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Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Titel: Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edzard Reuter
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Italien, von Griechenland, Portugal oder Irland ganz zu schweigen) ihre Staatshaushalte von Grund auf saniert hätten.
    Lassen wir dabei ruhig einmal beiseite, zu welchen nahezu wahnwitzigen Verirrungen es führen kann, wenn man sich blindwütig auf vermeintliche Patentrezepte verlässt. Die monatelangen Strafexpeditionen der berüchtigten »Troika« in Griechenland werden womöglich eines Tages als abstoßendes Beispiel dafür in die Geschichte eingehen. Wer alle Ratschläge in den Wind schlägt und unbeirrbar darauf beharrt, dass einzig und allein das Sparen um jeden Preis die griechische Misere heilen könne, muss wissen, dass am Ende der Patient tot sein wird. Keine Volkswirtschaft dieser Erde, mag sie noch so hoffnungslos ruiniert scheinen, wird je zu neuem Leben erweckt werden, indem man einer großen Mehrzahl der einfachen Menschen ihre primitivsten Existenzmöglichkeiten nimmt. Mit anderen Worten: In Wirklichkeit wäre es von vornherein angebracht gewesen, den gewählten griechischen Politikern aktiv – und das heißt auch mit finanzieller Unterstützung – dabei zu helfen, als Erstes ihr Staatswesen als solches zu gesunden und sodann ihre Wirtschaft wieder in Gang zu bringen.
    Doch eine solche Art von Weitsichtigkeit ist offensichtlich nicht nur der deutschen Bundesregierung fremd. Inzwischen hat zwar der neu gewählte französische Präsident ebenso vorsichtig wie unmissverständlich begonnen, die entsprechende politische Linie seines Amtsvorgängers zu korrigieren. Ob er damit vor dem Hintergrund der finanziellen Stabilität des eigenen Landes Erfolg haben wird, muss abgewartet werden. Die Bundesregierung jedenfalls zeichnet sich lieber durch unentschlossene Ratlosigkeit aus. Stattdessen überlässt man das Feld den Stammtischpolitikern aus der Schwesterpartei CSU und den einschlägigen Kommentatoren, die überlegen lächelnd zu wissen vorgeben, dass das Schicksal Griechenlands als Mitglied der Eurozone ohnehin besiegelt sei.
    Ein besseres Beispiel dafür ist jedenfalls kaum denkbar, wie man sich aus populistischer Rücksichtnahme in den eigenen Argumenten verstricken und am Ende in die Falle manövrieren kann. Anstatt offen und überzeugend zu begründen, warum das Zusammenwachsen Europas in unserem ureigenen lebenswichtigen Interesse liegt und wir genau deswegen – sofern sich die Empfänger unter Androhung empfindlicher Sanktionen zu einer streng überwachten Haushaltsdisziplin verpflichten – grundsätzlich bereit sein müssen, weitere Opfer zu schultern, ist der Bundesregierung jedenfalls nichts anderes als der Versuch eingefallen, durch störrisches Aussitzen unsere nationalegoistischen deutschen Vorstellungen durchzusetzen.
    Bei nahezu jeder sich bietenden Gelegenheit hat die Bundeskanzlerin versucht, der deutschen Öffentlichkeit ihre unbeugsame Härte vorzuspielen. So konnten uns die einschlägigen Massenmedien – allen voran die Bild -Zeitung – immer wieder mit dramatischen Appellen davor warnen, den angeblichen Zockerstaaten Griechenland, Spanien, Italien, Portugal oder Irland unser hart verdientes Geld in den Rachen zu werfen. Herausgekommen ist trotzdem regelmäßig genau das, was Deutschland zuvor abgelehnt hatte. Mit einem nicht geringen Schuss Ironie könnte man darin freilich auch das Ergebnis einer bewundernswerten staatsmännischen Leistung sehen: des nahtlosen Zusammenspiels zwischen der deutschen und der damaligen französischen Führung. Erzielt wurde es um einen Preis, der sich noch als äußerst gefährlich für die weitere europäische Vereinigung herausstellen kann: die inzwischen bei vielen fest gefügte Überzeugung, dass sich Deutschland – mit Frankreich als willfährigem Anhängsel – vermittels der Hebelwirkung seiner wirtschaftlichen Stärke die Rolle einer »Führungsmacht« anzumaßen versuche.
    Gewiss wäre treuherzige Blauäugigkeit fehl am Platze, wo es um die Durchsetzung demokratisch legitimierter politischer Überzeugungen und Ziele geht. Besser als am Beispiel der europäischen Schuldenkrise kann jedoch nicht deutlich gemacht werden, wohin es führt, wenn versucht wird, den Wählerinnen und Wählern etwas vorzutäuschen, anstatt ihnen offen zu sagen, worum es wirklich geht – vorausgesetzt, man hat tatsächlich eine Vorstellung davon, wohin die Reise zum Schluss führen soll. Schneller als gedacht sitzt man dann in einer Falle, die man sich selbst gestellt hat: Niemand glaubt einem mehr, dass Vorleistungen zugunsten anderer Länder in Wirklichkeit keine

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