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Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort

Titel: Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beforderung eines Menschen von Ort zu Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beauman Ned
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geladen und plapperte in einem fort davon, dass sie zurück ins Hotel müssten, damit Elisalexa gleich ins Bett gebracht werden könne. Sie verabredeten sich für den Tag darauf im Beau Manchot zum Mittagessen, wo Scramsfield den Norbs einen Vorschlag unterbreiten wollte: Hemingway oder Fitzgerald oder Joyce oder Picasso oder Chanel oder Djagilew einfach nur die Hand zu schütteln, das mochte für die durchschnittliche schnatternde Touristin genügen; was aber, wenn sie ihren Freunden und Verwandten zu Hause in Boston erzählen konnten, sie hätten allen sechsen auf einmal ein elegantes und historisches Souper ausgerichtet? Sie würden ihm nur ein wenig Bares vorstrecken müssen – 5000 Francs, um eine Zahl zu nennen –, für die Lebensmittel, den Wein, die Bediensteten und die Miete des Speisesaals, dann könne Scramsfield für übermorgen alles vorbereiten. Und er werde ganz rechtschaffen sein Bestes geben. Er tat immer rechtschaffen sein Bestes. Er war ja kein Hochstapler oder etwas in der Art. Sollte sich aber zufällig herausstellen, dass die Gäste nicht alle zur Verfügung standen, würde das Souper ausfallen müssen, und sollte er zufällig den alten Fahrschein verlieren, auf dem er sich den Namen des Hotels der Familie Norb notiert hatte, sodass er das Geld nicht zurückzahlen könnte, dann hätte er mehr als genug in der Tasche, um sowohl den Armenier als auch seine Schreibmaschine auszulösen.
    Als sie das Maison d’Or verließen, spürte Scramsfield eine Hand auf seiner Schulter und zuckte zusammen. »Entschuldigung.« Unwillig drehte er sich um – und sah zu seiner Freude, dass er den Urheber dieser Intervention nicht kannte. Vor ihm stand die Sorte Mann, die bei Bedarf eine lockere Haltung annehmen und eine aufmerksame Miene aufsetzen konnte, sobald man ihr aber erlaubte, sich zu entspannen, freudig in ihre normale Konfiguration aus gebeugten Schultern, schiefgelegtem Kopf, verschränkten Armen, durchgestreckten Knien, in Falten gezogener Stirn, zusammengezogenen Augen, gespitzten Lippen, zusammengebissenen Zähnen, geballten Fäusten und verkrampften Zehen zurückfiel; die Sorte Mann, deren Blutdruck so hoch war, dass man sie ohne Taucherglocke auf den Meeresboden schicken konnte. Dieses spezifische Exemplar war ein paar Jahre jünger als Scramsfield, recht dünn und blass, mit Seitenscheitel im dunklen Haar und einem dunkelgrauen Anzug, der ihm gut stand, aber dessen Fäden sich schon selbstständig machten. Der Mann hatte einen deutschen Akzent und war von einer wirren, ungeduldigen Intelligenz, die ein paar Zentimeter links neben ihm in der Luft zu schweben schien.
    »Ja, bitte?«, sagte Scramsfield.
    »Ich weiß, ich hätte nicht lauschen sollen, aber ich habe allein am Nebentisch gespeist und gehört, wie die Frau sagte, dass Sie in Paris jeden kennen. Ist das wahr?«
    Der Knabe hatte vermutlich auch seinen Friseurwitz gehört, und so schnell fiel ihm kein Ersatz ein, also zuckte er einfach nur mit den Schultern.
    »Ich bin auf der Suche nach einem Mädchen namens Adele Hitler. Kennen Sie sie?«
    Scramsfield versuchte sich zu erinnern, ob er den Namen je gehört hatte. Ihm fiel nichts ein. »Aber natürlich kenne ich Adele Hitler. Sie trinkt meistens im Flore. Ich kann Sie hinbringen, wenn Sie wollen.«
    »Ich möchte Ihnen keine Umstände machen.«
    »Ich wollte sowieso dorthin. Sie können mir ja einen ausgeben, wenn wir dort sind.«
    »Mit Vergnügen. Ich heiße Egon Loeser.«
    »Herbert Wolf Scramsfield.« Sie reichten einander die Hände.
    Adele Hitler war nicht im Flore, aber wie bei den Norbs sagte Scramsfield, man werde am besten auf sie warten, also tranken sie beide einen Cognac. Aus einem Grammophon erklang Lucienne Boyer. Das Lokal war noch voller Tagespublikum – so anders als das Nachtpublikum – noch so voller Optimismus, Ausgelassenheit und von jugendfrischem guten Aussehen – noch so unbeschwert von der nostalgischen Sehnsucht nach ihrer fernen und unwiederbringlich verlorenen Jugendzeit von vor vier Stunden.
    »Sind Sie wirklich den ganzen Weg bis nach Paris gekommen, nur um dieses Mädchen zu finden?«
    »Ja«, sagte Loeser.
    »Das muss ja ein ganz schöner Feger sein.«
    »Ja.« Er habe schon vor ein paar Monaten kommen wollen, wie er darlegte, habe aber Schwierigkeiten gehabt, das Geld, das er für die Reise benötigte, aus dem Familienvermögen abzuziehen.
    »Was treiben Sie in Berlin?«
    »Ich bin Bühnenbildner am Theater.«
    »Grandios. Ein Mann, der sich ganz

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