Ehrensache
aufgeschlagene Bücher. Pond schnupperte demonstrativ.
»Nein«, sagte er, »es hat keinen Zweck. Ich kann noch nicht mal ihr Parfüm riechen.«
»Wessen?«
»Das von Liz. Sie hat immer die gleiche Marke benutzt. Ich hab vergessen, wie es heißt. Sie roch
immer sehr gut. Einfach gut. Glauben Sie, dass sie hier war?«
»Irgendjemand war hier. Und wir glauben, dass sie in der Gegend war.«
»Aber Sie möchten wissen, mit wem sie zusammen war?«
Rebus nickte.
»Ich war's jedenfalls nicht, jammerschade. Ich musste mich mit Callgirls begnügen. Und stellen
Sie sich das mal vor - die wollen erst ein Gesundheitszeugnis sehen, bevor sie anfangen.«
»Wegen AIDS?«
»Wegen AIDS. Okay, fertig hier oben? Sieht fast so aus, als wäre die Reise umsonst
gewesen.«
»Vielleicht. Da ist aber noch das Badezimmer...«
Pond schob die Badezimmertür auf und bat Rebus herein.
»Ah-ha«, sagte er, »sieht so aus, als wäre Mrs. Heggarty die Zeit knapp geworden.« Er deutete mit
dem Kopf auf ein Handtuch, das zusammengeknüllt auf dem Boden lag.
»Normalerweise würde so was direkt in die schmutzige Wäsche wandern.« Der Duschvorhang war
zugezogen.
Rebus zog ihn zurück. Die Wanne war geleert worden, doch ein oder zwei lange Haare klebten an dem
Emaillerand. Die können wir untersuchen lassen, dachte Rebus. Ein Haar reicht aus für eine
Identifizierung. Dann bemerkte er die beiden Gläser, die auf einer Ecke der Wanne standen. Er
beugte sich hinüber und schnupperte.
Weißwein. In einem Glas war noch ein winziger Rest.
Zwei Gläser! Für zwei Leute. Zwei Leute in der Badewanne, die zusammen was getrunken hatten. »Ihr
Telefon ist unten, oder?«
»Ja.«
»Dann kommen Sie mit. Dieser Raum darf bis auf weiteres nicht betreten werden. Und ich werde
jetzt zum Albtraum eines Labortechnikers.« In der Tat klang derjenige, den Rebus schließlich am
Telefon hatte, nicht gerade begeistert.
»Wir haben uns schon an dem Auto und diesem anderen Cottage dumm und dämlich geschuftet.«
»Ich weiß das zu schätzen, aber das hier könnte genauso wichtig sein. Es könnte sogar noch wichtiger sein.« Rebus stand in dem kleinen Esszimmer. Die Möbel schienen ihm irgendwie nicht zu
Ponds Persönlichkeit zu passen. Doch dann sah er ein gerahmtes Foto von einem verliebten jungen
Paar, irgendwann in den fünfziger Jahren aufgenommen, und verstand! Ponds Eltern. Die Möbel
hatten einst ihnen gehört. Pond hatte sie vermutlich geerbt, aber beschlossen, dass sie nicht zu
seinem Rassige-Frauen- langsame-Pferde-Lebensstil passten. Für sein Ferienhaus waren sie jedoch
perfekt geeignet. Pond, der auf einem Stuhl am Esstisch Platz genommen hatte, stand plötzlich
auf. Rebus legte eine Hand über den Hörer.
»Wo gehen Sie hin?«
»Nur mal pinkeln. Keine Panik, ich geh hinten raus.«
»Aber gehen Sie bitte nicht nach oben, okay?«
»Klar doch.«
Die Stimme am Telefon beklagte sich noch immer. Rebus zitterte. Ihm war kalt. Nein, er war müde.
Seine Körpertemperatur sank ab. »Na schön«, sagte er, »hauen Sie sich wieder ins Bett, aber seien
Sie morgen ganz früh hier. Ich geb Ihnen die Adresse. Und ich meine sehr früh. Okay?«
»Sie sind sehr großzügig, Inspector.«
»Das wird man mir auf den Grabstein schreiben: Sein Leben war Geben.« Pond schlief, mit Rebus'
neidvollem Segen, im großen Schlafzimmer, während Rebus vor der Badezimmertür Wache hielt.
Gebranntes Kind... So etwas wie den »Einbruch« in der Deer Lodge wollte er kein zweites Mal
erleben. Das Beweismaterial hier, wenn es denn Beweismaterial war, sollte intakt bleiben. Also
saß er im ersten Stock im Flur, den Rücken gegen die Badezimmertür gelehnt, eine Decke um sich
gewickelt, und döste.
Schließlich rutschte er an der Tür entlang nach unten und lag dann wie ein Fötus zusammengerollt
vor der Tür auf dem Teppich. Er träumte, er wäre betrunken und würde in einem Bentley
herumgefahren. Der Chauffeur schaffte es, zu fahren und gleichzeitig den Hintern aus dem Fenster
zu strecken. Hinten im Bentley fand eine Party statt. Holmes und Nell schliefen diskret
miteinander, in der Hoffnung auf einen Jungen. Gill Templer war auch da und versuchte, den
Reißverschluss an Rebus' Hose zu öffnen, doch er wollte nicht, dass Patience sie beide
erwischte... Lauderdale schien ebenfalls da zu sein und tat nichts weiter als beobachten.
Irgendjemand öffnete das Barfach, doch es war voller Bücher. Rebus nahm eines heraus und fing an
zu lesen. Es war das beste Buch, das er je
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