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Ehemänner

Ehemänner

Titel: Ehemänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angeles Mastretta
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    Damals herrschten andere Zeiten, als Paz Gutiérrez, eine Frau, deren Name Frieden bedeutet und ihr eine ständige Mahnung war, aus sicherer Quelle erfuhr, denn in den kleinen Dörfern sind die Quellen immer sicher, ein Sohn ihres Gatten sei am Abend zuvor verwaist.
    Felipe, ihr Gatte, war ein Mann weniger Worte, der seit jeher ein wenig zur Taubheit neigte und deshalb schreiend zu sprechen pflegte. Seine kräftige Statur war gepaart mit Flinkheit, und das Geschick, das er bei der Arbeit bewies, stand der Herablassung, mit der er andere zur Geschäftigkeit antrieb, in nichts nach. Sein Vermögen war beträchtlich wie die grünen Ländereien der Hazienda, auf der er mit seiner Frau und seinen Kindern lebte. Ein Anwesen, das von der Grenze des nahe gelegenen Dorfes bis zu seinem Haus und weiter bis zum Eingang ins nächste Dorf an die tausend Hektar umfasste. Alles gehörte ihm unter dem endlosen Himmel, wie auch alles um ihn herum ihm zu gehören schien, wo immer er sich gerade aufhielt. So viele Pferde, Kühe, Orangenhaine und Viehgehege gab es auf seiner Finca, dass selbst er, der über die physischen Kräfte eines Ackergauls verfügte, Wochen brauchte, um nur einmal überall die Runde zu machen. Sogar ein Fluss zog durch seine Hazienda. Ein Fluss, der in der Regenzeit im Nu so gewaltig anschwoll, dass er diese kleine Welt über Nacht in zwei Teile schneiden konnte und alle, die sich gerade auf der einen Seite befanden, zu Gefangenen derer machte, die sich im anderen Teil aufhielten, so lange, bis die heftigen Regengüsse allmählich nachließen und das Wasser für die nächste Zeit wieder in ruhigen Bahnen floss. Man überquerte den Fluss ganz gemächlich auf langen Fährbooten und unter einer aufgehenden Sonne, die in dieser Gegend heftig brennt. Die Rückkehr der Boote überließ man danach dem Gutdünken der Strömung und deren Willkür.
    Genau gegenüber, auf der anderen Seite des Flusses, war, wie Paz eines Abends im Mai erfuhr, eine Frau gestorben, deren Sohn, Kind eines stürmischen Wolkenbruchs, nicht steter Bewässerung, Don Felipe in einer ebenjener Nächte gezeugt hatte, in denen das Wasser nicht mehr rechtzeitig gesunken war, um ihn ans andere Ufer, wo Paz und ihre Kinder schliefen, zurückzubringen. Doch wer weiß schon, wie viele Male der Mann nicht heimkam, obwohl das Wasser längst gewichen war. Wie dem auch sei, genug waren es. Irgendwann kam ein Kind zur Welt, das niemand je erwähnte, das nicht existierte, das Kind einer Mutter, die arm war wie ein Engel in der Hölle, und dessen Name nicht einmal sein Vater kannte, denn der wollte ihn ohnehin nie nennen.
    Felipe vergaß bald, dass es den Jungen gab; derlei Dinge waren es gar nicht wert, sie sich zu merken. Und wenn jemand den Vorfall nicht vergessen hatte, wäre es demjenigen doch niemals eingefallen, etwas zu erwähnen, was Don Felipe, wie ihn alle einschließlich Paz nannten, hätte erzürnen können. Die distanzierte Anrede hatte Paz im Übrigen nicht daran gehindert, ihren Mann lieben zu lernen, denn ihr gegenüber brachte er, vor allem am Anfang, eine so starke Zärtlichkeit auf, dass es unmöglich war, sie nicht als Entschädigung für alles Übel zu empfinden. Einschließlich seines schlechten Charakters. Denn mit diesem Mann auszukommen, dessen Jähzorn selbst die Wackersten fürchteten, war nicht leicht. Allein Paz fürchtete ihn nicht, denn sie kannte nur zu gut ihre Stärken und verstand es wie niemand sonst, von Zeit zu Zeit über den ewigen Kampf zu triumphieren, in dem ihr Ehegatte lebte.
    Die halbe Welt fürchtete sich vor ihm, doch Ausnahmen gibt es immer, jemanden, für den Barmherzigkeit mehr zählt als Furcht. So kam es, dass eine Nachbarin zwei Tage, nachdem sie den seit dem Tod der Mutter verlassenen Jungen gesehen hatte, es wagte, den Fluss zu überqueren, um Paz die ganze Geschichte zu erzählen. Die hielt sich gar nicht mit Einzelheiten auf. Sie nahm einfach das morgendliche Fährboot und begab sich auf die Suche nach dem Brüderchen ihrer Kinder. Frühmorgens war Paz wunderhübsch anzusehen. Die geflochtenen Haare trug sie zum kunstvollen Knoten geschlungen; ihre Augen waren von einem sanften Blau, und in ihrem Herzen regierte ihr Name.
    Als sie mit ihrer Ladung Harmonie und Eintracht, die rundlichen Arme in die Hüfte gestemmt, ans andere Ufer gelangte, war der kleine Ort bereits im Bilde über alles, was man so lange totgeschwiegen hatte. Die Dorfbewohner hatten sich versammelt und erwarteten sie

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