abbiegt und auf unser Haus zufährt.
    Roger bleibt in seiner Wohnung, während ich die Polizisten im Treppenhaus auf der zehnten Etage abpasse. Sie sind jung und wirken ernst und entschlossen. Sie sind aus Sunnmøre. Ich gebe ihnen die Schlüssel und bleibe draußen auf dem Flur stehen. Ganz offensichtlich hat die Einsatzzentrale meinen Notruf nicht mit den Ermittlungen gegen mich in Verbindung gebracht. Das wird wohl erst passieren, wenn morgen jemand von der Kripo die Berichte durchblättert.
    Ein paar Minuten später kommen sie aus der Wohnung.
    Es sind drei. Einer ist kräftig mit einem durchdringenden Blick. Mein Freund King Kong.
    Der andere ist irgendein feiner Pinkel mit Anzug und manikürten Fingernägeln.
    Der dritte ist Professor Llyleworth.
    Alle drei bleiben wie angewurzelt stehen und sehen mich an.
    » Die haben da gewartet «, sagt der Polizist. » Im Wohnzimmer. Kennen Sie die? « Er klingt überrascht, etwas vorwurfsvoll, als sei es meine Schuld, dass sie sich in meiner Wohnung aufhielten.
    Ich sehe jeden von ihnen lange an. Dann schüttle ich den Kopf.
    » Es sind Engländer «, sagt der Polizist. Und wartet auf eine Erklärung, die er von mir nicht bekommen wird.
    Professor Llyleworth ’ Augen

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