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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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sie in der Buchhandlung auf dieses Buch gestoßen war, hatte sie einfach zulangen müssen. Schließlich durfte sie nichts dem Zufall überlassen. Ihr Fruchtbarkeitskalender – seit ihrem Entschluss notierte sie wieder allmorgendlich ihre Temperatur – hatte bereits einen Eisprung verzeichnet. Der nächste war aller Erfahrung nach in zweieinhalb Wochen zu erwarten, bis dahin musste sie bei PfarrerHoffmann einen entscheidenenden Fortschritt erzielt haben.
    Vielleicht mit gefüllten Tauben? Carola studierte das Rezept mit gerunzelter Stirn. Sie zweifelte daran, dass Metzger Güntershoff Tauben vorrätig hatte. Außerdem – was würde Pfarrer Hoffmann denken, wenn er an einem gewöhnlichen Dienstagmittag in der Küche seiner Gemeindehelferin gefüllte Täubchen serviert bekäme? Carola entschloss sich für eine vergleichsweise schlichte Brühe mit Reis, Curry, Sherry, Kreuzkümmel und Tabasco. Das einzig Ungewöhnliche darin waren die Korinthen, die gleich esslöffelweise dazugegeben werden sollten. Vielleicht würde Pfarrer Hoffmann sie in Kombination mit der würzigen Suppe nicht mögen, aber sicher wäre er zu höflich, um sie abzulehnen. Der anschließende Gang, Coq au Vin, würde ihn auf jeden Fall versöhnen. Es war zwar ein überaus aufwendiges Gericht, aber sie könnte behaupten, es für Besuch am Abend bereits vorbereitet zu haben, und gerade vor einer Stunde habe eben jener Besuch bedauerlicherweise abgesagt … Beides, die Brühe und das Hähnchen, waren laut Buch äußerst anregende Speisen, dazu gedacht, »abgeschlaffte Liebende neu zu beleben«. Carolas Stimmung hob sich. Jetzt fehlte nur noch der Nachtisch.

    Pfarrer Hoffmann hatte die Korinthen einzeln aus seiner Suppe gefischt und an den Tellerrand gelegt. Genauso war er mit den Steinpilzen im Coq au Vin verfahren. Und jetzt nahm er mit spitzen Fingern die Maraschinokirschenaus dem Pfirsich-Dessert und legte sie auf dem Tellerrand wieder ab.
    Carola sah es voller Unbehagen. Wenn der Mann die Hälfte aller Zutaten nicht mitaß, wie sollte dann die aphrodisierende Wirkung eintreten? Bis jetzt war davon jedenfalls noch nichts zu merken, und das, obwohl sie sozusagen selber ein lebendes Aphrodisiakum darstellte. Sie trug einen hochgeschlossenen cremefarbenen Body, der ein wenig durchsichtig war und sich wie eine zweite Haut an ihren Oberkörper schmiegte. Sie wusste, dass man ihre Nippel sehen konnte, sie hatte mehrmals ihre Hand auf die Brust gelegt, um Pfarrer Hoffmanns Blicke dorthin zu lenken. Außerdem hatte sie es nicht versäumt, lasziv mit den Fingern durch ihr offenes, glänzend gebürstetes Haar zu fahren, häufig zu lächeln und mit gesenkter, erotischer Stimme zu sprechen. Vergeblich.
    Vielleicht war sie einfach auf dem falschen Weg.
    »Was ist eigentlich Ihre Lieblingsspeise?«, erkundigte sie sich und versuchte, Pfarrer Hoffmann über dem Dessertlöffel tief in die Augen zu schauen.
    »Reibekuchen mit Apfelmus.« Pfarrer Hoffmann lachte. »Nichts gegen diesen exquisiten Imbiss – aber mein Geschmack ist doch etwas gutbürgerlicher.«
    Die Reissuppe, der Coq au Vin und das Pfirsich-Maraschino-Dessert, deren Zubereitung den ganzen Vormittag gekostet hatten, als »Imbiss« bezeichnen zu lassen, ging Carola dann doch zu weit.
    »Na ja, ich koche gerne mal etwas Aufwendigeres und Exotisches, schließlich will man ja nicht immer nur essen wie bei Muttern, oder?«, sagte sie etwas spitz.
    »Oh, ich hätte nichts dagegen. Meine Mutter ist einewunderbare Köchin«, erwiderte Pfarrer Hoffmann. »Wenn Sie möchten, dann frage ich sie nach ihrem Rezept für Reibekuchen.«
    »Nein, danke«, sagte Carola kühl. Sollte er am Ende eines dieser Muttersöhnchen sein, die nur aßen, was Mutti auf den Tisch brachte? Sie konnte Menschen nicht ausstehen, die nach dem Motto lebten: »Was der Bauer nicht kennt, das frisst er auch nicht.« Beinahe hätte sie laut geseufzt. Es lief einfach nicht so, wie es laufen sollte. Wie hatte sie nur denken können, es wäre einfach, einen Mann zu verführen, zumal sie überhaupt keine Übung darin hatte. In den vergangenen fünfzehn Jahren war es ihr so gut wie nie gelungen, ihren eigenen Ehemann zu verführen, und zwar deshalb, weil er ihr immer zuvorgekommen war. In der letzten Zeit allerdings hatte er keine Annäherungsversuche mehr gestartet.
    Pfarrer Hoffmann schien ihre Verstimmung nicht zu merken.
    »Heute wollte ich spezielle Sorgenfälle in der Gemeinde ansprechen«, sagte er, während er sich mit seiner Serviette den

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