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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Besuch von John Rebus hart gearbeitet. Er hatte Gail Crawley aufgespürt und war
mit einem Fotografen im Schlepptau angerückt. Sie war nicht gerade mitteilsam gewesen, doch es
gab ein Foto von ihr, neben einem leicht verschwommenen Bild von einem Mädchen im Teenageralter:
Gail Jack mit ungefähr vierzehn Jahren. Die Geschichte selbst war mit vagen Formulierungen
gespickt, nur für den Fall, dass sie sich als falsch erweisen sollte.
Den Lesern und Leserinnen blieb es mehr oder weniger überlassen, sich ihre eigene Meinung zu
bilden. Besuch des Abgeordneten bei mysteriöser Prostituierten - In Wirklichkeit seine Schwester?
Doch die Fotos waren der Knaller. Es handelte sich eindeutig um dieselbe Person: gleiche Nase,
gleiche Augen, gleiches Kinn. Ganz eindeutig. Das Foto von Gail Jack in ihrer Jugend war ein
Geniestreich, und Rebus hatte keinen Zweifel, dass das Genie, das dahinter steckte, Ian Urquhart
war. Wie hätte Chris Kemp sonst an das Foto herankommen sollen, das er brauchte, und zwar so
schnell? Ein Anruf bei Urquhart, in dem er ihm erklärte, dass die Geschichte seine Kooperation
wert wäre. Urquhart hatte das Foto entweder selbst herausgesucht, oder er hatte Gregor Jack
überredet, es zu tun.
Es stand in der Morgenausgabe. Am nächsten Tag würden die anderen Zeitungen ihre eigenen
Versionen bringen. Sie konnten sich wohl kaum erlauben, es nicht zu tun. Rebus hatte sein Auto
vor Ponds Wohnung abgeholt, und als er an einer Ampel anhalten musste, war sein Blick auf die
Werbetafel eines Zeitungshändlers gefallen: Exklusivbericht über Bordell-Abgeordneten. Er hatte
ein Stück hinter der Ampel am Straßenrand angehalten und war zu dem Zeitungskiosk zurückgelaufen.
Dann war er wieder zum Auto gegangen und hatte die Geschichte, die er äußerst gelungen fand, zwei
Mal gelesen. Schließlich hatte er das Auto wieder gestartet und war weiter zu seinem Ziel
gefahren. Ich hätte zwei Exemplare von der Zeitung kaufen sollen, dachte er bei sich. Er hat sie
bestimmt noch nicht gesehen...
Der grüne Citroen stand in der Einfahrt, die Garagentür dahinter war offen. Als Rebus seinen
Wagen anhielt und damit die Einfahrt versperrte, wurde die Garagentür gerade geschlossen. »Hören
Sie, könnten Sie bitte weiterfahren? Ich bin in...« Dann erkannte er Rebus. »Oh, da ist ja
Inspector...?«
»Rebus.«
»Ja richtig, Rebus. Rasputins Freund.«
Rebus zeigte Steele sein Handgelenk. »Heilt sehr schön«, sagte er.
»Hören Sie, Inspector...« Steele sah auf seine Armbanduhr. »Geht's um was Wichtiges? Ich hab
nämlich einen Termin mit einem Kunden und habe bereits verschlafen.«
»Nichts allzu Wichtiges, Sir«, sagte Rebus forsch. »Wir haben bloß festgestellt, dass Ihr Alibi
für den Mittwoch, an dem Mrs. Jack gestorben ist, eine Lüge war. Ich würde gern wissen, was Sie
dazu zu sagen haben.«
Steeles Gesicht, das von Natur aus schon lang war, wurde noch länger. »Oh.« Er blickte auf die
Spitzen seiner stark abgenutzten Schuhe. »Ich hab befürchtet, dass das herauskommen würde.« Er
versuchte zu lächeln. »Bei einer Mordermittlung kann man wohl nicht viel verbergen, was?«
»Da sollten Sie nicht viel verbergen, Sir.«
»Wollen Sie, dass ich mit auf die Wache komme?«
»Vielleicht später, Sir, damit wir alles schriftlich festhalten können. Doch für den Augenblick
würde Ihr Wohnzimmer reichen.«
»Na schön.« Steele ging langsam zurück zum Bungalow.
»Nette Gegend«, bemerkte Rebus.
»Was? O ja, das ist sie.«
»Wohnen Sie schon lange hier?« Steeles Antworten interessierten Rebus nicht. Er wollte den Mann
lediglich am Reden halten. Je mehr er redete, desto weniger Zeit hatte er zum Nachdenken, und je
weniger Zeit er zum Nachdenken hatte, desto besser war die Chance, dass er mit der Wahrheit
herausrückte.
»Seit drei Jahren. Davor hatte ich eine Wohnung am Grassmarket.«
»Dort hat man früher Leute gehängt, wussten Sie das?«
»Tatsächlich? Kann man sich heutzutage kaum vorstellen.«
»Ach, ich weiß nicht...«
Mittlerweile waren sie im Haus. Steele zeigte auf das Telefon im Flur. »Haben Sie was dagegen,
wenn ich kurz bei dem Kunden anrufe, um mich zu entschuldigen?«
»Ganz wie Sie wünschen, Sir. Ich warte so lange im Wohnzimmer, wenn es Ihnen recht ist.«
»Hier entlang.«
»Danke.«
Rebus ging ins Wohnzimmer, ließ aber die Tür weit offen. Er hörte Steele wählen. Es war ein altes
Bakelit- Telefon, eines von denen, die unten eine kleine Schublade mit einem Notizblock

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