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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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eine Lkw-Spedition, keine verdammten Rikschas.«
Das alles wurde mit einem starken Fife-Akzent vorgetragen und in einer Lautstärke, die deutlich
über dem Geplätscher aus Fernsehen und Gesprächen am frühen Abend in der Bar lag. Rebus saß auf
einem Barhocker, stand jedoch auf und schlug vor, dass sie an einen Tisch gehen sollten. Doch
Byars machte es sich bereits auf dem Hocker neben dem Polizisten bequem, stützte die kräftigen
Arme auf die Theke und beäugte die Zapfhähne. Dann zeigte er auf Rebus' Glas.
»Taugt das was?«
»Ist nicht schlecht.«
»Dann nehm ich ein Pint davon.« Ob aus Ehrfurcht oder Angst oder weil er einfach nur aufmerksam
seinen Gästen gegenüber war, begann der Barmann sofort, das bestellte Pint zu zapfen.
»Sie auch noch eins, Inspector?«
»Ich hab noch, danke.«
»Und einen Whisky«, bestellte Byars. »Einen doppelten, nicht den üblichen Fingerhut voll.«
Byars gab dem Barmann eine Fünfzig-Pfund-Note.
»Behalten Sie den Rest«, sagte er. Dann fing er schallend an zu lachen. »War nur ein Scherz, mein
Junge, nur ein Scherz.«
Der Barmann war neu und jung. Er hielt den Geldschein, als könnte er jeden Moment in Flammen
aufgehen. »Äh... Sie haben's nicht vielleicht ein bisschen kleiner?« Er hatte den leicht tuntigen
Akzent der schottischen Westküste.
Rebus fragte sich, wie lange er in der Sutherland Bar durchhalten würde.
Byars stöhnte genervt, lehnte jedoch Rebus' Angebot, einzuspringen, ab. Stattdessen wühlte er in
seinen Taschen und fand zwei zerknitterte Ein-Pfund-Scheine und etwas Kleingeld. Er nahm den
Fünfziger zurück und schob das Kleingeld Richtung Barmann. Dann zwinkerte er Rebus zu.
»Ich werd Ihnen ein Geheimnis verraten, Inspector. Wenn ich die Wahl hätte zwischen fünf Zehnern
und einem Fünfziger, würd ich immer den Fünfziger nehmen. Wissen Sie, warum? Wenn man Zehner in
der Tasche hat, denken sich die Leute nichts dabei. Aber sobald man einen Fünfziger zückt, meinen
sie, man wäre Krösus.« Er wandte sich dem Barmann zu, der die Münzen in die geöffnete Kasse
zählte. »Hey, mein Junge, habt ihr was zu essen da?«
Der Barmann zuckte zusammen, als wäre er von einer Schrotkugel getroffen worden.
»Äh... ich glaub, es ist noch etwas Gemüsesuppe vom Mittag übrig, zwei oder drei Portionen Scotch
Broth.« Bei seiner Aussprache wurde aus broth »braw-wrath«. Der braw wrath, der legendäre Zorn
der Schotten, dachte Rebus bei sich. Byars schüttelte den Kopf. »Eine Pastete oder ein Sandwich«,
verlangte er.
Der Barmann stellte ihm das letzte einsame Sandwich im ganzen Lokal hin. Der Belag sah
beunruhigend nach Pastrami aus, erwies sich jedoch, wie Byars es ausdrückte, als »gutes altes
Roastbeef«.
»Ein Pfund zehn«, sagte der Barmann. Byars nahm wieder die Fünfzig-Pfund-Note heraus, schnaubte
verächtlich und zog stattdessen einen Fünfer hervor. Dann hob er, zu Rebus gewandt, sein
Glas.
»Cheers.« Die beiden Männer tranken.
»Wirklich nicht schlecht«, sagte Byars über das Bier.
Rebus deutete auf das Sandwich. »Ich dachte, Sie würden nachher essen gehen?«
»Das tue ich auch, aber was noch wichtiger ist, ich muss zahlen. Auf diese Weise esse ich
nicht so viel und koste mich nicht so viel.« Er zwinkerte erneut. »Vielleicht sollte ich mal ein
Buch schreiben. Geschäftstipps für Einzelunternehmer, so was in der Art. Apropos tips , ich
hab mal einen Kellner gefragt, wozu Trinkgelder eigentlich gut sind. Wissen Sie, was der
geantwortet hat?«
Rebus wagte eine wilde Vermutung. »Damit Sie schneller bedient werden?«
»Nein, damit ich Ihnen nicht in die Suppe pisse!« Byars' Stimme war wieder auf Megafonlautstärke
angeschwollen.
Er lachte, dann biss er in sein Sandwich und mampfte glucksend. Er war nicht sehr groß, etwa
einsfünfundsiebzig, aber stämmig. Er trug eine ziemlich neu aussehende Jeans und eine schwarze
Lederjacke, unter der ein weißes Polohemd hervor blitzte. In einer Kneipe wie dieser würde man
ihn... nun ja, für irgendwen halten. Rebus konnte sich gut vorstellen, wie er in Nobelhotels oder
vornehmen Bars die Leute gegen sich aufbrachte. Alles Image, sagte er sich.
Bloß eben ein anderes Image: der harte Mann, der geradlinige Mann, ein Mann, der hart gearbeitet
hat und von anderen erwartet, dass sie ebenfalls hart arbeiten - immer zu seinem Vorteil
natürlich.
Er hatte sein Sandwich aufgegessen und wischte sich gerade die Krümel vom Schoß. »Sie stammen aus
Fife«, sagte er beiläufig und

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