Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)
zuletzt als Folge massiver Meinungsunterschiede innerhalb der Regierung des glücklosen amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter löste jedoch Anfang 1977 ein drastischer Wertverlust des Dollar gegenüber den wichtigsten europäischen Währungen tatsächlich – wie zu erwarten – äußerst kritische Folgen für die Exporte und damit für die gesamte Wirtschaft der betroffenen Länder aus. Zwar hatte die EG schon einige Jahre zuvor einen Plan für eine umfassende Wirtschafts- und Währungsunion vorgelegt. Entstanden war daraus zunächst mit der sogenannten »Währungsschlange« ein System, das dazu dienen sollte, größere Schwankungen der Wechselkurse zwischen den europäischen Währungen zu vermeiden. Doch dieses Vorhaben brach schnell wieder in sich zusammen. Beides zusammen, die »Dollarkrise« und die interne Wirkungslosigkeit der Währungsschlange, gaben schließlich den Ausschlag für den gemeinsamen Entschluss von Schmidt und Giscard, die Schaffung eines europäischen Währungssystems in Angriff zu nehmen. Dabei war das als EMS, European Monetary System, bezeichnete Vorhaben weit entfernt von der späteren Schaffung einer gemeinsamen Währung, des Euro. Die Geburtswehen, unter denen es zustande kam, waren dennoch – wie gesagt – beträchtlich.
Nach einer streng vertraulich gehaltenen Abstimmung zwischen ihren Kanzleien trugen der Bundeskanzler und der Präsident ihren Vorschlag zunächst in großen Zügen ihren im April 1977 zu einer routinemäßigen Konferenz in Kopenhagen versammelten Kollegen vor. Außer Roy Jenkins, dem aus England stammenden Präsidenten der EG-Kommission und alten Befürworter einer Währungsunion, waren keinerlei außenstehende Mitarbeiter, nicht einmal die Außenminister, anwesend. Vorgeschlagen wurde (unter teilweiser Verwendung der in den Mitgliedsländern angesammelten Reservemittel) zunächst die Einrichtung eines gemeinsamen europäischen Währungsfonds. Damit verbunden sollte die feste Absicht sein, als nächsten Schritt über die Einführung einer gemeinsamen Währung zu beraten.
Wie zu erwarten gab es daraufhin sogleich Bedenken von- seiten des englischen Labour-Premierministers James Callaghan. Sie gingen jedoch nicht so weit, sich gegen die Einsetzung einer aus drei Beratern gebildeten Expertengruppe zu sperren, die beauftragt wurde, konkrete Maßnahmen zur Realisierung des vorgetragenen Konzepts zu erarbeiten. Jedenfalls wurden die zuständigen Minister erst im Anschluss an das Zusammentreffen auf höchster Ebene unterrichtet. Das Projekt nahm seinen Lauf – was freilich in keiner Weise heißt, dass dies ohne erhebliche Schwierigkeiten und Reibungen geschah.
Der europäischen Öffentlichkeit wurde das Projekt im Sommer des folgenden Jahres offiziell vorgestellt. Zu seiner Realisierung wurde als Erstes eine Währungseinheit ins Leben gerufen, die für alle wirtschaftlichen Transaktionen zwischen den in den Mitgliedsländern ansässigen Unternehmen gültig sein sollte. Sie bekam sogleich auch einen englischsprachigen Namen: ECU, »European Currency Unit«. Großbritannien freilich hatte sich zu dieser Zeit bereits aus dem Vorhaben verabschiedet. Begründet wurde das vornehmlich mit der Befürchtung, dass die amerikanische Seite das Bestreben einer europäischen Unabhängigkeit vom Dollar als wirtschaftspolitische Kampfansage missverstehen könnte. Dahinter verbarg sich freilich der andauernde und bis heute anhaltende Dissens über den künftigen Charakter der Europäischen Union. Er liegt darin begründet, dass Großbritannien im Grunde genommen die Gemeinschaft von Anbeginn an vor allem auf ihre Funktion als Freihandelszone beschränkt sehen wollte und daher bis heute jegliche ernsthafte Übertragung traditioneller staatlicher Souveränitätsrechte – seien sie finanzieller, militärischer oder außenpolitischer Natur – an die Gemeinschaft ablehnt.
Unabhängig von solchen staatspolitischen Problemen waren freilich auch vielfältige anderweitige Bedenken auszuräumen. Wie üblich kamen sie zumeist von Institutionen, die um eine Beeinträchtigung ihrer gewohnten Macht fürchteten. Angeführt wurden sie von der Deutschen Bundesbank, die auf ihre Stellung als eine von politischen Einflüssen unabhängige Hüterin der Geldwertstabilität bedacht war. Begleitet wurden die sich daraus ergebenden Kontroversen durch einen gehörigen Medienrummel. Schon damals bot er einer großen Zahl von vermeintlichen oder wirklichen Experten aus der Welt der Hochschulen willkommene
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