Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort
etwas passiert.«
»Natürlich, Mr Loeser.«
Vor seiner Tür war noch nichts zu riechen. Erst drinnen gab sich der ganze Horror zu erkennen. »Giftgas, glaube ich«, sagte Loeser, wenn auch nicht mehr völlig überzeugt. »Methylheptincarbonat oder so was.«
Woodkin rümpfte die Nase. »Sie haben wirklich Pech, Sir. Das ist ein Stinktier.«
»Ein Stinktier? Machen Sie sich nicht lächerlich. Stinktiere verspritzen nicht mehr als einen Teelöffel auf einmal. Ein Stinktier müsste so groß wie ein Elefant sein, um so einen Gestank zu produzieren.«
»Nicht unbedingt. Wenn ein Stinktier verendet und der Verwesungsprozess einsetzt, schwillt in den Drüsen manchmal das mikrobielle Gas an und bringt es zum Platzen. Das ist mir bisher nur einmal begegnet, aber den Gestank vergisst man nicht so leicht.«
»Ich mag ja unordentlich sein, aber ich glaube, wenn ein Stinktier in meinem Schrank verendet wäre, hätte ich das bemerkt.«
»In so einem Haus gibt es mehr Hohlräume, als Sie denken. Vielleicht ist es unter den Fußboden gekrochen. Oder in die Wände.«
Loeser fiel sein Gespenst ein. »Oder ins Dach?«, sagte er.
»Richtig, Sir. Ich hatte einmal einen Waschbär, der sich seine Zweitwohnung zwischen meinen Dachsparren eingerichtet hatte.«
»Was kann ich dagegen tun?«
»Ich werde jemanden herschicken. Hoffentlich kommen wir an das verendete Tier heran. Oft kann man die Überreste nicht entfernen, ohne einen Teil des Hauses abzureißen. Bis dahin sollten Sie Schüsseln mit Tomatensaft und Backpulver aufstellen, die den Geruch aufnehmen. Ich fürchte, er könnte sich schon in Ihren Sachen festgesetzt haben.«
Loeser hatte eigentlich gehofft, ein in der Religion der Reinlichkeit so erfahrener Prälat wie Woodkin besäße die Kraft, Gestank schon mit ein paar Beschwörungsformeln auszutreiben. »Das heißt, all meine Kleider riechen jetzt für immer nach fauligem Stinktiergift?«
»Es könnte schlimmer kommen, Mr Loeser. Es gibt einen seltenen Gendefekt namens …«
»Aber ich habe jetzt gar keine Zeit, mich mit so etwas herumzuschlagen! Heute Abend ist Premiere!«
Nicht weit von dort, wo sie gerade standen, befand sich eine auffällige Delle in der Wand, von damals im September, als Loeser ein Englischlexikon durch das Zimmer gepfeffert hatte, nachdem er im Los Angeles Herald gelesen hatte, dass Eric Goatloft, der Regisseur von Narben der Lust , Rupert Rackenhams Roman Der Zauberer von Venedig verfilmen wolle, mit Ruth Hussey als Prinzessin Anne Elisabeth, Tyrone Power als Adriano Lavicini, Charles Coburn als Auguste de Gorge und Gene Lockhart als Ludwig XIV . Als er Berlin verlassen hatte, war Loeser entschlossen gewesen, Der Teleportationsunfall gleich nach seiner Rückkehr auf die Bühne zu bringen; noch sieben Jahre später, sogar nach dem großen Erfolg von Rackenhams Schundroman, gehörte Lavicinis Geschichte seinem Gefühl nach ihm, und unter keinen Umständen wollte er sich auf den letzten Metern des Weges zu deren erster Dramatisierung von Mr Rutsch-nicht-ab-ins-Dunkel schlagen lassen. Also rief er Millikan an und verlangte, A Christmas Carol, das für das Jahr 1940 im Gorge-Auditorium geplante Weihnachtsstück, abzusagen und stattdessen die Welturaufführung seines eigenen Opus magnum auf den Spielplan zu setzen. Millikan erklärte ihm, Studenten und Kollegium des Instituts würden lieber etwas zur Jahreszeit Passendes sehen. Loeser stellte ein Ultimatum, von dem beide wussten, dass es nur schwer durchzusetzen wäre. Die Verhandlungen zogen sich hin, schließlich wurde ein Kompromiss gefunden. In diesem Jahr würde die Schauspieltruppe des California Institute of Technology ein herzerwärmendes historisches Märchen des Autors und Regisseurs Egon Loeser zeigen, mit dem Titel Der Weihnachts-Teleportationsunfall .
Der Kompromiss verärgerte Loeser, aber er überraschte ihn kaum. Schließlich rollten in Pasadena Schlitten auf Rädern durch die Straßen wie Panzer, an den Ecken standen Männer in Santa-Claus-Kostümen Spalier wie Soldaten, und aus den Lautsprechern tönten die Weihnachtslieder wie patriotische Hymnen. Soweit er sehen konnte, war Weihnachten hier so etwas wie Kriegsrecht. Vielleicht musste er sich glücklich schätzen, dass man keine Elfen bei ihm einquartiert hatte.
Mit der ersten Aufführung von Der Weihnachts-Teleportationsunfall malte Loeser – jawohl – den Teufel an die Wand. Im Oktober hatte er das Stück Bailey gegenüber erwähnt, auf dem Weg zu einer Party bei den Muttons,
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