Ehebrecher und andere Unschuldslaemmer - Roman
»Restefresser. Sondermüll. Was wolltest du in unserer Garage? Unser Auto knacken?«
Gilbert schaufelte das Grab zu. »Jetzt werd bloß nicht wieder hysterisch, ja?«
Hysterisch? Ich? »Du bist bestimmt wegen der Zigaretten gekommen, stimmt’s?« Ich war ihm so dankbar, dass er genau im richtigen Augenblick erschienen und die Katze begraben hatte, dass ich nicht wieder so kratzbürstig sein wollte wie bei unserem letzten Zusammentreffen. Obwohl die Vorstellung, dass er unbemerkt um unser Haus schlich, unheimlich war. »Ich hatte vor, meinem Onkel ein paar Schachteln zusammen mit Papas Golfausrüstung zu verkaufen. Wegen der Zigaretten ist er nämlich überzeugt, ein gutes Geschäft zu machen. Ich habe gesagt, ich hätte sie aus dem Duty-free-Shop, als ich die Peseten vom letzten Spanienurlaub auf den Kopf hauen wollte.«
Gilbert warf mir einen anerkennenden Blick zu. »Sieh an, du hast ja das Talent, Hehlerware unters Volk zu bringen. Von mir aus kannst du damit weitermachen. Du bekommst fünfzig Prozent Provision.«
»Tante Patti raucht Camel light und Tante Ella Lucky Strike«, überlegte ich. »Aber mache ich mich da nicht strafbar?«
Gilbert klopfte die Erde auf dem kleinen Grabhügel fest. »Natürlich!«
»Dann lieber nicht.« Ich hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, mir die Zähne zu putzen, um den Geschmack des Erbrochenen loszuwerden. »Hast du denn mittlerweile eine Wohnung?«
»Sagen wir mal so: Ich habe alles organisiert, was ich für eine angenehme Überwinterung benötige«, antwortete Gilbert.
Es klang, als bereite er sich auf einen Winter unter den Brücken vor. Der Ärmste.
»Willst du’s sehen?«, fragte er und streckte mir seine Hand hin. »Es ist noch nicht ganz fertig, aber es wird gut.«
»Ähm – wie …? Wo …?«, stotterte ich, während Gilbert mich wieder an der Hand nahm und mit sich zog. Vor Opas Schuppen blieben wir stehen. Ich sah, dass die Regale samt Inhalt vor die Tür geschoben worden waren. Jemand – Gilbert, wer sonst? – hatte alles fein säuberlich an der fensterlosen Wand aufgestapelt, die vollständig vom Knöterich befreit worden war. Auch Opas Potting bench stand draußen, davor einer unserer alten Gartenstühle.
»Nachmittags, wenn die Sonne scheint, nehme ich hier meinen Kakao«, erklärte Gilbert. »Ich habe das Dach neu gedeckt. Bei Gelegenheit werde ich auch alles neu streichen. Willst du es mal von innen sehen?«
»Aber …«, sagte ich verblüfft.
»Es ist gar nicht mal so klein, wie es von außen aussieht. Was fehlt, sind natürlich die sanitären Anlagen.« Gilbert öffnete die Tür. »Aber ich habe da schon eines dieser Baustellenklos im Auge. Sie sind zwar nicht gerade schön, aber wenn es erst mal mit Knöterich bewachsen ist, fällt es kaum auf. Warm duschen kann ich ein paarmal in der Woche im Hallenbad, da haben sie auch eine schöne Sauna.« Er packte mich bei den Schultern und schob mich über die Schwelle. Es war verblüffend, wie sich Opas Schuppen verändert hatte. Vor demFenster stand eine richtige Küchenzeile mit Kochstelle, Kühlschrank und Spüle, obenauf Toaster, Kaffeemaschine, eine Schale mit Obst. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Schlafsofa, schräg davor ein Fernseher. Auf dem Sofa, auf einer Decke mit Indianermuster, lag unser Kater, behaglich zusammengerollt. Es war angenehm warm, in einer Ecke neben einem Tisch voller bunter Zeichnungen sah ich einen Heizlüfter stehen.
»Es fehlen natürlich noch diverse Regale«, sagte Gilbert. »Meine Bücher habe ich alle meinem Zimmergenossen im Bau überlassen, aber irgendwann werde ich wieder eigene haben. Mir fehlen vor allem die Gedichte, ein paar Bilder und ein Teppich. Aber es ist schon ziemlich gemütlich, findest du nicht? Vor allem seit es nicht mehr durchs Dach regnet.«
Mir schossen einhundert Fragen durch den Kopf, ich stellte die erstbeste: »Wo bekommst du den Strom her?«
»Von den Hagens, genau wie das Wasser«, antwortete Gilbert. »Sie haben hinten im Garten eine ungenutzte Doppelsteckdose.«
»Sie werden über dein Kabel stolpern, ihm folgen und dich finden«, sagte ich. »Und glaub mir, die rufen ganz sicher die Polizei!«
»Ich bin doch nicht blöd, ich habe das Kabel vergraben«, sagte Gilbert. »Man sieht es gar nicht! Aber das ist natürlich nur eine provisorische Lösung, ich werde Hagens Leitungen richtig anzapfen. Ich möchte auch ihr Kabelfernsehen mitbenutzen. Und natürlich das Wasser, das Hin- und Herschleppen ist bis jetzt noch eine
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