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Egeland, Tom

Titel: Egeland, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frevel
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Sudan. Was ich nicht verstehe, ist, warum sich ein Brief von Papa in einer Abhandlung befindet, die seit fünfundzwanzig Jahren in Grethe Lid Wøiens Bücherregal gestanden hat.
    ∗ ∗ ∗
    I rgendetwas ist mit der Nacht.
    Für mich ist die Nacht etwas, das ich am liebsten verschlafe und rasch hinter mich bringe. Die Dunkelheit stört alles. Ich fühle mich dann schwächer. Die Trivialitäten des Alltags mahlen in meinem Schädel herum und verlieren alle Proportionen.
    Ich sollte müde sein. Ich sollte erschöpft sein. Stattdessen liege ich mit weit geöffneten Augen da und starre in das Dunkel des Hotelzimmers. Draußen vor dem Fenster rollt ein gleichmäßiger Strom von Autos vorbei. Ein paar Touristen grölen. Ich denke an Grethe und an den Schrein, den ich bei Roger versteckt habe. Ich denke an Professor Llyleworth und Professor Arntzen und Charles DeWitt und Michael MacMullin . Ich denke an Papa. Und an Mama.
    Aber allem voran denke ich an Diane.
    Um halb drei schrecke ich plötzlich aus dem Schlaf auf und schalte die Nachttischlampe an. Schlaftrunken wähle ich Grethes Nummer.
    In einem kleinen Land klingelt in einer kleinen Stadt in einer Wohnung in einem Mietshaus in Frogner ein Telefon ganz für sich allein.
    7
    Es GIBT ANGENEHME ARTEN, geweckt zu werden. Ein Kuss auf die Wange. Vogelgezwitscher. Schuberts Quintett für Streicher in C-Dur. Das Tuckern eines alten Kahns.
    Und es gibt unangenehme. Die meisten. Wie das Klingeln eines Telefons.
    Ich taste nach dem Telefonhörer. » Grethe «, murmle ich.
    Es ist Viertel nach acht. Ich habe verschlafen.
    » Mr. Belto? « , fragt eine Frauenstimme.
    Die Stimme kommt mir bekannt vor, es gelingt mir aber nicht, sie einzuordnen.
    » Ja? «
    Sie zögert. » Ich rufe im Namen der London Geographical Association an. « Die Stimme klingt hart, kalt, abweisend, und gleichzeitig kommt mir das Bild der Furie hinter dem Schreibtisch in den Sinn. Die Sadomaso-Domina hat ihre Lederkluft und die Peitsche zu Hause gelassen, sich wieder hinter ihrem korrektem Sekretärinnenkostüm und dem maschinenartigen Ton verschanzt.
    »Ja?«
    Sie zögert wieder. Dieses Gespräch hätte sie sich lieber erspart. » Es scheint so, als habe es da ein Missverständnis gegeben. «
    » Ach ja? «
    » Sie waren es doch, der nach … Charles DeWitt gefragt hat, nicht wahr? «
    » Ja? « Ein boshaftes Lächeln zeichnet sich auf meinen Lippen ab.
    » I ’ m terribly sorry … «, ihre Stimme klingt so trocken, dass ich jedes einzelne Wort zerpflücken und die Buchstaben zu Staub zermahlen könnte, » … aber es scheint so, als hätten wir tatsächlich einen Charles DeWitt in unseren Reihen. «
    » Was Sie nicht sagen? « Ich spiele den Verblüfften, um die Demütigung noch eine Weile auszukosten.
    Die Art, wie sie Luft holt, verrät mir, dass sie die Lippen zusammengekniffen hat. Ich genieße es.
    » Hatten Sie ihn womöglich vergessen? «, frage ich.
    Sie räuspert sich. Ich verstehe, dass jemand neben ihr steht und das Gespräch mithört.
    » Mr. DeWitt möchte Sie sehr gerne treffen. Er ist zurzeit leider nicht in London, aber wir erwarten ihn heute früh mit der Vormittagsmaschine zurück. Er hat mich gebeten, einen Termin mit Ihnen zu vereinbaren. «
    » Wie schön. Wollen Sie nicht auch dabei sein? Damit Sie ihn kennen lernen können? « Das ist eines meiner Probleme. Manchmal neige ich einfach zu Sarkasmus.
    Sie antwortet nicht. » Wenn Sie sich gegen … «
    » Einen Augenblick! «, unterbreche ich sie. Ich will mich so teuer wie möglich verkaufen. Ich habe niemals geleugnet, dass ich manchmal ein Teufel sein kann. » Mr. DeWitt kann sich bei mir melden, wenn er wieder zurück ist. Ich habe ein volles Programm. «
    » Mr. Belto! Er hat mich inständig darum gebeten … «
    » Sie sind doch sicher so liebenswürdig, ihm die Nummer meines Hotels zu geben. Heute Nachmittag oder heute Abend sollte er mich erreichen können. «
    » Mr. Belto! «
    » Die Rezeption nimmt gerne Nachrichten entgegen. «
    » Aber … «
    » Und grüßen Sie bitte Mr. DeWitt herzlich von mir! Ich freue mich darauf, von ihm zu hören. «
    » Mr. Belto! «
    Kichernd lege ich auf und schwinge die Beine aus dem Bett. Dann nehme ich eine Unterhose aus dem Koffer, Strümpfe und ein frisches Hemd und ziehe mich an, bevor ich Grethe anrufe. Es überrascht mich nicht mehr, dass sie das Gespräch nicht entgegennimmt.
    Ich gehe ins Bad. Mein Urin stinkt nach dem Spargel vom letzten Abend. Das überrascht mich, denn wie ich

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