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Ehre sei dem Vater (German Edition)

Ehre sei dem Vater (German Edition)

Titel: Ehre sei dem Vater (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa May
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zu viel fern“,
antwortete Verena lächelnd und fügte nach einer kurzen Gedankenpause hinzu:
„Aber vielleicht hast du sogar Recht, das würde einiges erklären. Wir sollten
sofort Julian Bescheid sagen.“
    „Lass das, du weißt doch, dass Julian nichts
mehr mit der Sache zu tun haben möchte. Es war ja auch nur so eine alberne Idee
von mir. Wie gesagt, dem Eder trau ich das nicht zu.“
    „Aber ich habe dir doch erzählt, was der für
verrückte Sachen mit den Bildern von Julians Vater angestellt hat. Welcher
Mensch macht denn so was? Der hat doch mit Sicherheit einen an der Klatsche,
meinst du nicht auch?“
    „Dass er verrückt ist, heißt aber trotzdem
noch lange nicht, dass er gleich ein Verbrecher sein muss. Das sieht mir viel
eher wie ein Woodoo -Zauber aus, den primitive
Naturvölker manchmal veranstalten, um jemandem Böses zu wünschen.“
    „Das ist ihm ja ganz offensichtlich gelungen,
meinst du nicht auch?“
    „Niemand weiß, wo der alte Seidl steckt, also
kann man auch nicht davon ausgehen, dass ihm etwas Böses zugestoßen ist!“ Eva
verhielt sich so, als würde sie mit Julian sprechen. Ihn musste sie auch immer
wieder beruhigen, ihm klar machen, dass seinem Vater solange als unversehrt
galt, bis das Gegenteil bewiesen sein würde. Aber Verena ließ sich nicht so
leicht beruhigen.
    „Ich verstehe ja, dass du Julian dieses
Geschichtchen drückst, aber zu mir kannst du ehrlich sein. Glaubst du denn
tatsächlich noch immer, dass Franz Seidl in Kürze wieder zu Hause anmarschiert
kommt?“
    „Stell dir einmal kurz den dicken Eder vor.
Mit seinen ewig fetten Haaren, die geringelt unter dem schmierigen Hut
herauslugen. Wie er ungeschickt an seinen viel zu kurzen Hosen zupft und
Schwierigkeiten hat, einen ganzen Satz herauszubringen. Der ist so ungeschickt,
der könnte, selbst wenn er wollte, nicht einmal einer Fliege etwas zu Leide
tun, geschweige denn einem ausgewachsenen Menschen, selbst wenn es ein Mann mit
einer Behinderung wäre.“ Eva wollte das unangenehme Gespräch endlich zu Ende
bringen. Schließlich hatte sie selbst ganz andere Sorgen. Ihr Bruder lag noch
immer wie betäubt im Zimmer und der blöde Versprecher von vorhin, hätte sie
Kopf und Kragen kosten können, obwohl ihre ganze Aktion nach wie vor erfolglos
geblieben war.
    „An so eine Art von Verbrechen mag ich
überhaupt nicht denken. Mord, nein ein Mord hier in unserem idyllischen Örtchen,
das wäre unvorstellbar. Aber, angenommen, wir greifen deine Idee von der
Erpressung noch einmal kurz auf, wäre es dann nicht vorstellbar, dass sich
Franz Seidl deswegen das Leben genommen hätte. Nehmen wir an,“ spann Verena
ihre Gedanken weiter, „Eder hätte von Seidls Geheimnis in Deutschland gewusst…..“
    „Hör endlich auf!“ schrie Eva hysterisch ins
Telefon. „Weder möchte ich, dass du die Erpressung noch einmal als meine Idee
darstellst, noch will ich, dass du irgendjemandem davon erzählst. Die Familie
Seidl hat schon genügend Sorgen. Was meinst du, wie Julian und Barbara
reagieren würden, wenn du ihnen eröffnest, dass du an einen Selbstmord ihres
Vaters glaubst. Vergiss das Ganze und vor allem halt mich da heraus!“ Eva war
inzwischen richtig laut geworden.
    Verena wartete am anderen Ende der Leitung geduldig darauf, dass Eva sich
wieder beruhigte, aber irgendwie schien sie ihre Freundin am falschen Fuß
erwischt zu haben. Obwohl sie nicht recht verstand, warum sie sich so aufregte,
wechselte sie rasch das Thema. Sie hatte es ohnehin langsam satt, ständig Evas
Launen ertragen zu müssen. Wie sich später herausstellte, war es diesmal ihr
Bruder, der Schuld an ihrem sonderbaren Verhalten hatte. Als Verena schließlich
auflegte, war sie richtig froh in ihren eigenen vier Wänden zu sein. Sie freute
sich auf einen gemütlichen Abend mit Alexander, der sie heute zu Hause abholen
wollte - zum ersten Mal hochoffiziell. Sie hatte ihre Mutter vorgewarnt und
auch mit Marie kurz darüber gesprochen. Diese hatte ähnlich wie immer reagiert,
nur vielleicht ein kleines bisschen wohlwollender. Sie hatte keine Türen
geschlagen und sich auch nicht sofort in ihr dunkles Zimmer zurückgezogen. Das
war ja schon einmal was. Gut, sie war auch nicht sehr gesprächig gewesen. Ein
kurzes, gleichtöniges: „Ist mir doch egal! Wenn’s dich glücklich macht“,
verbunden mit einem flüchtigen Achselzucken war schon ein richtiger
Fortschritt, wenn man bedachte, was noch vor ein paar Wochen zwischen ihnen
beiden abgelaufen war. Verena war

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