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Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman

Titel: Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Mund abtupfte. »Wie die Familie Quirrenberg.«
    »Ja, Georg hat es wirklich schwer. Aber er kommt mit seiner Krankheit auf bewundernswerte Weise klar.«
    »Weil er alles auf den schmalen Schultern seiner kleinen Frau abladen kann«, sagte Pfarrer Hoffmann.
    Carola schaute ihn überrascht an. Sie fand nicht, dass Irmi schmale Schultern hatte, und klein war sie auch nicht.
    »Ich finde, in einem solchen Fall sollten wir regulierend eingreifen«, fuhr Pfarrer Hoffmann fort. »Es kannnicht angehen, dass die arme Irmela die ganze Last allein trägt. Eine so zarte Frau kann leicht an solch einer Belastung zerbrechen.«
    »Es ist sicher nicht einfach zu erleben, wie der Ehemann leidet«, gab Carola zu und fragte sich, wie man die grobknochige Irmi als »zart« bezeichnen konnte. »Aber man sollte nicht vergessen, dass Georg derjenige ist, der mit den Schmerzen kämpft, der nach und nach sein Augenlicht und den letzten Rest Mobilität verliert und der sich mit dem Sterben auseinandersetzen muss. Irmi hingegen ist kerngesund.«
    »Vielleicht vergessen Sie, dass nicht jede Frau so stark, so nüchtern und so pragmatisch ist wie Sie, liebe Carola«, sagte der Pfarrer, ziemlich kühl, wie Carola fand. »Dem Kranken gelten selbstverständlich meine Gebete und mein Mitleid. Er scheint aber die Opfer, die seine Frau bringt, nicht unbedingt nur mit Dankbarkeit und Liebe zu entlohnen.«
    »Das wäre ja wohl in Anbetracht seiner Situation auch ein bisschen viel verlangt«, erwiderte Carola gereizt. »Schließlich ist er kein Heiliger. Er hat Angst, er hat Schmerzen, und er muss sich mit Einschränkungen abfinden, die niemand freiwillig auf sich nehmen würde.«
    »Sicher«, sagte Pfarrer Hoffmann. »Aber auch wenn er kein Heiliger ist und unter seiner Situation leidet, darf er seine wehrlose Frau nicht tyrannisieren und quälen.«
    »Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er das tut!«
    »Ich weiß , dass er’s tut«, sagte Pfarrer Hoffmann. »Die Frage ist nur, wie wir Irmela helfen können.«
    Carola kaute missmutig auf ihrer Maraschinokirsche und gestand sich ein, versagt zu haben. Weder dasaphrodisierende Mahl noch ihre anderen Bemühungen hatten irgendeine Wirkung gezeigt. Sie musste die Sache anders anfangen.

    »Was für ein Festessen«, sagte Martin, während er sich über die üppigen Reste des Coq au Vin hermachte. Auch von der Suppe war noch einiges übriggeblieben. Es wäre eine Schande gewesen, es verkommen zu lassen, also hatte Carola es Martin aufgetischt, zusammen mit der halbherzigen Lüge, sie habe einen solchen Hunger gehabt, dass sie mit dem Essen nicht auf ihn hätte warten können.
    »Kommt mir vor wie eine Henkersmahlzeit«, sagte Martin mit einem schiefen Lächeln. »Ein gutes Essen zu einer schlechten Nachricht: Ab Ende des Monats sind wir vom Dienst freigestellt. Die machen die Abteilung einfach dicht.«
    »Heißt das, dann bist du arbeitslos und den ganzen Tag zu Hause?«, sagte Carola entsetzt und dachte an ihren nächsten Eisprung.
    »Der Betriebsrat hat gesagt, das mit der Abfindung können wir vergessen«, sagte Martin düster nickend. »Der Meller meint, die Geschäftsleitung hat den Betriebsrat gekauft, damit sie sich nicht mehr für uns einsetzen. Der Meller war auch schon beim Arbeitsamt. Die sagen, es sieht schlecht aus für Spezialisten wie uns. Zumal wir nicht mehr fünfundzwanzig sind.«
    »Hm«, machte Carola nur.
    »Wie war dein Tag?«, erkundigte sich Martin, als ein paar Minuten schweigend vergangen waren.
    »Gut. Pfarrer Hoffmann war zur Dienstbesprechung hier.« Ich wollte mit ihm schlafen, aber er hat nur über mein Essen gemeckert und über Irmi geredet, setzte Carola in Gedanken aufgebracht hinzu. »Stell dir mal vor, Irmi hat sich bei ihm beschwert, Georg würde sie tyrannisieren.«
    »Das tut er ja auch«, sagte Martin. »Er ist ein richtiger Widerling.«
    »Er ist krank «, sagte Carola scharf. »Das kann einem schon manchmal die gute Laune verhageln.«
    »Er war schon vorher widerlich. Weißt du, dass die arme Irmi beinahe jeden Abend das Essen auf den Kompost werfen muss, weil er was daran auszusetzen hat?«
    »Vielleicht sollte sie mal einen Kochkurs besuchen.«
    »Blödsinn, mit dem Essen ist alles in Ordnung. Nur bei Georg stimmt was nicht!«
    »Du bist ungerecht! Bevor er krank wurde, war er der charismatischste Mann hier in Jahnsberg. Immer gut drauf, immer Sieger bei den Tennisturnieren, weißt du noch? Ich konnte nie verstehen, wieso er ausgerechnet die unscheinbare Irmi

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