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Ehe auf krummen Beinen

Ehe auf krummen Beinen

Titel: Ehe auf krummen Beinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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verängstigten, filzpantoffeltragenden Haushaltungsvorstand? Woher nehme ich das Recht, Steine zu werfen auf ihn, unseren Daniel, der so unsäglich tief in die Löwengrube geraten ist?»
    Keiner wußte es.
    «Ich will es euch sagen, Brüder. Außen bin ich ein Ehemann. Meinen Finger ziert die goldene Fessel. Meine Uhr weist mir die zubemessene Zeit. Aber im Herzen bin ich einer der euren geblieben. Mein Fleisch ist unterlegen, mein Geist nicht. Eingezwängt in die Fesseln des Ehestandes, blieb er aufrecht und frei. Und wenn wir heute schweren Herzens unserem Dan das letzte Geleit geben, so sind wir in guter Hoffnung - äh - so tun wir das in der Hoffnung, daß er gleich mir im Herzen der alte bleibe. Wir ernennen ihn zum Ehrenjunggesellen auf Lebenszeit, mit der Auflage, jede Woche einmal hier zu erscheinen und sich genauso zu besaufen wie früher.»
    Dan sagte: «Das Protokoll verzeichnet an dieser Stelle: Stürmische Zustimmung.»
    «Richtig. Meine Herren», fuhr Paul mit Würde fort, «ich fordere euch auf, euch zu Ehren des Dahingegangenen von euren Plätzen zu erheben. Daniel, der Junggeselle, ist tot. Es lebe der Ehemann Daniel! Prost, alter Saufsack!»
    Sie wiederholten den Ehrentitel einstimmig und tranken aus.
    Dan war ergriffen. Er blieb stehen und dankte Paul für seine richtungweisenden Worte. Er versicherte, die Ideale des Stammtisches allezeit hochzuhalten und sich des verliehenen Titels würdig zu erweisen. Kein Weib und kein Teufel würden ihn je davon abbringen können. Beim Barte des Propheten.
    Dann gingen wir zum gemütlichen Teil über. Der Krach nahm entsprechend zu. Sie ließen Eva hochleben und alle wohlgeformten Mädchen. Sie redeten durcheinander und schlugen sich auf die Schultern. Eugen schwankte hinter dem Tresen herum wie ein Kapitän auf der Kommandobrücke. Der Musikautomat dudelte ununterbrochen das Lieblingslied aus New Orleans, das sie so oft schon gespielt hatten. Ralf und ich saßen auf zwei Barstühlen und blinzelten mit tränenden Augen durch den Dunst. Als anhand von
    Nachrichten und Nationalhymnen aus dem Radio herauskam, daß es Mitternacht geschlagen hatte, wurde eine Runde zu einem Verachtungsschluck auf alle Frauen eingefüllt.
    «Dan, du armer Knochen», sagte Otmar mit holpriger Zunge und mit Schaumflocken am Bart. «M-mein Mitgefühl ist dir gewiß. Ganz — ganz gewiß. Ein gewisses Mitgefühl. Gewiß ist es dir. Die Ehe wird dich zerrütten. Zerrütten wird sie dich. Wird sie. Zerrütten. Rütten.»
    Er schmierte sich neuen Schaum an den Bart.
    «Abschaffen!» krähte Paul. «Abschaffen! Revolution! Aufstand! Weiber hinweg!»
    «Jawohl!» schrie Eugen hinter dem Tresen. «Abschaffen!»
    Er stieg auf einen Stuhl, schwankte, mußte sich am Bierhahn festhalten. In diesem Augenblick geriet der Bartisch ins Wanken.
    Alle sahen es, keiner tat etwas dagegen. Nur Eugen wollte seine fallende Erwerbsquelle aufhalten. Vergebens. Die Theke nahm ihn mit nach vorn. Ich rettete mich mit einem gewaltigen Sprung von meinem Barhocker. Paul, Dan und Otmar schafften den Rückzug nicht mehr. Der Tresen und Eugen stürzten über sie. Mit einer Hand versuchte Eugen am hinteren Flaschenregal Halt zu gewinnen. Auch diese Maßnahme versagte. Das Regal kam auch noch mit. Ich schloß die Augen.
    Es donnerte, wie wenn ein Schiff auf einen Felsen auffährt. Scherben flogen mir um die Ohren. Ein Ei klatschte vor Ralfs Nase. Er fraß es sofort. Als ich die Augen öffneté, sah ich das komischste Bild, das ich je gesehen hatte.
    Die würdigen Herren lagen am Boden, nebeneinander, als wären sie gerade erschossen worden. Auf ihnen lag der Bartresen. Auf dem Tresen und unter dem umgestürzten Flaschenregal lag Eugen. Er sah aus wie ein Stangenkäse zwischen zwei Brotscheiben. Rotwein rieselte über sein Hemd und sein Haupt. Er machte Schwimmbewegungen mit Armen und Beinen.
    «Rette mich, wer kann!» rief er.
    Wir fanden das ungeheuer lustig. Ralf hopste seinem Herrchen auf die Brust und leckte ihm das Bier vom Gesicht. Ich tat das gleiche bei Dan. Sie schimpften aus vollem Halse, aber sie konnten die Arme nicht bewegen und uns verscheuchen. Otmar rührte sich nicht mehr. Er war eingeschlafen.
    Vermutlich wären sie bis zum Morgen so liegengeblieben. Keiner hatte die Kraft aufzustehen. Aber plötzlich öffnete sich die Tür.
    Eine tiefe Stimme fragte: «Trinken Sie immer in dieser Haltung?»
    Es waren zwei Polizisten vom Revier, die uns schon oft die Polizeistunde verkündet hatten. Ralf und ich

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