Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)
und beharrlich ihre Hausaufgaben zu erledigen.
KAPITEL VIII
DAS ENDE DER NATIONALEN ALLEINGÄNGE
Regelmäßig finden überall auf der Erde Veranstaltungen statt, die bedeutsame Probleme der Gegenwart und Zukunft behandeln. Nicht wenige davon zielen darauf ab, die Kasse der Veranstalter zu füllen, indem sie die Eitelkeit der eingeladenen weiblichen oder männlichen Teilnehmer nutzen. Es gibt freilich Ausnahmen. Über lange Zeit zählte dazu das jährlich in Davos stattfindende Treffen international führender Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft. Inzwischen gerät es zunehmend in Gefahr, in die Beliebigkeit des Medienrummels abzugleiten. Den Veranstaltern der sogenannten Münchener Sicherheitskonferenz hingegen ist es bisher erfolgreich gelungen, das weltweit beachtete Zusammentreffen vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren. Es geht dabei um einen breit angelegten Gedankenaustausch über die Möglichkeiten der Friedenssicherung überall dort, wo gegensätzliche Machtinteressen militärische Auseinandersetzungen auslösen könnten (oder wo dies bereits geschehen ist). Umso bedenkenswerter sind die Ergebnisse des Anfang 2012 stattgefundenen Treffens.
Während der gesamten zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (genauer: zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs, also seit 1945, bis zum Ende des Kalten Kriegs, also etwa bis 1990) waren die USA Schutz- und Führungsmacht der westeuropäischen Länder. Das galt sowohl in wirtschaftlicher als auch in militärischer Hinsicht. Spätestens seit dem Amtsantritt von Präsident Barack Obama zu Anfang des Jahres 2009 hat sich dies grundsätzlich geändert. Zwar geht es nicht darum, die traditionelle Bindung an Europa – und schon gar nicht die Wertegrundlagen der westlichen Welt – aufzukündigen. Trotzdem handelt es sich um eine grundlegende strategische Neuausrichtung der amerikanischen Politik. Sie richtet sich auf die künftige Bedeutung des asiatischen Raums mit dem Pazifischen Ozean als Mittelpunkt. Dank der steigenden Eigenversorgung mit Öl und Erdgas gehen die USA dabei davon aus, dass ihre frühere Abhängigkeit von den Erzeugerstaaten im Mittleren Osten künftig deutlich zurückgehen wird. Hinzu kommt die Überzeugung, dass die Europäer, die inzwischen auch im Osten des Kontinents von Unterdrückung befreit sind, ihr künftiges weltpolitisches Schicksal ohne weitere amerikanische Unterstützung selbst in die Hand nehmen müssen. Begleitet wird diese neue Strategie im Übrigen von einer erkennbar ungeduldigen Überheblichkeit gegenüber der vermeintlichen europäischen Zaghaftigkeit – was freilich nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass es zugleich um den taktischen Versuch geht, einen willkommenen Abwehrwall gegen die befürchtete wirtschaftliche Konkurrenz der Europäer aufzuschütten.
Jedenfalls ist seit dieser Münchener Konferenz unmissverständlich klar geworden, dass die USA von den Europäern künftig erwarten, eine weit größere sicherheitspolitische Verantwortung zu übernehmen, als das je zuvor der Fall war. Abgesehen von der befürchteten nuklearen Bewaffnung des Iran, zu deren Verhinderung man sich auch weiterhin unmittelbar aufgerufen fühlt, gilt dies ganz besonders für die Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten und in den nordafrikanischen Ländern.
Jeder, der auch nur ein wenig zu hören und zu verstehen vermag, weiß, was das bedeutet: Europa wird den Anschluss an die wirtschaftliche und politische Entwicklung verlieren, wenn seine Mitgliedsländer meinen, sich einzig und allein auf das Ziel einer finanziellen Stabilität des Euro als ihrer gemeinsamen Währung beschränken zu können. Keinem, auch nicht uns Deutschen, wird es in Zukunft allein auf sich gestellt gelingen, die eigenen politischen Interessen – und dazu zählt nicht zuletzt die eigene Sicherheit – gegenüber den anderen großen Mitspielern im Weltkonzert zu wahren und durchzusetzen. Erreicht werden kann dies nur, wenn wir uns endlich entschließen, unsere Kräfte zu bündeln, also nicht nur in wirtschafts-und sozialpolitischer, sondern auch in sicherheitspolitischer Hinsicht vereint aufzutreten.
Angela Merkel, ich wiederhole es, verdient durchaus Bewunderung dafür, mit welcher Hartnäckigkeit und Beharrlichkeit sie auf finanzpolitische Solidität aller beteiligten Partner gedrungen hat, um den Euro am Leben zu erhalten und damit die Chancen für eine nicht mehr umkehrbare Vereinigung Europas zu wahren. Das Gleiche gilt für die Konsequenzen aus den nun
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