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Ehemänner

Ehemänner

Titel: Ehemänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angeles Mastretta
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hatte. Sogar ihrem langjährigen Freund verzieh sie inzwischen, dass er sie verlassen hatte, um mit einer zu schlafen, die weniger kompliziert war als sie.
    Schon seit geraumer Zeit behandelte sie die Vorsehung wie eine launische Irre. Sie hatte schon zu viel verlangt, und doch wollte sie immer noch mehr. Sie, die, wie andere sagen würden, besser den Mund halten und einen kühlen Kopf bewahren sollte, hegte an dem Abend keineswegs die Absicht, sich zu zügeln. Sie wollte sich auch weiterhin morgens von Schubertklängen zu Tränen rühren lassen oder bei einem Lied bis zur Besinnungslosigkeit erschaudern.
    Warum war sie nur so verrückt, wo sie manchmal doch ausgesprochen vernünftig wirken konnte? Woher kam diese Frau, die miserabel Auto fuhr, sich mitten auf der Straße von der Ampel ablenken ließ und auf dem Lenkrad die Bongo trommelte, mit der die spanische Gruppe den Text von Armando Manzanero begleitet: Ich werde warten, bis du mir folgst, wohin ich dich führ, / du mir dein Leben geben willst, so wie ich meins dir.
    Warten. Mit zwanzig Jahren war sie in die Irre gegangen. Worauf wartete sie jetzt noch? Sie hatte doch längst genug. Auch wenn das nicht der Grund war, warum sie so miserabel fuhr.
    Sie fuhr grundsätzlich miserabel, nur war sie nicht immer so berührt von einem Song, der den ganzen Innenraum mit einer Wahrheit erfüllte, für die es keine Lösung gab: Ewig mein, und solltest du auch anderer Wege gehen / und das Glück uns niemals mehr zur Seite stehen.
    Vor dem Schlafengehen nahm sie noch eine viertel Tablette Lexotan mit einer Tasse Lindenblütentee und etwas Milch. Die ewige Droge, damals, jetzt und immer. Ihre Kinder befanden sich auf einer dieser Partys, die erst im Morgengrauen enden.
    Sie legte sich ins Bett, schlug ein Buch auf und lauschte der Stille, die sie umgab. Valeria nannte diesen Augenblick die blaue Stunde. Beim Gedanken an sie spürte Elena ihren bohrenden Blick im Nacken.
    Am Nachmittag hatte sie wieder einmal ihre These hervorgekramt, dass jedes Spiel einmal ein Ende nehme und die Spieler sich irgendwann unter die Dusche zurückzögen. Elena würde nicht auf sie hören.
    Für eine Weile ließ sie den Blick über die Zeilen gleiten, bis er sich verlor.
    Sie konnte sich ihren Tod durchaus als etwas fast Greifbares vorstellen. Doch vor ihrem neunzigsten Geburtstag wollte sie auf gar keinen Fall ihr Leben aushauchen, und dass ihr ja niemand etwas anderes einredete! Schon so stimmte sie der Gedanke traurig, dass bereits mehr als die Hälfte ihrer erhofften Lebenszeit hinter ihr lag, dass sie bald zu den knapp zwanzig Prozent der Mexikaner über fünfzig gehörte, also nicht mehr jung war, und sowohl ihre Kinder und deren Freunde als auch die Fans ihrer Filme sie entsprechend ansahen, da mochte sie sich noch so jugendlich geben. Ganz zu schweigen von der Schar junger Angestellter ihrer Firma für Kommunikation und Medien, die sie an einem x-beliebigen Tag in Partnerschaft mit dem Mann gegründet hatte, der für seine Schusseligkeit und seinen unbedingten Überlebenswillen in der Branche bekannt war: mit ihrem Exfreund.
    Ein Unternehmen, das im Wesentlichen durch die Produktion von extravaganten Veranstaltungen expandiert war. Mit nahezu ihrem gesamten Kapital, den Einnahmen aus ihrem ersten Film, den sie nach eigenem Drehbuch selbst produziert hatte, als Glücksbringer ein vierblättriges Kleeblatt und eine wie immer unmögliche Liebe, war sie in das Unternehmen eingestiegen.
    Nach dem überraschenden Erfolg hatte sie mit einem Stab von Mitarbeitern, die über ihren Triumph ebenso verblüfft gewesen waren wie sie selbst, die Telenovelas revolutioniert, indem sie Kommentare zu aktuellen Nachrichten und ungeheuerlichen, wenn auch nicht unwahrscheinlichen politischen Missständen eingestreut hatte. Damit hatten sie so viel Geld verdient, wie es sich keiner von ihnen je hätte träumen lassen, und immer noch dachten sie sich, halb belustigt, halb erschrocken, alle Arten von Geschichten, Werbespots und Skripts für Film und Fernsehen aus. Egal, was man ihnen anbot oder in Auftrag gab.
    Ihr Leben gefiel ihr, aber wie jeder wollte sie mehr. Sie klappte das Buch zu und löschte das Licht, um in ihrer Erinnerung nach einer Spur von Claudio zu suchen.
    »Wieso habe ich das damals nicht bemerkt?«, fragte sie sich beim Aufwachen, immer noch todmüde, aber von ihrer Neugier angestachelt. Dann griff sie zum Telefon.

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