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Eheroman (German Edition)

Eheroman (German Edition)

Titel: Eheroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Seddig
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unwesentliche, nicht unpassende Ergänzung zu dem Berg von Mann. Er steht hinter der Bar wie ein Fels, in einem schwarzen Hemd, er hat dunkles, nach hinten gekämmtes Haar und ein großes Gesicht mit traurigen indianischen Augen.
    Beate rechtfertigt sich nicht. Es gibt auch nichts zu rechtfertigen, nicht gegenüber Ava. Freds Frau arbeitet in der Sparkasse Lüneburg am Schalter, sie ist eine nette kleine Frau, und sie liebt ihn. Sie musste sich wegen gefährlicher Zysten die Eierstöcke entfernen lassen, obwohl sie so gern Kinder gehabt hätte. Aber sie ist eine, die nicht viel klagt. Alles weiß Beate über die Frau von Fred. Sie hat selbst schon Überweisungen bei der Frau abgegeben und sie sich dabei genau angesehen.
    «Ganz nett ist die», sagt Beate und zieht den Rock zum hundertsten Mal runter, obwohl er nicht einen Millimeter runterzuziehen geht. «Wirklich eine nette Frau, sieht auch ganz hübsch aus.»
    «Und wo ist das Problem?»
    «Welches Problem denn?»
    «Es wird doch ein Problem geben, wenn er mit dir rummacht?»
    Sie flüstern, denn der Mann mit dem Problem steht dicht dabei. Er ist mit Bedienen beschäftigt. Es läuft laute Discomusik, und es murmelt eine Wolke von Gesprächen um sie herum, aber er steht dicht bei, und es ist nicht auszuschließen, dass er lauscht.
    «Sex ist das Problem», flüstert Beate und strahlt dabei, als wäre das ein Hauptgewinn für sie. Und so sieht es wohl auch aus.
    Ava nickt. Das hatte sie sich gedacht. Sex ist oft das Problem.
    «Die Frau mag keinen Sex. Sie macht die Augen zu und liegt stumm und steif auf dem Bette, wenn er über sie kommt», sagt Beate.
    «So genau hat er es dir erzählt?»
    Beate zuckt mit den Schultern. «Wenn das sein Leid ist.»
    «Das scheint ja eher ihr Leid zu sein.»
    «An ihm liegt es nicht. Er weiß, was er tut, Ava. Wenn ich es dir sage. Und ohne Strapse und den ganzen Scheiß. Er liebt eine Frau, als wollte er sie aufessen. Ganz wunderbar. Ich bin abhängig, Ava, ich bin so abhängig. Ich könnte mich ständig nackig machen für den.» Beate zieht tief an ihrer Zigarette und stößt den Rauch aus. Sie kräuselt die Nase, dann sagt sie: «Aber es hat keinen Zweck. Ich sollte sehen, dass ich hier abhaue und Schluss mache.»
    «Beate!» Ava legt ihren Arm um Beate, die immer noch an ihrem grauen Rock zieht und zerrt, der ein bisschen eng um die Hüften ist.
    Beate atmet tief durch, strafft sich, drückt ihren Busen raus und sagt laut: «Mach mal noch einen, Fred!», und sortiert ein paar der neuen zweifarbigen Euromünzen auf den Tresen. Einen bezahlt sie, einen bezahlt sie nicht, so fällt es nicht auf, dass Fred das eine oder andere umsonst über den Tresen schummelt, für seine Liebste und ihre Begleitung. Fred grinst, immer noch traurig, für immer traurig, weil seine Augen so geformt sind.
    «Warum verlässt er sie nicht?», fragt Ava später, und ihr fällt ein, warum immer keiner keinen verlässt oder nur ganz selten. Weil es viel schwieriger ist und viel gefährlicher, als es sich sagt, wenn man es sagt und es andere betrifft, von denen man die Schwierigkeiten ihrer Ehe nicht kennt.
    «Er kann so nicht sein. Er liebt sie ja», sagt Beate.
    «Und dich?»
    Beate zuckt mit den Schultern. «Es ist schön mit ihm. Wenn ich eine andere Frau wäre, dann würde ich ihn heiraten. Ich würde es so einfädeln, dass er von ihr weggeht. Aber er geht nicht von ihr weg, weil ich es nicht will.»
    «Was?» Ava ist betrunken. Sie ist müde. Sie ist früh aufgestanden. Sie hat lange gearbeitet, dann die Kinder zu ihren Eltern gebracht, gegessen, geduscht, dann ist sie nach Lüneburg gefahren. «Was willst du denn eigentlich überhaupt?»
    «Avi, ich will ihn wahrscheinlich so jetzt, wie er ist. Vielleicht will ich sogar, dass er die Frau hat und alles. Kannst du dir das irgendwie vorstellen, wenn du dir mich vorstellst, wie ich so bin, und nicht von dir ausgehst, Avi? Du bist doch meistens so eine, die das kann. Ich will ihn jedenfalls nicht heiraten. Am Ende bin ich nämlich die Frau und liege da und warte, dass er fertig wird. Komm mir nicht damit. Ich kann das nicht, Ava. Ich bin im Herzen ein Flittchen. Sag, was du willst. Und so gesehen ist der bei der Sparkassenfrau besser aufgehoben. Die liebt den nämlich.»
    «Und du?»
    «Schon. Aber ich will ihn nicht haben.»

    Auf Beates Schlafcouch, der Mond wirft blasses, weißes Licht durch die quadratischen Fenster auf den Teppichboden, draußen auf der Straße laute, betrunkene Teenager, wirft sich

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