Eheroman (German Edition)
in Fadils Gunst gesunken. Alles ist schwierig.
«Ava», sagt Fadil, und seine Gesichtszüge hellen sich auf. «Avilein, was machst du hier, mein Schatz?»
Ava betrachtet die hellblaue Schürze. So hat sie Fadil nie gesehen, so in Zusammenhängen des Verkaufens und nützlichen Verhaltens. So dienstbereit. Er eilt um den Tresen herum und schließt sie in seine Arme.
«Ich war in der Nähe», sagt sie. Die angestellte blonde Frau wirft einen winzigen, nicht dem Verkauf gewidmeten Blick auf sie, dann kassiert sie freundlich zwitschernd weiter die Kunden ab. Vielleicht hat sie mit ihm geschlafen. Vielleicht würde sie gerne mit ihm schlafen. Fadil duftet in dem blauen Schürzenkittel nach frischer Seife und Rasierwasser. Immer duftet er. Immer verwendet er viel männliche Kosmetika.
«Komm nach hinten», sagt Fadil, als er seinen Körper von ihrem gelöst hat, «ich mach dir Kaffee oder was du möchtest. Möchtest du vielleicht ein Stück Kuchen? Wir haben guten Kuchen, was sagst du?»
Ava schüttelt den Kopf, aber Fadil nimmt eine ganz kleine rosafarbene Torte hinter dem Glastresen hervor und trägt sie vor sich her, durch eine Tür hindurch in ein Büro hinein, wo Papier herumliegt, jede Menge Papier, es sieht unaufgeräumt aus, unordentlich, staubig und fast dreckig.
«Oh, es ist nicht aufgeräumt», sagt Fadil und schiebt den Berg von Papier mit seiner riesigen, behaarten Hand kurzerhand vom Schreibtisch auf den Boden, wo er ihn mit dem Fuß noch ein Stück weiter und unter den Schreibtisch kehrt. «So, Platz ist», sagt er und lacht fast wie früher und befüllt eine Kaffeemaschine auf einer kleinen Küchenzeile. «Wie geht es dir?», fragt er, während er mit dem Kaffee hantiert und sie auf seinen breiten Rücken starrt, an dem hinten die Schürze mit einer kleinen weißen Schleife festgebunden ist.
«Mir? Gut», sagt sie. «Ich war hier in der Nähe. Ich dachte, ich schau mal bei dir vorbei. Falls du da bist.»
«Ich bin immer da», sagt Fadil. Es stimmt nicht mit dem überein, was Danilo erzählt hat. Danilo hat erzählt, Fadil überlasse die Arbeit vollkommen seinen Angestellten und sei nur selten anwesend.
«So? Ich dachte, du arbeitest mehr von zu Hause?»
«Du dachtest, ich arbeite eigentlich gar nicht», sagt Fadil.
Sie schüttelt den Kopf. Hier, in der kleinen, muffigen Kammer, hinter den Geräuschen des Ladens, fern von der Straße, hier ist es wie Herbst. «Ich dachte gar nichts. Ich wollte einfach nur vorbeischauen. Danilo hat das gesagt, dass du nicht oft im Laden bist, aber ich dachte, ich versuch’s einfach. Ich hätte mir sonst etwas Schokolade gekauft. Oder eine Wurst.»
«Ich bin jetzt immer hier. Ich muss hinter dem Ganzen stehen, verstehst du, und muss mich ernsthaft beschäftigen.»
Er verschließt das Paket Kaffee mit einer Wäscheklammer und stellt es in den Schrank. Dann wendet er sich um, stützt sich an einer Stuhllehne ab und reißt seine dunklen Augen auf. Seine Augen sind von langen, gebogenen Wimpern umkränzt, wie bei einem Mädchen, denkt sie, aber anders, nicht so fein, eher wie Pferdewimpern.
«Ich muss die Verantwortung übernehmen, das ist Feinkost Demir, Feinkost Demir, und nicht Feinkost Müller oder Feinkost Schmidt, verstehst du?»
Ava nickt. Obwohl sie nichts versteht.
«Ich muss sehen, dass ich hier eine bessere Struktur reinbringe. Der Laden läuft so nicht schlecht, aber es könnte viel besser sein. Ich muss mir mehr betriebswirtschaftliches Wissen aneignen. Und die Mitarbeiter …», er fuchtelt mit seiner linken Hand über seinem Kopf herum, «brauchen die Präsenz eines Chefs, das ist besser für ihre Haltung zum Ganzen, das ist ein besonderes Geschäft, ich will jedenfalls, dass es ein besonderes Geschäft wird. Deshalb muss ich mich jetzt da reinknien, ich habe die Verantwortung, Ava, ich habe ganz allein die Verantwortung für dieses Geschäft, ich kann es nicht alles so sich selbst überlassen.»
Ava rührt in ihrem Kaffee. So hatte sie sich das nicht gedacht. Obwohl sie nicht viel gedacht hatte. Aber was redet Fadil da? Was interessiert sie das denn? Was interessiert ihn das denn? Und was ist mit dem Papier auf der Erde?
«Fadil, brauchst du vielleicht eine Bürokraft?»
«Warum?» Fadils Gesicht ist blass, obschon es nie wirklich blass ist, es ist von Natur aus hellbräunlich, es hat jetzt eine blasse Bräunlichkeit, bläuliche Ringe um die Augen und eine etwas trockene, schon leicht faltige Haut über den Wangenknochen.
«Wegen dem?» Sie
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